In der Welt von Aardman ist alles möglich und Shaun ist dafür der beste Beweis. Auf den ersten Blick macht Shaun das, was Schafe halt so machen: auf der Wiese rumstehen, fressen, blöken, wiederkäuen. Hinter dem Rücken des Bauern zeigen er und die anderen Schafe aber, was sie sonst noch drauf haben: Fußball spielen etwa oder Skateboard fahren. Sehr zum Leidwesen von Schäferhund Bitzer, der auf der idyllischen Mossy Bottom Farm für Ordnung sorgen soll. Der kurzsichtige Bauer bekommt davon ohnehin nichts mit, denn Shaun & Co lassen ihn – clever wie sie sind – in dem Glauben, er habe es mit ganz normalen Tieren zu tun.

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Das Schaf Shaun ist die populärste Schöpfung der Aardman Studios: 2007 im Kinderkanal der BBC gestartet, sind die 130 produzierten Episoden heute in 170 Ländern zu sehen. (Im deutschen Fernsehen laufen die siebenminütigen Folgen in "Die Sendung mit der Maus" .) Seinen ersten Auftritt hatte Shaun allerdings schon 1995 in der 30-minütigen Zum Inhalt: Film Noir-Parodie "Wallace & Gromit – Unter Schafen" ("A Close Shave" , Nick Park, GB). Darin entflieht das Schäfchen einem Viehtransport und findet bei dem schrulligen Erfinder Wallace und seinem Hund Gromit Unterschlupf. Als Wallace das Tier findet, tauft er es kurzerhand "Shaun", was wie das englische Wort "shorn" – auf Deutsch: geschoren – klingt.

Mit dem ersten Abenteuer des ungleichen Paars in "Wallace & Gromit – Alles Käse" ("Wallace & Gromit: A Grand Day Out" , Nick Park, GB) war Aardman 1989 der internationale Durchbruch gelungen. Wahrscheinlich haben die beiden Knetfiguren seitdem mindestens so positiv zum Image Großbritanniens beigetragen wie die Queen oder die Beatles. Den sanftmütigen Wallace – flacher Hinterkopf, große Augen, hervorstehende Zähne und im englischen Original mit Yorkshire-Akzent – umweht wie so oft bei Aardman ein Hauch von Nostalgie. Seine Welt ist die des Fünf-Uhr-Tees, der gemütlichen Ohrensessel, der geblümten Tapeten und gestrickten Wollpullunder. Trotzdem hat er ein Faible für moderne Technik: Er erfindet Maschinen, die niemand braucht, in "Wallace & Gromit – Die Techno-Hose" ("Wallace & Gromit: The Wrong Trousers" , Nick Park, GB) von 1993 zum Beispiel eine ferngesteuerte Hose mitsamt Schuhen zum Gassi-Gehen. Eigentlich sollen seine Apparaturen den Alltag erleichtern, doch Wallace bewirkt mit seinen Erfindungen regelmäßig das Gegenteil. Sein Zum Inhalt: Sidekick Gromit, ein ausgesprochen kultivierter Hund, der eine Tasse Tee genauso schätzt wie eine gute Lektüre – in seinem Bücherregal steht der Philosophieklassiker Der Staat von Pluto (!) – quittiert die Schwächen seines Herrchens mit stoischem Gleichmut. Im Gegensatz zu Wallace kann er nicht sprechen, er hat noch nicht einmal einen Mund, doch seine Mimik spricht Bände. Gromit ist treu bis auf die Knochen und – ähnlich wie Shaun – um einiges klüger als sein Herrchen.

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"Wallace & Gromit-" Erfinder Nick Park hat mit seinen Arbeiten die Ästhetik von Aardman nachhaltig geprägt. 1986 steuerte er für den Musikclip zu Peter Gabriels "Sledgehammer" die Animation des tanzenden Suppenhuhns bei, mit seinem Zum Inhalt: Kurzfilm "Creature Comforts" von 1989, der auch den Oscar® für den besten animierten Kurzfilm gewann, schlug er sogar sozialkritische Töne an. Grundlage von "Creature Comforts" waren Interviews, in denen Menschen aus dem Arbeitermilieu zu ihrer Wohnsituation befragt wurden. Diese O-Töne wurden lippensynchron animierten Zootieren aus Knete unterlegt: So beklagt ein eingesperrter Jaguar gestenreich den Platzmangel, während ein altersschwacher Koalabär die Sicherheit seines Zuhauses lobt und ein Eisbärenkind zum Entsetzen seiner Eltern erklärt, der Zoo sei sowieso nur für alte oder tote Tiere.

Der besondere Reiz der Aardman-Filme besteht darin, dass ihr Humor, die Charaktere und Milieus "very British" anmuten. Vor allem aber überraschen familientaugliche Produktionen wie "Chicken Run – Hennen rennen" (Chicken Run, Peter Lord, Nick Park, GB 2000) oder "Die Piraten! – Ein Haufen merkwürdiger Typen" ("The Pirates! – In an Adventure with Scientists" , Peter Lord, Jeff Newitt, GB/USA 2012) immer wieder durch ihre Kunstfertigkeit, Ideenreichtum und Detailverliebtheit. So gibt es bei Aardman beispielsweise Modellmacher, die nur Gemüsesorten herstellen. Ihre Knetfiguren wirken – im Vergleich mit Computeranimationen (Glossar: Zum Inhalt: CGI) – niemals flach, sie sind körperlich, werfen Schatten und besitzen eine Oberflächentextur. Wegen dieser materiellen Eigenschaften haben zuletzt auch Filmemacher wie Tim Burton mit "Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche " ("Tim Burton's Corpse Bride" , USA 2005) oder Wes Anderson mit Zum Inhalt: Der fantastische Mr. Fox ("Fantastic Mr. Fox" , USA 2009) mit Puppenfilmen im altmodischen Stop-Trick-Verfahren experimentiert. Die handgemachte Ästhetik von Stop-Motion-Filmen besitzt einen zeitlosen Charme, der Kinder und Erwachsene gleichermaßen anspricht.

Shaun das Schaf, Szene (© Studiocanal)

In einem Interview mit der englischen Tageszeitung The Guardian hat Aardman-Gründer David Sproxton kürzlich den Aardman-Stil definiert: "Es geht uns darum, aufrichtig und nicht zynisch zu sein. Wir wollen, dass die Charaktere authentisch wirken. Sie glauben an die Welt, in der sie leben, wie lächerlich diese auch sein mag." Damit wird dem Publikum gleichsam ein Spiegel vorgehalten, denn bei Aardman sieht man die Menschen und ihre Welt eben gerne mal aus der Perspektive von Tieren.