Über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren entstand in einem Studio in Leipzig ein Teil der Zum Inhalt: Animationen von Zum Inhalt: Die Odyssee darunter etwa die Zum Inhalt: Sequenz im winterlichen Birkenwald. "Die Odyssee" ist der erste Langfilm, bei dem die Öl-auf-Glas-Technik eingesetzt wurde. Die Trickfilmerin, Grafikerin und Illustratorin Urte Zintler erzählt über die Arbeit an dem Film und gewährt Einblicke in diese oft malerische Zum Inhalt: Animationstechnik.

Der Animationstisch

Wir haben in einem Souterrain-Studio gearbeitet, damit wir nicht so viel Licht haben. Denn bei dieser Animationstechnik muss alles abgedunkelt sein. Um unsere Arbeitsplätze herum hingen Vorhänge aus schwarzem Molton, das ist ein rauer lichtundurchlässiger Stoff. Die einzige Lichtquelle waren die Lampen, die den Animationstisch beleuchtet haben. Wir haben an einem speziell dafür gebauten Tisch gearbeitet. Dieser besteht aus drei oder vier Glasplatten, die jeweils etwa einen Meter breit sind und im Abstand von 10 bis 20 cm übereinander liegen. Darunter befindet sich eine große Leuchtplatte.

Auf der untersten Glasplatte liegt der Hintergrund, der von unten durchleuchtet wird, damit die Farben brillant aussehen. Auf die darüber liegenden Platten werden die einzelnen Elemente des Bildes mit Ölfarbe gemalt. Weil alles durchsichtig ist, haben wir die Flächen, durch die man nicht durchsehen sollte, unten mit einem Farbton ausgemalt. Auf der obersten Glasplatte wurden dann die Umrisslinien dazu gemalt. Wenn Elemente sich nicht vermischen dürfen, kommen diese ebenfalls auf unterschiedliche Ebenen, zum Beispiel, wenn ein Hund vor einer Figur entlangläuft.

BalanceFilm/Grandfilm

Über dem Animationstisch hängt eine Kamera, die das Bild von oben aufnimmt. Bei diesem Verfahren wird also sofort das finale Bild produziert. Das ist ein großer Unterschied zu dem üblichen Vorgang, wie Animationsfilme gemacht werden: Normalerweise werden erst Vorzeichnungen und Skizzen erstellt, dann folgt die Kolorierung und das Compositing, also die Zusammensetzung aller Bildelemente am Computer. Alles kann anschließend noch einmal verändert oder verschoben werden. Bei einer analogen Animation wie der Öl-auf-Glas-Technik hingegen gibt es kaum Möglichkeiten, im Nachhinein noch viel zu korrigieren oder zu verändern, weil sofort das komplette Bild mit den Figuren, dem Hintergrund, der Animation und den Special Effects wie Schnee, Rauch oder Feuer aufgenommen wird.

Die Animation

Ölfarbe trocknet nicht so schnell ein und kann deswegen einige Stunden lang weiter bearbeitet werden. Wir haben also ein erstes Bild gemalt und geprüft, ob es zum Hintergrund passt und die Größe stimmt. Wenn man anfängt zu animieren, wischt man einen Teil des gemalten Bildes mit Wattestäbchen wieder weg. Danach werden auf der darüber liegenden Glasplatte die neuen Umrisslinien platziert. Die Geschwindigkeit einer Bewegung im Film ergibt sich daraus, wie nah oder weit die alten und die neu gemalten Elemente voneinander entfernt liegen. Sind die Abstände zwischen alten und neuen Elementen größer, wirkt die Bewegung schneller.

Eine Animatorin bei der Arbeit (© BalanceFilm/Grandfilm)

Von der Zum Inhalt: Regie bekamen wir zunächst ein Zum Inhalt: Storyboard, damit wir sehen konnten, wie die Sequenz sich visuell entwickelt. Dann haben wir die Animatics bekommen, also Videos, die aus den Storyboards Zum Inhalt: geschnitten sind und die noch mehr Anhaltspunkte für den Rhythmus oder die Bewegung enthalten. Jede Zum Inhalt: Szene haben wir intensiv mit der Regisseurin besprochen. Das Storyboard besteht aus sehr einfachen Linienzeichnungen und hat fast nichts mehr zu tun mit dem finalen farbigen Bild, das davon ausgehend gemalt wird. An dieser Stelle muss ich als Animatorin die Übersetzung machen. Die Ausführung, die malerische Entwicklung dieses Gesamtbildes ist die Herausforderung, in die ich mich als Künstlerin einbringe.

BalanceFilm/Grandfilm

Bei anderen Techniken muss man sehr perfektionistisch am Detail animieren. Hier ist es so, dass die Animation an sich eher an zweiter Stelle kommt. An erster Stelle steht die Illustration des Bildes und wie man von einem schönen Bild zu einem anderen gelangt, das die Regisseurin sich vorgestellt hat. Das sind die wichtigen Bilder. Dazwischen kann ich bei der Animation relativ frei interpretieren. Das ist wirklich schön, weil man nur selten so animiert. Dadurch, dass unsere Animatics nur aus ein, zwei oder drei Bildern bestehen, die Szene, die ich male, aber aus 50, kreiere ich jedes einzelne Bild. Ich habe keine Vorlagen, kein Video, das darunter liegt und das ich nachmale. Ich muss jedes einzelne Bild entwerfen. Nicht nur den Umriss, von dem die Dynamik der Bewegung abhängt, sondern auch den Grad der Abstraktion oder wie ausgefeilt das Bild ist. Ob alles so klappt, wie ich mir das vorgestellt habe, sehe ich erst ganz am Schluss. Bis dahin muss man seinem Gefühl vertrauen.

Wie viele Bilder am Tag entstehen, hängt davon ab, wie groß die zu malenden Figuren sind. Als Baba Yaga, die alte Frau in der Birkenwald-Sequenz, etwa die Brosche nimmt, ist ihre Handbewegung sehr groß zu sehen. Da hat jedes einzelne Bild schon mehrere Stunden gebraucht, und am Tag habe ich dann vielleicht drei bis fünf Bilder gemalt. An anderen Tagen, wenn die Figuren kleiner sind und man beispielsweise eine Fleckanimation, bei der die Figuren nur aus Farbflächen aufgebaut sind, von schräg oben macht, kann man vielleicht 30 Bilder malen.

Die Ästhetik

Generell passt die Öl-auf-Glas-Technik zu allem, was einen malerischen Touch haben soll, wie etwa Fleckanimationen. Sobald Umrisse nötig sind, wird es schon wieder zeichnerisch und sehr präzise. Da sich im Film beide Stile mischen, konnten wir ein bisschen hin- und herwechseln. Die Schneelandschaft in unseren Sequenzen war ja sehr grafisch, mit dem Weiß und Schwarz und den Formen. Wenn es nicht ganz so realistisch sein musste, hat die Öl-auf-Glas-Technik gut gepasst.

Im ästhetischen Sinne mag ich, dass bei der Öl-auf-Glas-Animation alles ineinanderfließen kann, dass mit einem Foto das gesamte Bild produziert wird und ich eine große Fläche bearbeiten kann. Man arbeitet in einem ganz anderen Radius. Ich mag die Technik auch, weil sie haptisch ist, weil es Materialien sind, die man riechen und fühlen kann und nicht nur "Einsen und Nullen". Obwohl am Ende nichts übrig bleibt. Die Glasplatte ist im Endeffekt auch wieder leer. Aber man hat den Film beim Machen in der Hand gehabt.

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