"Devki" ist auf dem Hals einer jungen Frau zu lesen, die gelassen ein Auto durch den stetig strömenden Verkehr der Millionenstadt Delhi lenkt. Das Tattoo kann man als Kampfansage verstehen. Denn die junge Inderin Devki will ihren Traum leben. Sie hat sich bei der Vereinigung "Woman on Wheels" beworben und möchte Taxifahrerin werden. Vor allem aber will sie ihr eigenes Geld verdienen – zwei Dinge, die nur unter großem Kraftaufwand in der indischen Gesellschaft umsetzbar sind, in der Frauen immer noch selten über sich selbst bestimmen dürfen.

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Die Regisseurin Manuela Bastian begleitet Devki sensibel beobachtend durch ihren Alltag, immer untermalt vom Soundtrack der Hupkonzerte des quirligen indischen Verkehrs und der stimmungsvollen Zum Inhalt: Filmmusik, die auf der emotionalen Tonleiter zwischen Melancholie und Aufbruch changiert. Bastian baut eine intime Nähe zu ihrer Protagonistin auf und zeichnet im Verlauf der Handlung das Bild einer starken, mutigen Persönlichkeit, die für ihre Unabhängigkeit viel in Kauf nimmt, sogar riskiert, aus der Familie verstoßen zu werden. In zahlreichen Interviews werden die patriarchalen Einstellungen vieler indischer Männer erfahrbar. Fast scheint es so, als ob Devki das Kamerateam als Schutzschild begreift, um gegenüber ihrem Vater und Schwiegervater ihre "Frau zu stehen", ohne eine sofortige Eskalation oder gar Schläge fürchten zu müssen. Durch die dramaturgische Unterteilung in die drei Kapitel "Vater", "Ehemann" und "Sohn" greift Bastian die tradierten Zuordnungen auf, die sich durch das Leben einer indischen Frau ziehen.

Devki beschreibt es so: "Erst war ich die Tochter von Harishchandra, dann die Frau von Badri und jetzt bin ich die Mutter von Aayush. Dabei will ich doch einfach nur Devki sein." Eine wichtige Frage, die fächerübergreifend diskutiert werden kann ist, welche Traditionen, Werte und gesellschaftliche Normen das Selbstbild prägen. Bastian hatte die Vergewaltigung mit Todesfolge einer indischen Studentin in Delhi 2012 zum Anlass genommen, sich dem Thema der Selbstbestimmung von Frauen in Indien zu nähern. Ihr Film "Where to, Miss?" bietet Anlass, sich mit der Lebenssituation von Frauen in Indien und in diesem Zusammenhang mit der Missachtung ihrer Rechte zu beschäftigen. Konkreter Ausgangspunkt bieten dabei die Erfahrungen der jungen Protagonistin, die in ihrer Entwicklung immer wieder mit tradierten Rollenbildern, persönlichen Einschränkungen und sogar auch mit Gewalt konfrontiert wird. Spannend ist auch, wie sich offenbar das Zusammenleben mit ihrem Ehemann verändert, der sich in seinem Heimatort offenbar viel stärker Traditionen verpflichtet fühlt als in Dehli. Nicht zuletzt regt der Zum Inhalt: Dokumentarfilm dazu an, sich mit den Menschenrechtsverletzungen gegenüber Mädchen und Frauen weltweit – auch in Europa – zu beschäftigen.

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