Manchmal verdichten sich die Zustände einer Epoche in den „Fußnoten der Geschichte“: Scheinbar unbedeutende Ereignisse finden abseits der großen politischen Bühne statt und stehen doch unmittelbar mit historischen Prozessen in Verbindung. Von einer solchen Fußnote handelt Sung-Hyung Chos "Verliebt, verlobt, verloren" . Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm erzählt die Geschichte ostdeutscher Frauen, die in den 1950er-Jahren – zur Zeit des Koreakrieges – mit Gaststudenten aus Nordkorea liiert waren. Kinder gingen aus diesen Beziehungen hervor, doch es gab keine Chance auf eine gemeinsame Zukunft. Im Zuge der politischen Spannungen zwischen der Sowjetunion und China mussten die Studenten 1962 in ihr Land zurückkehren, da sich Nordkorea mit China solidarisierte. Diese im Schatten des Kalten Krieges verlorenen Männer und Väter suchen die Protagonist/-innen des Films zum Teil bis heute.

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Regisseurin und Autorin Sung-Hyung Cho, 1966 in Südkorea geboren und aufgewachsen, hörte erstmals von diesen tragischen Liebesgeschichten, nachdem ein koreanischer Historiker einen Fall im Rahmen seiner Forschung zu deutsch-koreanischen Beziehung publik machte. Auch in Deutschland erfuhren einige der Frauen erst Jahrzehnte später aus der Zeitung, dass sie mit ihrem Schicksal nicht allein waren. In Interviews lässt der Film zunächst die Frauen von ihren Männern erzählen und illustriert das Märchenhafte ihrer Rendezvous mit animierten Bildern und deutschen Schlagersongs der Nachkriegszeit. Später begleitet Cho die akribische Spurensuche nach den Verschollenen: in die Archive der Universitäten, wo umfangreiche Stasi-Akten über die Gaststudenten verwahrt sind, und auf eine Reise nach Nordkorea, von der ein Video-Tagebuch der inzwischen erwachsenen Kinder zeugt. Doch verlässliche Informationen über den Verbleib der Väter sind nur schwer zu finden. Darum fehlt im Film auch die Perspektive der nordkoreanischen Männer.

"Verliebt, verlobt, verloren" zeigt vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs den unmittelbaren Effekt der Weltpolitik auf das Privatleben von Individuen. Über diesen persönlichen, sehr emotionalen Zugang zur Weltgeschichte lassen sich auch jüngere Schüler im Geschichts- und Politikunterricht an die historisch einschneidende Phase heranführen. Dies unterstützen vor allem Zum Inhalt: Zeichentrickanimationen, die mit spielerischen Mitteln historische Fakten darstellen. Im Unterricht könnten die Schüler/-innen weiterhin überlegen, ob die deutsche Teilung die Geschichte deutscher Familien in ähnlicher Weise geprägt haben könnte. Auch für einen Vergleich der beiden geteilten Länder Korea und Deutschland bietet der Film Diskussionsansätze. Im Politikunterricht könnte zudem das restriktive politische System Nordkoreas behandelt werden. Und nicht zuletzt sollten die verschiedenen filmischen Strategien (Interview, Animation, Reportage, Video-Tagebuch) untersucht werden und wie diese eine weitere Sichtweise auf die bereits bekannte Zeitgeschichte eröffnen.

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