Iman, ein kleiner Beamter im iranischen Staatsdienst, wird zum Ermittlungsrichter befördert – eine große Ehre für die Familie, die zudem auf eine größere Wohnung hoffen darf. Die Freude der Töchter Rezvan und Sana schwindet allerdings, als sie der Vater auf die neuen Bedingungen einschwört: Außerhalb der Familie gilt ab jetzt absolute Verschwiegenheit, das Kopftuch wird für die Mädchen Pflicht, Social Media verboten. Den sich im Netz verbreitenden Bildern massiver Proteste auf den Straßen Teherans und brutaler Polizeigewalt ist allerdings kaum zu entkommen. Allmählich begreifen die Töchter, warum die Behörden der Islamischen Republik als "unbeliebt" gelten, und wenden sich gegen den Vater. Immer weniger gelingt es der auf Ruhe und Anpassung bedachten Mutter Najmeh, das Familiengefüge zusammenzuhalten. Die Situation eskaliert, als eine Pistole verschwindet, die der Vater zum Schutz erhalten hat. Hat sie eine der beiden Töchter an sich genommen?

Die schwierigen Produktionsbedingungen des Films, der ohne Wissen der Behörden im Iran gedreht wurde, zeigen sich schon in der auf Innenräume fokussierten, kammerspielartigen Zum Inhalt: Inszenierung (Glossar: Zum Inhalt: Kammerspiel). In den beengten Räumlichkeiten der familiären Wohnung lastet von Beginn an ein hoher moralischer Druck auf allen Beteiligten. Iman muss die schmerzliche Erkenntnis verarbeiten, dass er in seiner neuen Funktion täglich hunderte Todesurteile abzuzeichnen hat, ungeprüft, gegen jede Berufsehre. Sein Schweigen nährt das gegenseitige Misstrauen innerhalb der Familie, das die Kamera in fein abgestimmten Zum Inhalt: Einstellungen ins Bild setzt. Je heftiger die geschickt in den Film montierten (Glossar: Zum Inhalt: Montage) Hochkant-Bilder der Straßenproteste auf den Handys der Töchter flimmern, desto brüchiger wird auch die vermittelnde Position der Mutter. Erinnert die ruhige Bildsprache des Beginns an das klassische iranische Kino der letzten Jahrzehnte, wie man es etwa aus den Filmen von Asghar Farhadi ("Nader und Simin – Eine Trennung/Dschodāi-ye Nāder az Simin" , IR 2011) kennt, steigert sich das Drama im letzten Drittel zum rasanten Showdown nach Art eines Zum Inhalt: Westerns, frei nach dem bekannten Tschechow-Motto: "Wenn im ersten Akt ein Gewehr an der Wand hängt, dann wird es im letzten Akt abgefeuert".

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"Die Saat des heiligen Feigenbaums" ist zugleich präzise gezeichnete Familienstudie und Psychogramm eines zerfallenden, auf Gewalt gebauten Staates. Im Politik- oder Geschichtsunterricht empfiehlt es sich, bereits vorab die gefährliche Entstehungsgeschichte zu thematisieren – der Regisseur Mohammad Rasoulof und mehrere Schauspieler/-innen verließen nach den Dreharbeiten das Land. Die vom theokratischen Regime Irans geschürte Atmosphäre von Paranoia und Misstrauen ist zugleich Thema des Films. Wie sich die widersprüchlichen Gefühle und Ängste in den Familienmitgliedern abbilden, lässt sich anhand eines Zum Inhalt: Figurenschaubilds nachzeichnen. Wie rechtfertigt sich der Vater? Inwiefern verändert sich die Position der Mutter? Anhand der Töchter lässt sich darüber hinaus die wichtige Rolle von Social Media diskutieren: Von den im Film verwendeten Bildern der Proteste im Jahr 2022, die nach dem Tod der Studentin Jina Mahsa Amini unter dem Motto "Frau, Leben, Freiheit" um die Welt gingen, fühlen sie sich unmittelbar betroffen. Maßgeblich in Deutschland produziert, wurde das ästhetisch und inhaltlich herausragende Zum Inhalt: Drama als deutscher Beitrag für den ausländischen Oscar® nominiert.

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