In der Geschichte der filmischen Repräsentation des Ersten Weltkriegs stellen die Jahre 1929 und 1930 einen tiefen Einschnitt dar, da die Einführung des Tonfilms grundlegende Veränderungen der Filmästhetik und der Rezeptionsweisen bewirkte. Insbesondere Lewis Milestones Frontspielfilm Zum Inhalt: Im Westen nichts Neues ("All Quiet on the Western Front" , USA 1930) prägte eine wiedererkennbare Ikonografie und thematische Schwerpunktsetzung, die die Vorstellung des Ersten Weltkriegs und des Zum Inhalt: Genres Zum Inhalt: Kriegsfilm auf Jahrzehnte hinaus bestimmen sollte.

Zur gleichen Zeit lenkte eine Welle von Romanen und halbfiktionalen Berichten die Erinnerung an den Weltkrieg in neue Bahnen. Die Erfahrung des Weltkriegs wurde damals nicht zum ersten Mal beschworen (zu internationaler Berühmtheit gelangte unter anderem Ernst Jünger mit seinen Kriegserinnerungen In Stahlgewittern), doch neu waren die Lautstärke und Hitzigkeit, mit der dies in der Öffentlichkeit geschah. Der öffentliche Diskurs über die Wahrnehmung des Ersten Weltkrieges wurde zunehmend von nationalistischen und rechtskonservativen Kreisen vereinnahmt und immer exklusiver auf ein soldatisches "Kriegserlebnis" bezogen: auf die Vorgänge an der Front und das Motiv der Kameradschaft.

Der Kriegsfilm als Fronterfahrung

Mit dem bahnbrechenden Erfolg von "Im Westen nichts Neues" geriet zudem in Vergessenheit, dass die nationalen Filmindustrien schon zur Zeit des Zum Inhalt: Stummfilms nach Formen der Auseinandersetzung mit der Erfahrung des Weltkriegs gesucht hatten. Die Gründe für dieses Vergessen sind zahlreich. Vor allem entzogen sich viele der Filme, die vor "Im Westen nichts Neues" den Krieg thematisierten, den heute vorherrschenden Erwartungen an einen "Kriegsfilm“, weil die Kriegserfahrung lange Zeit ausschließlich mit den Erlebnissen an der Front und daher mit der Perspektive der einfachen Soldaten in eins gesetzt wurde. Die Normalität dieses Krieges – alles, was jenseits seines spezifischen Erscheinungsbildes die Erfahrungen der beteiligten Soldaten und Zivilisten, Männer und Frauen ausmacht – geriet so früh außer acht.

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Trennungen, Trauer und Gedenken

Im Kino war der Erste Weltkrieg ein Ereignis, das vor allem die Trennung von Heimat und Front, Frauen und Männern bewirkte. Im Mittelpunkt vieler Filme standen daher die emotionalen Verwicklungen und gespannten Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Berichte von aktuellen Ereignissen und den Kriegsschauplätzen waren in den Kriegsjahren vor allem den Wochenschauen der Firmen Messter und Eiko sowie behördlichen Zum Inhalt: Propagandafilmen wie "Bei unseren Helden an der Somme" (Bild- und Filmamt, DE 1917) vorbehalten. Sie liefen entweder im Vorprogramm der Zum Inhalt: Spielfilme oder auf Sonderveranstaltungen und unterlagen einer strengen Zensur, die beispielsweise die Abbildung von getöteten Soldaten und Zivilist/-innen fast vollständig verbot. Die Zahl der fiktionaler Filme, die sich explizit auf den Krieg bezogen, und insbesondere die Zahl der Frontfilme war hingegen vergleichsweise klein.

Eine Ausnahme ist der im letzten Kriegsjahr produzierte Fliegerfilm "Ikarus, der fliegende Mensch" (Carl Froelich, DE 1918/19), der sich dem Genre des Zum Inhalt: Melodrams und Elementen der Spionagegeschichte bedient, um deutsche Fliegerhelden wie Immelmann, Boelcke und Richthofen posthum mythisch zu überhöhen. Das deutsche Kino betrieb die Heroisierung der deutschen Kämpfer bereits zu Kriegszeiten. Während auf den Schlachtfeldern ein anonymes Massensterben stattfand, kündete der Fliegerfilm von individuellen Helden und überlegener Technik, von ritterlichem Kampf Mann gegen Mann hoch in den Lüften, von Freiheitsdrang und Abenteuerlust.

