Kategorie: Filmbesprechung
"Sabine Kleist, 7 Jahre"
DEFA-Kinderfilmklassiker: ein sensibles Porträt eines Waisenmädchens
Unterrichtsfächer
Thema
Nach dem Unfalltod ihrer Eltern kommt Sabine Anfang der 1980er-Jahre in ein Ostberliner Kinderheim. Dort findet sie in der Erzieherin Edith eine Bezugsperson, die sie jedoch zu verlieren droht, als diese in den Mutterschaftsurlaub geht. Das siebenjährige Mädchen flieht verzweifelt aus der Institution und schlägt sich einige Tage allein in Berlin (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) durch. In dieser Zeit nimmt Sabine unter anderem an einer Beerdigung teil und tröstet auf der Entbindungsstation eines Krankenhauses eine Frau, die gerade ihr neugeborenes Kind verloren hat. An einem Badesee freundet sie sich mit einer Familie an, die sich am Ende des Tages von ihr verabschiedet und sie allein zurücklässt. Das Mädchen erkennt, dass trotz der Begegnungen mit verschiedenen Menschen seine Sehnsucht nach einem Zuhause unerfüllt bleibt. So kehrt Sabine schließlich in das Kinderheim zurück.
In der Anfangssequenz (Glossar: Zum Inhalt: Sequenz)montiert (Glossar: Zum Inhalt: Montage) Regisseur Helmut Dziuba Schwarz-Weiß-Fotos, die kurz nach dem tödlichen Unfall entstanden sind, mit Sabines Alltag im Waisenhaus, der auf den ersten Blick unbeschwert wirkt. Doch die Kameraeinstellungen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) verdeutlichen die körperliche und emotionale Distanz der Erwachsenen zu den Kindern. Am Ende der Zum Inhalt: Exposition flieht das Mädchen aus dem Heim, dies ändert aber nichts an der Isolation: Es gibt auch draußen niemand, der Sabine in den Arm nimmt oder ihre Sehnsucht nach Geborgenheit erfüllen kann. "Sabine Kleist, 7 Jahre" kritisiert somit allegorisch die Unfähigkeit der Erwachsenen, die kindliche Perspektive einzunehmen und empathisch zu handeln. Trotz der realistischen Darstellung des berührenden Schicksals, inszeniert Dziuba unsentimental und mit leisem Humor. Wenn Sabine herzhaft über die Tollpatschigkeit eines Erwachsenen lacht, der sich an einer Rose sticht, wirkt dies ansteckend. Dziuba ließ ausreichend Raum für Improvisation. Dies erklärt warum Sabines Spiel ausgesprochen natürlich wirkt.
Da sich Alltagsrituale von Grundschulkindern in der DDR und in der heutigen Zeit deutlich unterscheiden, empfiehlt sich dazu eine Vorentlastung. Beispielsweise kann die Rolle der jungen Pioniere in Form eines kurzen Lehrervortrags erläutert werden. Im Deutschunterricht und in den Gesellschaftswissenschaften lässt sich die Perspektive auf den Tod thematisieren. Naheliegend erscheint dazu die Beerdigungsszene, in der Sabine dem Bestatter zahlreiche Fragen stellt. Diese können im Plenum aufgegriffen werden. Ebenso sollten die Folgen des Unfalltodes der Eltern in Bezug auf Sabine besprochen werden. Im Fokus der Diskussion können die Notwendigkeit von erwachsenen Bezugspersonen und alternative Familienmodelle stehen. Während im Deutschunterricht die Schülerinnen und Schüler eine Charakterisierung Sabines vornehmen, kann fächerübergreifend erörtert werden, inwieweit die Figur hinsichtlich ihrer Eloquenz, Neugier und ihrem Mut als Vorbild für Gleichaltrige funktioniert. Ebenso bietet es sich an, die Erzählstruktur und das fehlende Happy End mit heutigen Kinderfilmen zu vergleichen.
Weiterführende Links
- External Link filmportal.de
- External Link Kinder- und Jugendfilm Korrespondenz: : Interview mit Petra Lämmel
- External Link Kinder- und Jugendfilm Korrespondenz: Gespräch mit Gespräch mit Schauspieler und Komponist Christian Steyer
- External Link Deutschlandfunkkultur.de: Heimerziehung in der DDR
- External Link bpb.de Shop: Parallelwelt: Film (DVD mit V+Ö Lizenz)
- External Link Filminformationen des Verleihs
- External Link Der Film bei Filmsortiment