"Für Kaiser, Gott und Vaterland", so schärft es der Schuldirektor den jungen Männern ein, zögen sie in den Krieg. Die patriotische Rede begeistert die ganze Schülerschaft, auch der 17-jährige Paul Bäumer meldet sich zum Militär. Doch die Realität des Ersten Weltkriegs straft die hehren Worte Lügen, Pauls Überschwang ist so schnell verflogen wie die deutsche Aussicht auf einen schnellen Sieg. Im Kriegsjahr 1917 hat sich der Angriff auf Frankreich zu einem brutalen Stellungskrieg entwickelt. Unter furchtbaren Bedingungen kämpft Paul jeden Tag ums Überleben, sieht Freunde sterben, Verwundete in den Lazaretten krepieren. Halt gibt ihm allein die Freundschaft mit dem erfahrenen Kat. Hin und wieder träumen die Soldaten vom Frieden, es gibt Gerüchte über einen Waffenstillstand. Doch alle wissen, bis dahin könnte jeder Tag für sie der letzte sein.

Die Netflix-Produktion ist die bereits dritte, allerdings erste deutsche Zum Inhalt: Adaption des berühmten Kriegsromans Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque. Mit der schonungslosen Schilderung des Kriegsalltags schuf der deutsche Schriftsteller 1929 einen Weltbestseller. Die kurz darauf folgende US-Verfilmung von Lewis Milestone (USA 1930) war ebenso erfolgreich. In Deutschland allerdings mussten Vorführungen des Films gegen heftige Störaktionen der Nationalsozialisten durchgesetzt werden, die zuvor schon gegen das Buch polemisiert hatten. "Im Westen nichts Neues" ist somit Teil der Literatur- wie der Filmgeschichte und die Neuverfilmung durch den deutschen Regisseur Edward Berger ein ambitioniertes Projekt. Zudem darf die zum Ziel erklärte "deutsche Perspektive", angesichts der deutschen Kriegsschuld und den noch größeren Verbrechen im Zweiten Weltkrieg, als politisch heikel gelten. Inwieweit taugen deutsche Soldaten als Helden eines Spielfilms?

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Sinnloses Töten auf beiden Seiten

Im Mittelpunkt des Films stehen die Schlachtszenen. Das blutige Töten wird detailreich ausgeschildert, wobei manches an den Klassiker von 1930, die ästhetische Wirkung jedoch insgesamt an neuere Kriegsfilme wie Zum Filmarchiv: "Dunkirk" (Christopher Nolan, GB/USA 2017) und "1917" (Sam Mendes, GB/USA 2019) erinnert. In den Kampfszenen herrscht eine unberechenbare, ständige Lebensgefahr suggerierende Dynamik von Reißschwenks (Glossar: Zum Inhalt: Kamerabewegungen) und harten Schnitten (Glossar: Zum Inhalt: Montage). Das Publikum soll in das Geschehen eintauchen können. Deutlich ist jedoch das Bemühen, dem Morden und Sterben nichts Heldenhaftes zu verleihen. Der Tod ist stets sinnlos und brutal, auf beiden Seiten. Zur Hoffnungslosigkeit der Situation passt die Zum Inhalt: Filmmusik, die den infernalischen Geschützdonner manchmal verstärkt und gelegentlich ersetzt.

Keine Konzessionen macht der Film an das Streaming-Format. "Im Westen nichts Neues" ist ein Breitwandfilm (Glossar: Zum Inhalt: Bildformate) für die große Leinwand, dessen Fülle an Details auf dem kleinen Bildschirm verloren geht. Anders als im Fernsehen üblich, verzichtet Bergers Zum Inhalt: Regie weitgehend auf Nahaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen). Die wenigen sind umso wirkungsvoller, etwa Pauls zerschundenes Gesicht nach einer Bunkerexplosion, das an die zerschossene Kraterlandschaft des Schlachtfelds erinnert.

Einige Probleme der Charakterzeichnung sind bereits bei Remarque angelegt. Seine Figuren sind eher "Typen", deren Austauschbarkeit die entmenschlichenden Mechanismen des Krieges offenlegt. Der Film verstärkt diese Tendenz, etwa durch die Auslassung eines Kapitels, in dem Paul seine Familie auf Heimaturlaub besucht. Auch Begegnungen mit militärischen Autoritäten sind auf ein Minimum reduziert. Der Film wirkt geradezu bereinigt von jeglichen Zeitumständen, mit denen sich ein jugendliches Publikum heute nicht mehr identifizieren kann. In den – weitgehend unpolitischen – Unterhaltungen der Soldaten blitzen vulgärer Soldatenjargon und bitterer Lazaretthumor gelegentlich auf. Aus moralisch heiklen Zum Inhalt: Szenen, wie dem Techtelmechtel mit französischen Bauerntöchtern, wurde Paul jedoch entfernt. Seine Interaktion mit den Kameraden beschränkt sich weitgehend auf die Freundschaft mit Kat. Remarques unklares Verhältnis zur Kameradschaft im Krieg, von der linken Kritik damals als zu positiv empfunden, wird damit umgangen.

Ein entschiedener Antikriegsfilm

Das Fehlen einer historisch-reflektierenden Ebene, die über eine Illustration des Kriegsgrauens hinausgeht, kompensiert der Film durch einen hinzugefügten Erzählstrang. Mehrere Szenen zeigen das Ringen des liberalen Politikers Matthias Erzberger um einen Waffenstillstand. Am 11. November 1918 unterzeichnet er in Compiègne die deutsche Kapitulation. Das von Paul durchlittene Blutvergießen, das Erzberger beenden will, erhält dadurch einen Spannungsbogen, der Film eine stärkere Verankerung in der historischen Realität. Für den im Film auftretenden General Friedrich, optisch an General Ludendorff angelehnt, zählt Erzberger zu den "Novemberverbrechern", die Deutschland verraten hätten. In mehreren Dialogen verweist "Im Westen nichts Neues" auf die fatalen Folgen dieser von reaktionären Kreisen nach dem Kriegsende in Deutschland verbreiteten Dolchstoßlegende. Der Film thematisiert die traumatische, für Remarque zentrale Wirkung der Fronterfahrung auf die Psyche der Weimarer Republik, in den Worten Pauls: "Ich fürchte mich vor dem, was kommt". Und auch die zum Verständnis elementare Szene, in der Paul in einem von ihm getöteten Franzosen sein eigenes Schicksal erkennt, fehlt nicht. "Im Westen nichts Neues" ist entschiedener Antikriegsfilm, der Remarques zeitlos aktuelle Anklage gegen Nationalismus, Militarismus und Krieg letztlich beindruckend umsetzt.

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