Das Flüchtlingscamp als abenteuerlicher Ort, an dem man ohne Strom und fließendes Wasser campen darf und mit seinen Freundinnen und Freunden auf den Straßen tanzt? Mit diesem ironischen Blick führt uns Regisseur Sergio Basso in den Alltag der 13-jährigen Sarita ein, die Zum Inhalt: in Khudunabari, einem Flüchtlingslager in Nepal, geboren wurde. 1992 hatte das Königreich Bhutan aus dem Nepal stammende Bhutaner, Lhotshampa genannt, brutal ins Exil gezwungen – darunter auch Saritas Familie. Sie hatten an ihrer Sprache, ihren Traditionen und ihrer Religion festgehalten und standen damit im Widerspruch zur königlichen Regierung, die seit 1989 die Politik "eine Nation, ein Volk" verfolgte und Proteste dagegen niederschlug. Bhutan verweigert den Lhotshampas bis heute die Rückkehr und Nepal möchte sie nicht längerfristig aufnehmen. Jetzt sollen die Vertriebenen von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in aufnahmebereite Staaten wie die USA, Australien oder Norwegen umgesiedelt werden. Sarita begibt sich auf die Suche nach ihrer kulturellen Identität und erforscht, warum sie und ihre Familie nicht einfach wieder nach Bhutan zurückkehren können.

Regisseur Sergio Basso wählt die Erzählform eines Zum Inhalt: dokumentarischen Musicals, um das Schicksal der Vertriebenen, die immerhin ein Sechstel der bhutanischen Bevölkerung darstellen, aufzuarbeiten. Dabei sind in "Sarita" inszenierte Zum Inhalt: Sequenzen in Form von Zum Inhalt: Gesangseinlagen, Tanzchoreografien und einer fiktionale Erzählebene mit dokumentarischen Beobachtungen des Alltags im Lager verknüpft. Zusammen mit Filmkomponisten und einem nepalesischen Musikwissenschaftler hat der Regisseur im Vorfeld die traditionelle Musik der Lhotshampa aufgenommen, um sie dann in moderne Choreografien im Bollywood-Stil einzubetten. Im Zusammenspiel mit Saritas Spurensuche bilden sie den dramaturgischen Spannungsbogen. Sarita bittet den hinduistischen Gott Shiva um Hilfe und bekommt von ihm die Gabe des Vergessens geschenkt. Ihre plötzliche Amnesie sorgt für Aufruhr. Sarita bittet daraufhin ihre Familienmitglieder, Lehrer, politisch Verantwortliche und Lagerbewohner/-innen, ihr von der Geschichte der Vertreibung und ihren Folgen zu erzählen.

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"Saritas" Perspektive eines neugierigen Teenagers bietet Schüler/-innen ab 12 Jahren eine gute Basis, sich emphatisch mit ihrem Schicksal zu verknüpfen und sich in Themen wie Fremdsein, Heimatverlust und Flucht einzufühlen. Im Geschichts- und Sozialkundeunterricht können außerdem am Beispiel Bhutans die Ursachen und Auswirkungen von ethnischen und religiösen Konflikten besprochen werden. Dabei ist eine gute Vorbereitung des Themas nötig, da Basso komplexe geschichtliche Zusammenhänge zwar ansprechend und in leichter, humorvoller Weise erzählt, diese aber gleichwohl in gesungener Form schwieriger zu rezipieren sind. Auch berichten die Mitwirkenden und Darsteller/-innen des Filmes teilweise sehr detailliert über Folter, Vergewaltigung und seelische Probleme. Hier sollte in Gesellschaftskunde, Politik oder Ethik sensibel diskutiert werden, wie diese traumatisierenden Erlebnisse das Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen beeinflussen. Im Deutschunterricht bietet die Form eines dokumentarischen Bollywood-Musicals eine interessante Basis, um "Sarita" unter filmsprachlichen Aspekten zu untersuchen: Wie unterscheidet sich beispielsweise das fiktionale von dem dokumentarischen Erzählen? Welche Wirkung hat die Mischung dieser Erzähltraditionen im Film auf die Zuschauer/-innen?

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