Deutschland, 1932: Die krisengeschüttelte Gesellschaft leidet unter einer beispiellosen Verbrechensserie. Die einzelnen Taten – Juwelenraub, Sabotageakte, Mord – ergeben weder Sinn noch Zusammenhang, weisen aber deutlich auf das Verbrechergenie Dr. Mabuse. Dieser allerdings sitzt seit Jahren in einer psychiatrischen Klinik, ohne ein Wort zu sprechen. In Wahrheit leitet er von dort längst wieder seine unsichtbare Organisation. Durch Hypnose, Tonaufnahmen und den rücksichtslosen Willen zum Bösen macht er sich seine Untergebenen gefügig. So hören die Verbrechen auch nicht auf, als der Meisterkriminelle unversehens stirbt – sein Geist hat sich des Anstaltsleiters Dr. Baum bemächtigt, der Mabuses wirre Pläne und hinterlassene Notizen nun selbst in die Tat umsetzt. Der im Dunkeln tappende Kommissar Lohmann benötigt die Hilfe eines reumütigen Verbrechers aus Mabuses Kreis, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Fritz Langs letzter deutscher Film vor seiner Emigration ist eine Fortsetzung seines zweiteiligen Zum Inhalt: expressionistischen Zum Inhalt: Stummfilms "Dr. Mabuse, der Spieler" von 1922. Seinem vorangegangenen Hauptwerk Zum Filmarchiv: "M" (DE 1931) wiederum ist nicht nur der Stil der Zum externen Inhalt: Neuen Sachlichkeit (öffnet im neuen Tab), sondern auch die beliebte Figur des Kommissars Lohmann entliehen. Die nüchterne Zum Inhalt: Inszenierung entlarvt scheinbar mysteriöse Elemente wie die berühmte Mabuse-Stimme hinter dem Vorhang zunächst als mechanische Tricks. Telefone, Lautsprecher und Schallplattenaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Tongestaltung/Sound-Design) bezeugen den rasanten technologischen und medialen Wandel zur Zeit der Weimarer Republik. Eine gespenstisch wirkende Überblendung (Glossar: Zum Inhalt: Blende/Überblendung), in der Mabuses Geist auf den Psychiater Dr. Baum übergeht, streift aber auch das Übersinnliche. Erzeugt wird so eine unheilvolle Stimmung allgegenwärtiger Paranoia und Machtlosigkeit, die nicht zuletzt Mabuses willenlose Handlanger im Bann hält. Als Actionelemente steigern die vom Schurken herbeigeführte Explosion einer Chemiegasfabrik und die anschließende – im Zum Inhalt: Zeitraffer wiedergegebene – Verfolgungsjagd gegen Ende das Tempo. Filmhistorisch interessant ist auch die reduzierte Tonspur, die den Film als Werk des Übergangs vom Stumm- zum Tonfilm kennzeichnet.

Da die Nationalsozialisten "Das Testament des Dr. Mabuse" 1933 unmittelbar nach ihrer Machtübernahme wegen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" verboten, kam der Kriminalthriller (Glossar: Zum Inhalt: Genre) zunächst lediglich im Ausland ins Kino. Erst 1951 wurde der Film in (West-)Deutschland aufgeführt. Der Erfolg regte eine neuerliche Fortsetzung durch Lang selbst ("Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" , BRD 1960) sowie zahlreiche weitere Mabuse-Filme an, in denen die populäre Figur des hypnotischen Massenmörders fortlebte. Es bleibt umstritten, ob Langs spätere Behauptung, Mabuses Plan einer "Herrschaft des Verbrechens" solle Psychologie und Methoden der aufstrebenden Nazis aufzeigen, der Wahrheit entspricht oder eher ins Reich der Legenden gehört. Tatsächlich offenbaren Langs frühere Filme wie der Zum Inhalt: Science-Fiction-Klassiker Zum Filmarchiv: "Metropolis" (DE 1927) eine politisch ambivalente Haltung, zudem war seine Drehbuchautorin und damalige Ehefrau Thea von Harbou eine Anhängerin des Nationalsozialismus. Dennoch finden sich in der düsteren Studie manipulativer Machtbeziehungen mit heutigem Wissen geradezu prophetische Parallelen zur NS-Herrschaft, die sich im Geschichts- und Politikunterricht ergründen lassen. Darüber hinaus kann erörtert werden, inwiefern gerade die Ambivalenz zwischen Schrecken und Faszination des Bösen den unheimlichen Reiz des Films und sogar des Kriminalgenres insgesamt ausmacht. Entstehung, Verbot und Rezeptionsgeschichte des Films bieten zudem reichhaltiges Material, um einen zentralen deutschen Regisseur des 20. Jahrhunderts – und die politischen Umstände seiner Zeit – kennenzulernen.

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