1920 benutzte der tschechische Schriftsteller Karel Čapek in seinem Theaterstück "R.U.R." erstmalig den Begriff Roboter (nach dem tschechischen Wort "robot" für den Frondienst im Königreich Böhmen). In dem Drama sind Roboter künstliche Menschen, die als Sklaven eingesetzt werden. Im Laufe der Handlung rebellieren sie gewaltsam – und erfolgreich – gegen die menschliche Herrschaft. Roboter ist heute der Überbegriff für computergesteuerte Maschinen, künstliche Menschen (humanoide Roboter) nennt man meist Androiden. Čapeks Frühwerk der modernen Science-Fiction deutet maßgebliche Fragen zur künstlichen Intelligenz (KI) an, die das Genre bis heute umtreiben: Wo verläuft die Grenze zwischen einem Werkzeug, das dem Menschen komplexe Arbeitsprozesse abnimmt, und einer Maschine mit Denkvermögen? Was unterscheidet Menschen von intelligenten Maschinen? Und: Könnten Roboter eines Tages Macht über die Menschheit erlangen?

"Science-Fiction erzählt Geschichten von Vorkommnissen, die nie geschehen sind und nie geschehen werden", schreibt Dietmar Dath in seiner 2019 erschienenen Zum Inhalt: Genre-Monografie "Niegeschichte". Im Vergleich zur Literatur geben Filme allerdings den technischen Utopien eine konkrete bildliche Gestalt, die schon im Produktionsprozess mit (film)technischer Innovation verbunden ist. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte Bullet-Time-Effekt (Glossar: Zum Inhalt: Visueller Effekt) in "Matrix" (Lana und Lilly Wachowski, USA1999). In diesen Szenarien geht es nur nebenbei um Werkzeuge mit vorprogrammierten KI-Funktionen, die heute längst Teil unserer Alltagstechnik ist und die nach dem Philosophen John Searle von einer sogenannten starken KI unterschieden werden.

Die komplexeren technisch-philosophischen Fragen betreffen im Zum Inhalt: Spielfilm den spekulativen Raum einer solchen starken KI, die zu sozialem Verhalten und flexiblen Problemlösungen fähig ist. Die drei folgenden Szenenanalysen werfen Schlaglichter auf visuelle und narrative KI-Visionen im Zum Inhalt: Science-Fiction-Kino. Zwei der Filme stammen aus den USA, der dritte aus Großbritannien. Abgesehen von der großen Relevanz des englischsprachigen Raums neben den Ländern der ehemaligen Sowjetunion für das Genre, liegt diese Auswahl auch in der Verfügbarkeit der hier besprochenen Zum Inhalt: Szenen und Zum Inhalt: Sequenzen begründet.

"WALL·E" – Ein Roboter als niedliches Werkzeug

Das Szenario der Pixar-Produktion "WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf " ("WALL·E" , Andrew Stanton, USA 2008) wirkt heute noch etwas dringlicher als im Erscheinungsjahr 2008. Die Erde ist unbewohnbar geworden, ein Hitze-Planet voller Staub, Schutt und Müll. Während der übriggebliebene Rest der Menschheit sich auf ein riesiges Raumschiff zurückgezogen hat, scheint auf der Erde ein einziger Roboter vergessen worden zu sein. WALL·E, so sein Modellname, ist ein Kettenfahrzeug mit Greifarmen und Kameraaugen. Nur diese Augen, wie ein Fernglas mit einer beweglichen Zum Inhalt: Zoom-Linse, erinnern an ein Gesicht; ansonsten unterscheidet sich das hyperrealistische Design der Maschine deutlich von den vermenschlichten Dingen aus anderen Zum Inhalt: Animationsfilmen. Als "last robot on Earth" erfüllt WALL·E seine vorprogrammierte Funktion, Müll zusammenzupressen und auf einer Halde zu stapeln. Die folgende Sequenz erzählt diese vollautomatisierte Tätigkeit jedoch wie den Arbeitsalltag eines Menschen: vom Weckerklingeln über die Morgenroutine, von Konzentration und Ablenkung am Arbeitsplatz bis hin zum Feierabend.