Ablenkung mit Gesellschaftskomödien

In der Regel vermied das Unterhaltungskino jedoch eine explizite Bezugnahme auf Kampfhandlungen. Die populären Filme drehten sich während des Krieges stattdessen um Erfahrungen, die nicht unmittelbar mit dem Geschehen an der Front zu tun hatten. Kurz nach Kriegsbeginn schlugen beispielsweise "Mobilmachung in der Küche" (Alfred Halm, DE 1914), "Fräulein Feldgrau" (Carl Wilhelm, DE 1914) und "Fräulein Piccolo" (Franz Hofer, DE 1914/15) komisches Kapital aus dem akuten Männermangel. Die Filme handeln von Frauen, die plötzlich in sogenannte Männerberufe wie Barbiere, Kellner und Straßenbahnschaffner schlüpfen müssen.

Später macht Ernst Lubitschs Komödie "Das schönste Geschenk" (DE 1916) den Mangel an Lebensmitteln zum Thema und erzählt von einem trickreichen Jüngling, der der Angebeteten ein Viertelpfund Butter als Gastgeschenk mitbringt. Nicht mit Rosen oder Gold, sondern mit einem Grundnahrungsmittel erobert der Verehrer das Herz der Geliebten – in einer Zeit, in der Fettmangel und Wucherpreise die hungernde Bevölkerung zu Protesten veranlassten. Es sind keine "Kriegsfilme" im engeren Sinn, doch sie verlagern die Kriegserfahrung auf ein gesellschaftliches Feld, mit dem sich die Menschen auch fernab der Front identifizieren konnten.

Heimkehr

Nach einem ähnlichen Muster funktionierte ein anderes populäres Sujet der Kriegserzählung, die Heimkehrergeschichte, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit sowohl in der Literatur wie im Kino einen Boom erlebte. Ein populäres Beispiel ist Joe Mays "Heimkehr" (D§ 1928), die erste Verfilmung von Leonhard Franks Erzählung Karl und Anna aus dem Jahr 1926. Der Film handelt von den in Russland festgehaltenen Kriegsgefangenen Karl (Gustav Fröhlich) und Richard (Lars Hanson), die im März 1917 auf ihrer gemeinsamen Flucht getrennt werden. Richard wird von einer russischen Patrouille aufgegriffen, während sich Karl bis nach Deutschland durchschlagen kann und schließlich vor der Tür von Richards Frau Anna (Dita Parlo) steht. Parallel erzählt "Heimkehr" die aufkeimende Liebesgeschichte von Karl und Anna sowie Richards Zwangsarbeit, dessen Entlassung und schließlich die Rückreise nach Deutschland. Karl und Anna werden just bei ihrem ersten Kuss von Richard gestört. Da Anna Richard zu verstehen gibt, dass sie nicht mehr mit ihm zusammenleben kann, überlässt er Karl seine Frau und heuert auf einem Schiff an.

Viele Heimkehrer-Filme gleichen sich in ihrer Grundkonstellation. Das melodramatische Moment bestimmt die Handlung und ihre Zum Inhalt: Inszenierung: die ahnungsvollen Blicke, die Gesten, die Räume, in denen sich die Figuren bewegen oder schicksalhaft gefangen sind. Im Prinzip handelt der Heimkehrer-Film von der Erinnerung und dem Einbruch der Vergangenheit in die Gegenwart. Das Thema der Verdrängung, das in der Figur des Heimkehrers besonders starken Nachklang findet, wurde dabei selbst zum Leitmotiv der deutschen Filmproduktion der Nachkriegsjahre. Das Kino konnte auf diese Weise von den Traumata des Krieges erzählen, ohne den Krieg selbst zu zeigen.

