Die dokumentarische (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) TV-Mini-Serie "#unterAlmans: Migrantische Geschichte(n)" lässt die letzten 60 Jahre Einwanderungsgeschichte in Deutschland Revue passieren. Der zeitgeschichtliche Bogen reicht dabei von der Ankunft der ersten "Gastarbeiter/-innen" und "Vertragsarbeiter/-innen" in den 1960er-Jahren in beiden deutschen Staaten bis zur sogenannten Migrationskrise von 2015/16. Durch die fünf Folgen, die mit "Hoffnung", "Enttäuschung", "Wut", "Heimat" und "Deutschsein" überschrieben sind, führt die syrischstämmige Berliner Moderatorin und Journalistin Salwa Houmsi, die mit Menschen mit Migrationsgeschichte aus verschiedenen Generationen und Herkunftsländern über deren Erfahrungen spricht: Skeptische Stimmen wie die junge Journalistin Melina Borčak, die sich als Deutsche gefühlt hat, aber nach dem Ende des Bosnien-Krieges in ihr Geburtsland zurückgeschickt wurde, kommen ebenso zu Wort wie Menschen, die sich positiv äußern – so der aus Syrien stammende Abdul Saymoa, der sich im Saarland zu Hause fühlt, wo er eine Käserei aufgebaut hat, die Restaurants in ganz Deutschland beliefert. Expert/-innen wie die Migrationsforscherin Naika Foroutan oder der Politikwissenschaftler Ozan Zakariya Keskinkılıç steuern Hintergrundwissen bei und stellen Ideen zur Diskussion, etwa zum Recht auf provokative Fragen nach Diskriminierungserfahrungen oder zur Neubestimmung des Heimatbegriffs.

Ästhetisch prägt die Miniserie ein abwechslungsreicher Materialmix: Eine schnelle alternierende Zum Inhalt: Montage kombiniert Zum Inhalt: Sequenzen um die Moderatorin, die durch ihre Heimatstadt Berlin streift und aus dem Off (Glossar: Zum Inhalt: Off-/On-Ton) kommentiert, mit ihren Interviews, die sie mit Zugewanderten in ganz Deutschland sowie drei Expert/-innen führt. Hinzu kommen historische Film- und TV-Aufnahmen sowie private Fotos und Videos. Dabei stellt die engagierte Moderation einzelne Themen mitunter etwas verkürzt dar, zum Beispiel wenn sie das Berliner Neutralitätsgesetz auf ein Kopftuchverbot für Musliminnen in bestimmten Berufen reduziert. Jede Folge stellt etwa fünf Personen mit ihren Lebensgeschichten etwas ausführlicher vor, wobei sich die Erzählstränge häufig abwechseln und manchmal ergänzen. Kurze Mitschnitte von Gesangseinlagen (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik) des Musikers Ozan Ata Canani, der als Kind gemeinsam mit seinen Eltern aus der Türkei eingewandert ist, oder der Musikerin QUEEN Lizzy, deren Mutter aus Kamerun stammt, setzen zuweilen stimmungsvolle Akzente.

Zum Auftakt erfahren wir, dass Deutschland das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt ist. In der fünften Folge prognostiziert die Migrationsforscherin Naika Foroutan, dass die Debatten, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei, im nächsten Jahrzehnt beendet seien. Im Politikunterricht bietet es sich an, zu diskutieren, ob diese Prognose realistisch ist. Warum gibt es noch immer so viele Widerstände gegen eine solche Einstufung Deutschlands? Was spricht dafür? Im Fach Ethik können die berührenden Aussagen Hinterbliebener der Opfer des Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau zu einer kritischen Reflexion über rassistische Denkstrukturen anregen. Wird hierzulande "struktureller Rassismus verharmlost", wie Houmsi einmal sagt? Am Ende der Serie resümiert die Moderatorin: "Gemischte Identitäten wie meine sind typisch deutsch." Und liefert damit einen Anstoß, um im Fach Sozialkunde die Grundlagen individueller und nationaler Identität zu erkunden. Was bedeutet Deutschsein? Hat sich die deutsche Identität durch die Folgen der Migrationspolitik verändert?

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