Hinweis: Die betreffende Szene wurde auf YouTube mittlerweile gelöscht. Stattdessen sehen Sie hier einen Filmtrailer:

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Ohne Dialog und fast ohne mimischen Ausdruck verleiht die Sequenz dem Roboter ein Gefühlsleben und individuelle Eigenschaften – durch Zum Inhalt: Slapstick-Einlagen, Zum Inhalt: Sounddesign und ironisch-beschwingte Orchestermusik (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik). Das Vorbild für diese Art von Storytelling liegt denn auch in der Zum Inhalt: Stummfilm-Komik und dem minimalistischen Zum Inhalt: Schauspiel von Buster Keaton. Wie Keatons Figuren ist WALL·E ein Tollpatsch mit großem Herzen, rettet nostalgische Andenken aus den Müllbergen, kümmert sich fürsorglich um Pflanzen und Grashüpfer. Immer wieder schaffen Close-Ups (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen und subjektive Einstellungen (Glossar: Zum Inhalt: Subjektive Kamera) eine emotionale Nähe. Diese Verniedlichung des Roboters, einem Haustier nicht unähnlich, steht merklich in der Tradition der "Star Wars" -Reihe. Sie täuscht ein wenig darüber hinweg, dass die gefühlsbegabten Wesen WALL·E oder R2-D2 eigentlich austauschbare Arbeitssklaven sind (R2-D2 wird in Zum Filmarchiv: "Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung" ("Star Wars: Episode IV - A New Hope," George Lucas, USA 1977) sogar auf einem Sklavenmarkt erworben). Wenn WALL·E seine Solarbatterie am Morgen auflädt und das Startgeräusch eines Macintosh ertönt, erinnert Pixar selbstreferenziell an seine Vergangenheit als Apple-Tochter. Aber wie ein Apple-Produkt verliert auch der Roboter nach der nächstbesten Version drastisch an Wert. Auf dem Raumschiff, wo WALL·E später landet, ist sein Modell nämlich längst aussortiert.

"Ex Machina" – Maschinenfrau und Männerfantasie

Die Figur Ava aus dem britischen Zum Inhalt: Thriller "Ex Machina" (GB 2015) von Alex Garland erinnert an andere filmhistorische Vorläufer. Schon in kanonisierten Genre-Klassikern wie Fritz Langs Zum Filmarchiv: "Metropolis" (DE 1927) oder Zum Filmarchiv: "Blade Runner" (Ridley Scott, USA 1982) ist die Vorstellung eines humanoiden Roboters mit einem erotisierten Frauenbild verbunden. Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm Zum Filmarchiv: "Hi, AI" (Isa Willinger, DE 2018) zeigt, dass die ersten Modelle einer käuflichen Maschinenfrau in der Realität bereits angekommen sind. "Ex Machina" variiert das klassische Genre-Motiv des Machtkampfs zwischen Mensch und Maschine und reflektiert über den männlichen Blick auf künstliche Frauenkörper. Wenn der Protagonist Caleb der androiden Ava zum ersten Mal begegnet, rückt die Zum Inhalt: Inszenierung das Schauen und Angeschaut-Werden in den Fokus: Ava ist in einem Glaskäfig eingesperrt und hat, bis auf ihr Gesicht, einen metallischen Körper mit durchsichtigem Unterleib. In fast jeder Einstellung von Ava sind ihre Beobachter mit ihm Bild: Calebs Silhouette spiegelt sich in der Scheibe; Nathan, Avas Erfinder, beobachtet sie auf den Bildschirmen der Überwachungskameras.

