Viele medienpädagogisch Tätige möchten im Unterricht oder in der außerschulischen Kulturarbeit gerne Filme einsetzen. Doch selbst wenn der ausgewählte Film keine Überlänge hat, scheitert das Vorhaben oft an der Zeit. In der Schule reicht eine Doppelstunde meist nicht aus, um einen Film umfassend zu besprechen. Jugendlichen können auch leicht das Interesse verlieren, wenn etwa eine eigene filmproduktive Arbeit das erklärte Ziel ist, der Film aber in erster Linie zur Veranschaulichung filmsprachlicher Mittel dient. Zum Inhalt: Kurzfilme bieten sich deshalb besonders für die filmpädagogische Arbeit an. Wie lassen sie sich praxisgerecht in der schulischen und außerschulischen Jugendkulturarbeit einsetzen?

Kurzfilme finden: Im Internet, bei Kurzfilm-Agenturen und auf Festivals

Die Vorteile des Kurzfilms – in Abgrenzung zum mittellangen Film (30 bis 59 Minuten) und Langfilm (ab 60 Minuten) – liegen auf der Hand. Sie sind nur wenige Minuten lang und können daher auch im Rahmen einer Unterrichtseinheit mehrfach gezeigt werden. Sie erfüllen damit leichter eine Grundforderung der filmästhetischen Bildung, nämlich das Recht, einen Film zunächst ohne umfassende pädagogische Aufmerksamkeitslenkung sehen zu dürfen, um den eigenen subjektiven Zugang zu finden.


Jugendliche nahezu jeder Altersstufe nutzen Social Media und insbesondere die Videoplattform YouTube und die Multimedia-App Instagram. Ihnen steht damit ein großes Angebot an (Musik)-Videos, Clips und Kurzfilmen zur Verfügung, die ihren ästhetischen Blick und ihre Interessen prägen. Was dabei zu kurz kommen kann, ist eine genaue Orientierung oder eine differenzierte Auseinandersetzung mit einem Kurzfilm oder Video. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dort anzusetzen und mit dem zu beginnen, was Jugendliche schon kennen und regelmäßig nutzen, zumal wenn es allgemein um die Vermittlung von Medienkompetenz geht.

Häufiger noch sind medienpädagogisch Tätige auf der Suche nach einem für Jugendliche geeigneten Kurzfilm zu einem bestimmten Thema. Hier bieten Agenturen wie die Kurzfilm-Agentur Hamburg oder interfilm Berlin – beide sind mit den örtlichen Kurzfilmfestivals verbunden – ihre Dienste an. Die AG Kurzfilm, Bundesverband der deutschen Kurzfilmschaffenden, bietet 700 Filme zur (passwortgeschützten) Online-Sichtung an. Im Internet präsentieren professionelle Filmschaffende auf der Video-Plattform Vimeo zahlreiche (teils vielfach prämierte) Kurzfilme; darüber hinaus gibt es kuratierte Kurzfilm-Webseiten wie shortoftheweek.com oder shortfil.ms, die eine Vielzahl an internationalen Festivalfilmen kostenfrei online verfügbar machen. Fündig werden kann man auch bei den Bildungsservern einzelner Bundesländer, bei regionalen Filmfestivals speziell für ein junges Publikum, bei den Mediatheken der Rundfunkanstalten und natürlich bei kirchlichen und lokalen Medienstellen. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung präsentiert Kurzfilme zu gesellschaftsrelevanten Themen im Programm ihrer Mediathek sowie auf der DVD-Edition "Kurzfilm macht Schule". Der Bundesverband Jugend und Film e.V. als bundesweite Dachorganisation der nichtkommerziellen Spielstellen bietet über das Informationsnetzwerk Junge Filmszene Informationen über Aktivitäten und Angebote der deutschen Filmkulturszene und hat ebenfalls Kompilations-DVDs, etwa zu den Themen Rechtsextremismus und Migration, speziell für ein junges Publikum im Angebot.

Werke jeder filmischen Form – für (fast) alle Fächer und Themen

Die Auswahl von sechs Werken in diesem Dossier soll einen Eindruck von der formalen Vielfalt des künstlerischen Kurzfilms vermitteln: vom Spielfilmdrama (Zum Filmarchiv: "Fauve") bis zum Zum Inhalt: Animationsfilm (Zum Filmarchiv: "Enough"), von der dokumentarischen Form (Zum Filmarchiv: "See you") bis zum Experimentalfilm (Zum Filmarchiv: "In a Nutshell"), vom narrativen Film ohne Dialoge (Zum Filmarchiv: "Paper or Plastic") bis zur Performance-Ästhetik moderner Musikvideos (Zum Filmarchiv: "This is America"). Divers in der Thematik, eignen sich die Filme jeweils für unterschiedliche Fächer und Klassenstufen – von der 7. Klasse bis zur Oberstufe.

