Kategorie: Filmbesprechung
"I Like Movies"
Wahre Liebe Kino: mit seiner exzessiven Filmleidenschaft verprellt der 17-jährige Lawrence seine Mitmenschen.

Unterrichtsfächer
Thema
Bildungsrelevant, weil die kanadische Tragikomödie humorvoll zeigt, wie echte Filmleidenschaft das Leben bereichert, aber auch kompliziert macht.
Die Geschichte: Ein junger Filmfreak landet in der Realität
Kanada, 2003: Im letzten High-School-Jahr freut sich der filmbegeisterte Lawrence über einen Job in der Videothek "Sequels" – ein erster Schritt zum erträumten Filmstudium an der New York University. Mit dem echten Leben tut er sich allerdings schwer und verprellt nacheinander seine alleinerziehende Mutter, den besten Freund Matt und die heimlich angehimmelte "Sequels"-Managerin Alana. Lawrence muss lernen, seine Gefühle nicht mehr hinter einer Fassade zu verstecken. Und andere Menschen nicht zu bloßen Statist/-innen seiner grandiosen Selbstinszenierung zu degradieren. Das Leben ist nicht nur ein Film, in dem er die Hauptrolle spielt.
Filmische Umsetzung: Eine Videothek ist keine Traumfabrik
Ohne falsche Nostalgie führt "I Like Movies" in die prädigitale Ära der VHS-Kassette. Die mit Neuerscheinungen und Ladenhütern vollgestopfte Videothek "Sequels" ist keine Traumwelt, wie Lawrence schnell feststellt, sondern einfach nur ein Arbeitsplatz. Umso energischer versucht er auch hier, andere mit seiner Filmbegeisterung anzustecken. Lawrences drehbuchreife Ausführungen zu Regieidolen wie Todd Solondz und Paul Thomas Anderson stoßen auf wenig Interesse, aber sein Regal mit persönlichen Empfehlungen des Personals ist eine gute Idee! Chandler Levack inszeniert ihr Spielfilmdebüt im kargen Independent-Stil der Filme, die ihre Hauptfigur so mag: Starre Totalen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) dienen hauptsächlich der Bebilderung der Dialoge, auf extravagante Zum Inhalt: Kamerabewegungen und Schnitte (Glossar: Zum Inhalt: Montage) wird verzichtet. Eine Ausnahme bildet eine in wechselnden Naheinstellungen gefilmte Szene in der Videothek, als Lawrence eine Panikattacke erleidet. Innerhalb des Zum Inhalt: Plots markiert diese einen wichtigen Wendepunkt.
Thema: Filmleidenschaft als Mittel der Weltflucht
Trotz zahlreicher Referenzen an das US-Kino der 1990er-Jahre überzeugt Levacks Tragikomödie als allgemein verständliche Reflexion der Rolle des Kinos als Mittel der Weltflucht und Lebensbewältigung. Filme und Popkultur verkörpern für Lawrence das "bessere Leben", einen Ausweg aus seiner als armselig empfundenen Vorortexistenz. Seine soziale Inkompetenz ist sowohl Resultat wie auch Ursache dieser Missachtung der Realität. Im Film sorgt sie für zahlreiche komische, aber auch nachdenkliche Momente.
Kritische Aspekte: ein egozentrischer Nerd als Hauptfigur
Lawrence ist ein so lebendiger wie schwieriger Charakter mit narzisstischen Zügen, der als Hauptfigur auch die Toleranz des Publikums strapaziert. Seine Filmleidenschaft entspricht jedem Klischee des männlichen Nerds. Mit der "Sequels"-Chefin Alana, die zuvor als Zum Inhalt: Schauspielerin schlechte Erfahrungen im Film gemacht hat, bekommt er allerdings einen starken weiblichen Widerpart.
Fragen für ein Filmgespräch
Welche Rolle spielen Filme in eurem Leben? Könnt ihr euch mit Lawrence identifizieren oder schreckt er euch eher ab?
"I Like Movies" spielt 2003, also in einer Zeit vor einem allgegenwärtigen Internet, Social Media und Streamingdiensten. Inwieweit ist der im Film dargestellte Umgang mit Medien dennoch mit der heutigen Zeit vergleichbar?
Die Regisseurin Chandler Levack hat selbst in einer Videothek gearbeitet und verarbeitet mit "I Like Movies" eigene Erfahrungen als jugendlicher Filmfreak. Warum könnte sie sich für einen männlichen Charakter als Hauptfigur entschieden haben?