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Nimmt die Kamera – und mit ihr die Zuschauenden – den voyeuristischen Blick ein oder führt sie ihn vor? Avas Begegnung mit Caleb ist Teil eines sogenannten Turing-Tests. Der Test soll beweisen, dass sie eine "echte KI" besitzt, ihr Geist von dem des Menschen nicht mehr zu unterscheiden ist. Nach der ursprünglichen Idee von Alan Turing wird ein Gespräch zwischen einem Menschen und einer KI von einer unbeteiligten dritten Person beurteilt. Doch Nathan, der die Unterhaltung hier verfolgt, kennt die Hintergründe, und Ava selbst ist sich ihrer Identität bewusst: "Du kannst ja sehen, dass ich eine Maschine bin." Was oder wer wird hier eigentlich untersucht? "Ex Machina" führt modellartig vor, dass jede Fiktion über künstliche Intelligenz vor allem das Wesen des Menschen in Frage stellt. Was zeichnet ihn aus? Ein freier Wille? Die Fähigkeit zur Empathie? Emotionale Bedürfnisse? "Wir sollten das Eis brechen", fängt Caleb in der Szene eine Art Flirt an. Die Inszenierung deutet hier an, was erst später im Film offenbar wird: Caleb steht im Licht, Ava im Schatten. Er ist das eigentliche Forschungsobjekt, nicht sie. Wenn sich sein Blick in der Glasscheibe verfängt, dann deswegen, weil sich in Ava seine eigenen Sehnsüchte spiegeln

"2001: Odyssee im Weltraum" – Die Logik des Computers

Während eine androide KI mit perfekter menschlicher Motorik noch in einiger Ferne scheint, wirkt der intelligente Computer aus Zum Filmarchiv: "2001: Odyssee im Weltraum" ("2001: A Space Odyssey" , Stanley Kubrick, USA 1968) heute vergleichsweise realistisch. HAL 9000, Bordcomputer einer geheimen Raumfahrtmission, heißt die berühmte KI aus Stanley Kubricks Science-Fiction-Klassiker. HAL verarbeitet komplexe Datenmengen in Echtzeit, überwacht Technik und Besatzung des Raumschiffs und hat eine interaktive Sprachfunktion. Wenn HAL spricht, leuchtet in Großaufnahme ein rotes Kameraauge; im Gegensatz zu WALL·E zeigt es keinerlei Regung. Die betont nüchterne Stimme des Computers stammt vom Schauspieler Douglas Rain (in der deutschen Fassung: Peter Schiff). Kubrick und sein Co-Autor Arthur C. Clarke (Glossar: Zum Inhalt: Drehbuch) entwerfen die Vision eines Computers, der nach streng logischen Prinzipien Probleme löst. Unter den falschen Vorzeichen kann HAL so auch zur Gefahr für den Menschen werden.

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Der berühmten Konfrontation zwischen HAL und dem Astronauten Dave Bowman geht eine Fehlermeldung voraus. Offen bleibt, ob der vermeintlich unfehlbare Computer oder ein menschlicher Programmierer versagt haben. Da nur HAL die Hintergründe der Mission kennt und die Astronauten ihn abschalten wollen, ist die Eliminierung der menschlichen Besatzung seine logische Folgerung: "Es tut mir leid, Dave. Das Unternehmen ist zu wichtig, als dass ich dir erlauben dürfte, es zu gefährden." Kubrick beginnt diese Szene quasi aus der Perspektive des Computers und filmt mit der sachlichen Präzision, in der HAL seine Entscheidung mitteilt. In sechs symmetrisch komponierten Einstellungen (Glossar: Zum Inhalt: Bildkomposition) und gleichmäßigem Schnittrhythmus (Glossar: Zum Inhalt: Montage) sieht man: HALs "Subjektive" aus dem Cockpit, einen Zum Inhalt: Establishing Shot von Raumschiff und Raumkapsel, Bowman in der Raumkapsel, die Eingangspforte des Raumschiffs (Bowmans Ziel) und schließlich HALs Kameraauge. Wenn HAL Bowman erklärt, dass er ohne Sauerstoffhelm den Noteingang nicht benutzen kann, zeigt Kubrick wie zum Beweis die Raumschiffpforte mit dem unbenutzten Helm. Wenn Bowman am Ende vergeblich nach dem Computer ruft, flackern die Lichter der Raumkapsel plötzlich unkontrolliert auf seinem Gesicht. Wie schon das als Keule genutzte Knochenwerkzeug im Prolog des Films ist eine technische Erfindung des Menschen zur Waffe geworden, die sich gegen ihn selbst richtet.

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