Dabei liegt der Schwerpunkt ähnlich wie bei den Langfilmen in den Fächern Deutsch oder Deutsch als Fremdsprache, Kunst, Ethik, Religion und – insbesondere bei internationalen Produktionen – im Fremdsprachenunterricht. Unabdingbar in der schulischen wie außerschulischen Filmbildungsarbeit ist allerdings, dass sich Jugendliche bei den ausgewählten Kurzfilmen ernst genommen fühlen, dass sie gefordert und nicht unterfordert werden und möglichst neue Perspektiven entdecken können. Die Themen sollten etwas mit ihrem privaten Lebensalltag und den gesellschaftlichen und sozialen Problemen zu tun haben, die für ihre Altersstufe relevant sind.

Besonders geeignet sind Kurzfilme für die Entwicklung kommunikativer, sozialer und interkultureller Kompetenzen. Dazu gehören neben der Anregung der Fantasie auch die Überwindung von Ängsten und Vorurteilen, die Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Vielfalt, die Diskussion über soziale Werte und Normen, über Machtstrukturen und Gewalt, über den Klimaschutz, Inklusion und Migration sowie über den umfassenden Wandel in der Arbeitswelt, der alle Jugendlichen betreffen wird. Die filmästhetische Bildung beziehungsweise der Erwerb von Medienkompetenz umfasst auch die Vielfalt der Filmkunst sowie das filmkulturelle Erbe. Denn als die Bilder laufen lernten, entstanden zunächst nur Kurzfilme – man denke an die Werke des französischen Filmpioniers Georges Méliès, etwa an seinen Zum Inhalt: Science-Fiction-Film "Die Reise zum Mond" (FR 1902), oder an die frühen Zum Inhalt: Slapstick-Filme von Charlie Chaplin.

Filmvermittlung: Arbeit mit Kurzfilmen in der Praxis

Wie Vermittler/-innen in der Praxis mit Jugendlichen zu einem Kurzfilm arbeiten, hängt von zahlreichen Faktoren ab, zum Beispiel von der Altersstufe, der Zusammensetzung der Zielgruppe (etwa im unterschiedlichen Sprachverständnis), von den angesprochenen Inhalten und Themen und nicht zuletzt von der ästhetischen Form. Dabei sollte man als Vermittler/-in immer offen für überraschende Erfahrungen sein. Jugendliche werden einen Film nicht immer so wahrnehmen, wie man sich das als Erwachsener vorstellt. Daher hat es sich bewährt, vor einem Kurzfilm allenfalls Erwartungshaltungen und Assoziationen zum Titel abzufragen und im Anschluss eine ungestörte erste Filmrezeption zu gewährleisten. Nach der Sichtung können unterschiedliche Wahrnehmungen diskutiert und wesentliche Aspekte erarbeitet werden. Falls eine zweite Sichtung möglich ist, können dann schon konkrete Beobachtungsaufgaben gestellt werden, etwa zu einzelnen Figuren oder Handlungsaspekten, zur visuellen und technischen Umsetzung oder zum Ton (Glossar: Zum Inhalt: Tongestaltung/Sound-Design). Je nach der insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit und Länge des Kurzfilms können einzelne Zum Inhalt: Sequenzen wiederholt und die angesprochenen Themen weiter vertieft werden, wenn möglich auch mit konkreten Arbeitsblättern wie im vorliegenden Dossier. Am Ende der Filmarbeit sollten möglichst Lernprodukte stehen, die die Kreativität der Jugendlichen herausfordern: eigene Texte, Bilder oder sogar ein selbstgedrehter Kurzfilm.

Filmästhetische Aspekte sind wesentlich in der Bildungsarbeit

So praktikabel, vielfältig und effektiv der Einsatz von Kurzfilmen im Unterricht auch sein mag – beim Kurzfilm ist genauso wie bei einem Langfilm zu beachten, dass es sich um eine Kunstform handelt. Die künstlerische Umsetzung und die Auswahl der filmästhetischen Mittel sind daher genauso zu berücksichtigen wie die thematischen Aspekte. Darauf hat der französische Filmpädagoge Alain Bergala bereits 2003 in seinem Buch Kino als Kunst – Filmvermittlung an der Schule und anderswo hingewiesen. Es reicht nicht, den Kurzfilm beispielsweise ausschließlich für die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema zu "benutzen". Zu beachten ist auch, dass sich ein Kurzfilm von einem Langfilm nicht allein durch die Filmlänge unterscheidet. Er ist in der Erzählstruktur deutlich weniger komplex als ein Langfilm, muss seine Geschichte mit einer kleinen Anzahl von Figuren und Aspekten schnell entwickeln und auf den (Höhe-)Punkt bringen. Mehr denn je regen Kurzfilme dazu an, in der praktischen Filmarbeit eigene Kurzfilme (mit einem vertretbaren Aufwand) zu drehen. Anschaulicher lässt sich kaum vermitteln, wie Bewegtbilder funktionieren, wie sich Form und Inhalt unter einen Hut bringen lassen und welche Wirkung damit erreicht werden kann.

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