In einem Fischerdorf in Cornwall (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) scheint die Zeit stehen geblieben. Am Hafen knüpft Martin seine Netze, prüft jeden Knoten, verspricht der Nachbarin einen guten Fang. Doch die Idylle trügt. Martin ist ein Fischer ohne eigenes Boot. Den alten Kutter der Familie hat der Bruder zum Ausflugsboot umfunktioniert, das Elternhaus mussten sie verkaufen. Reiche Londoner vermieten es jetzt als Feriencottage an Urlauber. Sieht Martin die maritimen Souvenirs an den Wänden, die hier nur noch zur Dekoration dienen, ballen sich seine Hände zu Fäusten. Weitere Konflikte sind absehbar. Ein ewiger Streit dreht sich um den Parkplatz für Martins verbeulten Lieferwagen, der den neuen Besitzern die Sicht aufs Meer verstellt. Und dann verguckt sich sein Neffe Neil, der gern selbst zur See fahren würde, auch noch in die Tochter der hochnäsigen Großstadtleute.

Der Zusammenprall zweier Welten findet seinen Ausdruck bereits im Filmmaterial. Grobkörnige Schwarz-Weiß-Bilder (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung), gedreht mit Zum Inhalt: 16mm-Kamera und später handentwickelt, wirken wie ein Relikt aus alter Zeit. Auch der Verzicht auf Kamerafahrten (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) und die impulsive Zum Inhalt: Montage, die schlaglichtartige Nahaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) von Gebrauchsgegenständen, Handgriffen und Gesichtern zeigt, erinnern an Techniken des Zum Inhalt: Stummfilms. Hat man sich an diese ungewohnte Filmästhetik – und die früher wohlvertrauten Zelluloidkratzer – gewöhnt, offenbart sich dieser Stil als aufregend und neu. Martins glückloses Hantieren mit unzureichendem Material, die duellartigen Wortgefechte mit den reichen Eindringlingen und das mühsam verdiente Geld für ein neues Boot, das der Fischer in einer rostigen Blechbüchse sammelt – jedes solcher Motive ist durch die Montage aufgeladen mit der symbolischen Bedeutung, die es für die Figuren hat. Auch die komplett nachsynchronisierte Tonspur (Glossar: Zum Inhalt: Tongestaltung/Sound-Design) leistet ihren Beitrag zu einem außergewöhnlichen Filmerlebnis.

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Bait / Trailer from Intermission Film on Vimeo.

Mit vordergründig altmodischer Bildsprache erzählt Regisseur Mark Jenkins in "Bait" (dt.: "Köder"), hier zugleich Drehbuchautor (Glossar: Zum Inhalt: Drehbuch) und Kameramann, von sehr aktuellen Problemen des Strukturwandels in einer ländlichen Region. Fischerei und Tourismus, traditionell wichtige Einnahmequellen im britischen Cornwall, befinden sich zunehmend im Konflikt. In Politik und Erdkunde sowie in den künstlerischen Fächern können die Schüler/-innen erörtern, wie die Kontraste von Tradition und Moderne auch in der Montage ausgedrückt werden. Wenn etwa die neuen Besitzer den Sekt für die Gäste kalt stellen, während Martin mit seinen Netzen ums Überleben kämpft, bekommt der abstrakte Begriff der Gentrifizierung handfesten Ausdruck. Durch seine traditionelle Machart eignet sich der Film aber auch zur Erläuterung klassischer Aufnahme- und Montagetechniken wie der Attraktions-, Assoziations- und Kontrastmontage, wie sie etwa typisch sind für die Avantgardisten Sergej Eisenstein (Zum Filmarchiv: "Panzerkreuzer Potemkin", 1925) und Ingmar Bergman ("Persona" , 1966).

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