Kategorie: Filmbesprechung
"Suspense"
Der Titel ist Programm in Lois Webers und Phillips Smalleys stummem Filmthriller.
Unterrichtsfächer
Thema
Die Spannung ist im Zum Inhalt: Setting vorprogrammiert: Allein mit ihrem Baby in einem einsamen Anwesen auf dem Land bemerkt eine Frau, dass eine finstere Gestalt ums Haus schleicht. Der Anruf beim Ehemann im Büro wird abrupt unterbrochen, als der Eindringling das Telefonkabel durchschneidet. Während sich die verängstigte Frau mit dem Säugling in einem Zimmer verbarrikadiert, entwendet der Ehemann in wilder Panik ein Auto und rast von der Polizei verfolgt nach Hause. Wird er noch rechtzeitig kommen, um sie zu retten?
In dem knapp elf Minuten dauernden Film "Suspense" aus dem Jahr 1913 werden zwei damals noch relativ neue Erfindungen zu Protagonisten: das Telefon und das Auto. Bis heute bilden verhängnisvolle Anrufe und wilde Verfolgungsjagden Garanten für Spannung im Zum Inhalt: Thriller. Lois Weber und ihr Co-Regisseur und Ehemann Phillips Smalley greifen hier einen Plot auf, den unter anderem bereits D.W. Griffith in "The Lonely Villa" (USA 1909) verfilmt hatte. Die Story selbst bietet also wenig Neues. Doch wie bereits der Filmtitel verrät, steht für sie Zum Inhalt: Suspense, das Erzeugen von Spannung, im Vordergrund. Virtuos und für ihre Zeit aufregend innovativ kombinieren sie dafür filmästhetische Mittel. Gleichzeitige Ereignisse Zum Inhalt: inszenieren sie in einem spektakulär neuartigen, dreigeteilten Zum Inhalt: Splitscreen, der die Anruferin, den Angerufenen und den Unhold im Bild vereint. In der anschließenden Zum Inhalt: Parallelmontage entfalten die Ereignisse ihren Spannungsbogen: die bedrohte Hausfrau, der brutale Einbrecher und der nahende Retter.
Lois Weber, die im Regieduo Weber-Smalley die treibende kreative Kraft war und als Regisseurin stets absolute Kontrolle über ihre Filme einforderte, entwickelt aus dem Spiel mit dem Material ein filmisches Erzählen: Die Heldin schiebt eine Spiegelkommode vor die Tür, woraufhin ihr Spiegelbild mit einem Zum Inhalt: Schnitt zum Rückspiegel des Autos ihres Ehemannes springt, in dem dieser seine Verfolger beobachtet. Der Eindringling, eben noch aus extremer Zum Inhalt: Aufsicht aus dem Zimmerfenster observiert, nähert sich nun im Treppenhaus bedrohlich der Kamera, bis er in Zum Inhalt: Großaufnahme an ihr vorbei schleicht. Das Erforschen unterschiedlichster Perspektiven führt die Kamera sogar bis in das Polizeiauto und bietet eine Zum Inhalt: Point-of-view-Aufnahme eines Verfolgers auf den Ehemann. Nach dieser spielerischen Versuchsanordnung zur Spannungserzeugung darf das Publikum schließlich in der für das frühe Kino grundlegenden und speziell von Griffith häufig eingesetzten Last-Minute-Rescue aufatmen.
Mit ihrer augenscheinlichen Lust am filmischen Experiment stellt sich Lois Weber selbstbewusst dem Wettbewerb um technische und ästhetische Innovationen, der in der frühen Filmgeschichte zwischen den führenden Regisseur/-innen ausgetragen wurde. Webers Filme zeichnen sich darüber hinaus durch die präzise Inszenierung der inneren Aufgewühltheit ihrer Hauptfiguren aus, vornehmlich Hausfrauen höheren Standes. In kleinen Gesten, wie dem lächelnden Beschluss, zunächst noch nicht den Ehemann anzurufen, scheint der Versuch einer neuen Eigenständigkeit durch, die die zugeschriebene passive Rolle der Ehefrau in Frage stellt. Lois Weber selbst erlebt die Ambivalenz zwischen konservativer Erziehung und dem Ruf der New Woman des angehenden 20. Jahrhunderts. 1879 in gutbürgerlichen Verhältnissen geboren, sucht sie bereits als junge Missionarin neue Erfahrungen in den Armenvierteln von New York. Nach einer Schauspielausbildung heiratet sie den Theaterregisseur Phillips Smalley. Fortan arbeiten die beiden als Regieduo zusammen, wobei Lois Weber neben dem Zum Inhalt: Drehbuch oft auch die Hauptrolle und zunehmend den führenden Part der Regie übernimmt. Ihre Filme beschäftigen sich mit kontroversen sozialen Themen wie Armut, Prostitution, Verhütung und Abtreibung, denn sie sieht das neue Medium Film als Möglichkeit, die Gesellschaft zu erreichen. Ihre Filme erreichen ein großes Publikum und 1916 ist sie die bestbezahlte Regiekraft der USA. 1917 gründet sie mit Lois Weber Productions ihre eigene Produktionsfirma. Ihr kritisches Hinterfragen der stereotypen Frauenbilder und Happy-Endings des angehenden Hollywood-Systems bringen ihr beim Publikum jedoch nicht nur Erfolge ein. 1939 stirbt Lois Weber verarmt und weitgehend vergessen.