"A Real Pain"

Die Geschichte: Auf der Suche nach wahren Emotionen

Zwei ungleiche Cousins aus den USA reisen nach Polen, auf den Spuren ihrer Großmutter, einer Shoah-Überlebenden. David läuft mit seiner nervösen Art wie auf rohen Eiern durchs Leben. Benji hingegen wirkt permanent etwas verpeilt. Das Haus der Oma ist jedoch erst der letzte Stopp ihrer Reise. Zuvor schließen sie sich einer "Heritage Tour" zu bekannten Gedenkorten an und landen in einer recht merkwürdig zusammengewürfelten Reisegruppe. Von der verlassenen Ehefrau aus Brooklyn auf Selbstfindungsreise, über den ruandischen Genozid-Überlebenden bis hin zum Oxford-studierten Tourguide, der zwar vom Judentum fasziniert aber selbst gar kein Jude ist, ist alles dabei. Schon bald mischt Benji mit seiner emotionalen Art und sehr direkten Fragen die Gruppe ordentlich auf. Ist es moralisch richtig, in der ersten Klasse zu sitzen, während die eigenen Vorfahren im Zug wie Vieh transportiert wurden? Sollte man auf dem jüdischen Friedhof nicht schweigen, statt sich permanent mit Zahlen und Fakten von der Trauer abzulenken? Die Dynamik schwankt zwischen albernen Posen an Denkmälern und tiefer Erschütterung im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek.

Filmische Umsetzung: Shoah-Film als Buddy-Roadmovie

"A Real Pain" ist ein Zum Inhalt: Roadmovie und zugleich Buddy-Film mit ernsten Themen, die in diesen Zum Inhalt: Genres wenig üblich sind. Die zwei Cousins haben sich lange nicht gesehen und entfremdet. So schwankt ihr Wiedersehen zwischen ungelenker Kommunikation und Momenten jungenhafter Abenteuerlust. Dabei fungiert die Figur Benji als Davids Zum Inhalt: Sidekick, der einerseits die Stimmung auflockert, andererseits für viele unangenehme Situationen sorgt. Über die Reaktionen der anderen Figuren werden verschiedene Umgangsformen mit der traumatischen Vergangenheit dargestellt. Auch die Musik spielt eine wichtige Rolle. Die sanfte Klaviermusik mit Stücken des polnischen Komponisten Frédéric Chopin untermalt nahezu den ganzen Film und sorgt für eine gewisse Leichtigkeit. Nur in der Zum Inhalt: Szene im KZ setzt sie aus und gibt dem Schrecken in Form von Stille einen angemessenen Raum.

Thema: Gibt es eine angemessene Form des Erinnerns oder Gedenkens?

"A Real Pain" fragt nach der angemessenen Form des Erinnerns und dem "richtigen" Umgang mit Genozid, Trauma und Verlust. Zwar werden Details über die Shoah nur wenig erklärt, der Film setzt dieses Wissen voraus. Doch auf eindrucksvolle Weise verkörpern David, Benji und die anderen Mitglieder der Reisegruppe verschiedene Formen des Gedenkens und des persönlichen Umgangs mit dem im Filmtitel genannten "echten Schmerz". Dabei kommt es zu Konflikten und Reibungen, denn es gibt nicht den einen richtigen Weg. Ohne Happy End oder Erlösung zeigt "A Real Pain" eindrücklich, dass Trauma und Schmerz einsam machen können, dass Menschen sich in ihrem individuellen Umgang damit sogar in die Quere kommen. Gleichzeitig werden hier eine fehlerfreundliche Gruppe und Charaktere porträtiert, die es schaffen, einander immer wieder zu verzeihen und zu trösten.

Fragen für ein Filmgespräch:

• Warum werden ernste Themen manchmal als Zum Inhalt: Komödie dargestellt? Was gefällt dir daran, was nicht?

• Wie wird der Besuch des Konzentrationslagers filmisch umgesetzt? Wie unterscheidet sich die Zum Inhalt: Inszenierung ( Zum Inhalt: Filmmusik, Zum Inhalt: Einstellungsgrößen, etc.) von anderen Szenen? Warum wird das gemacht, welchen Effekt hat das?

• Was passiert in der Szene auf dem Friedhof, worüber regt sich Benji auf, was wirft er James (dem Tourguide) vor? Verstehst du seine Sichtweise?