"Heimkehr" griff zudem das Topos der Verwilderung der kriegsgefangenen Männer auf. Als Karl in Annas Wohnung erscheint, ist er schmutzig, trägt einen struppigen Vollbart und einen ramponierten Militärmantel. Nachdem er sich rasiert und gewaschen hat und von Anna mit frischer Kleidung versorgt wurde, verwandelt er sich wieder in einen gutaussehenden jungen Mann. So besaß "Heimkehr" auch eine therapeutische Dimension. Er zeigt, wie aus Kriegsopfern wieder Zivilisten werden. Nur in ihren unruhig und assoziativ montierten Träumen kommen noch Gewaltfantasien zum Vorschein. Einmal träumt Karl davon, dass Richard das küssende Paar überrascht. Als Richard ihn zu erwürgen droht, hebt Karl ein Beil und erschlägt den Widersacher. Der Film übersetzt Affekte und Gewaltfantasien nicht in sensationelle Schauwerte und schafft so Distanz zu den realen Bildern des Krieges.

Das Echo des Krieges

Auch in den frühen Nachkriegsjahren war der Weltkrieg für die meisten Filmproduzenten ein Tabuthema, das nur in verschlüsselter Form auf die Kinoleinwand gelangte. Die Erfahrungen und Folgen des Krieges für die Menschen äußern sich in Melodramen und Historienfilmen – und ebenso in Zum Inhalt: Horrorfilmen: So gehören der gewaltsame Tod junger Männer, die Kriegspsychose, der Verlust von Körperteilen und deren Ersetzung durch Prothesen – etwa in "Orlacs Hände" (Robert Wiene, AT 1924) – zu wiederkehrenden Motiven.

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Stets rühren die Filme an den traumatischen Erfahrungen des Schlachtfeldes. So deutet der Filmwissenschaftler Anton Kaes Zum Inhalt: Das Cabinet des Dr. Caligari (Robert Wiene, DE 1920) als Versuch, die Traumatisierung eines Kriegsneurotikers sowohl in der Handlung als auch in der Inszenierung zu reflektieren. Kaes geht soweit zu sagen, dass in diesem Film die verstörende, halluzinatorische Grenzerfahrung an der Front wahrhaftiger aufbewahrt werde als in den meisten – später entstandenen – naturalistischen Kriegsfilmen. Das Weimarer Kino bezeichnete er als ein Kino der Neurosen: ein shell shock cinema, in dem das Echo des Krieges nachhallt.

Wie vom Krieg erzählen?

Während die Melodramen, Heimkehrergeschichten und Horrorfilme dem Publikum unterschiedliche Interpretationsangebote machten, zielten die ab Mitte der 1920er-Jahre entstandenen Filme auf größere Eindeutigkeit ab und bedienten sich einer weniger metaphorischen und stattdessen stärker "realistischen" Darstellungsweise. Ein Auslöser dafür ist der internationale Erfolg US-amerikanischer Stummfilme wie "The Big Parade" (King Vidor, USA 1925), die besonders durch ihre enorm aufwendige Inszenierung von Schlachtszenen mit Tausenden Komparsen für Furore sorgten. Neben außerordentlich populären Spielfilmen wie "Unsere Emden" (Louis Ralph, D 1926) über den Seekrieg im Indischen Ozean entstanden in Deutschland auch Zum Inhalt: Kompilationsfilme, die historische Filmaufnahmen aus der Kriegszeit mit nachgestellten Angriffsszenen – sogenannten „Re-enactments“ – ergänzen. Ein bekanntes Beispiel ist der Zweiteiler "Der Weltkrieg" (DE 1927/28) von Leo Lasko.

Ein Großteil dieser Filme präsentierte eine unverkennbar nationale oder nationalistische Deutung der Kriegsursachen und des Kriegsverlaufs. Dadurch erregten sie ein großes öffentliches Interesse und machten das Kino zu einem Ort, an dem die Politisierung der Kriegserinnerung und des Gedenkens aktiv vorangetrieben wurde. Ihre Ästhetik – die Behauptung einer realistischen, "authentischen" Darstellungsweise – und ihr Augenmerk auf das männliche Kriegserlebnis an der Front machen sie zu einem wichtigen Faktor jenes gesellschaftlichen Stimmungswandels, der zu Beginn der 1930er-Jahre in den Angriffen auf die Weimarer Republik kulminierte.