Mathematik ist für Marguerite der Sinn und Halt ihres Lebens. Die junge Frau ist Doktorandin an der Pariser Elite-Hochschule École Normale Supérieure (ENS). Ihr Doktorvater Laurent Werner hat wenig Zeit für sie, ist aber von ihrer Brillanz überzeugt und lässt sie ihre Arbeit vor einem großen Kolloquium vorstellen. Marguerite präsentiert ihre Forschungen, die zur Lösung der Goldbachschen Vermutung beitragen sollen: Die Frage, ob jede gerade Zahl, die größer als zwei ist, die Summe zweier Primzahlen sei, ist noch nicht mit einem Beweis sicher beantwortet. Aber dann stellt Werners neuer Schützling Lucas eine pointierte Frage – und Marguerite muss feststellen, dass ihre ganze Arbeit in die falsche Richtung gelaufen ist. Bestürzt verlässt sie den Hörsaal, meldet sich von der Hochschule ab, beantwortet die Anrufe ihrer Mutter nicht mehr. Marguerite bezieht ein Zimmer bei der extrovertierten Tänzerin Noa, beginnt mit einer Zufallsbekanntschaft eine Affäre und beschafft mit mathematisch fundierten, aber nicht ganz legalen Mahjong-Spielen die Miete für Noa und sich selbst. Doch ihre mathematischen Forschungen lassen ihr keine Ruhe.

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Regisseurin Anna Novion inszeniert die Geschichte von Marguerite als ruhiges, aber auch humorvolles Drama. Ihre Hauptdarstellerin Ella Rumpf ist dabei fast immer im Bild und spielt Marguerite zunächst als kauziges Mauerblümchen, die soziale Konventionen weder kennt noch beachten will. Zugleich erscheint sie gerade in diesem Desinteresse und in ihrem klaren Fokus auf die Forschung als äußerst selbstbewusst. Das wird umso deutlicher, je mehr sie sich ein Leben außerhalb der Universität sucht. Der Film überträgt damit viele Eigenschaften, die das Kino traditionell männlichen Mathe-Genies zuschreibt – etwa in "Good Will Hunting " (Gus Van Sant, USA 1997), "A Beautiful Mind" (Ron Howard, USA 2001) oder Zum Filmarchiv: "The Imitation Game" (Morten Tyldem, GB/USA 2014) – auf eine junge Frau, was zu interessanten Bedeutungsverschiebungen führt: Marguerite erfüllt so gar nicht die emotionalen und auch romantischen Bedürfnisse, die die Männer um sie herum an sie richten. Zugleich achtete die Filmemacherin, mit Beratung durch die französische Mathematikerin Ariane Mézard, sehr darauf, dass die mathematischen Formeln im Film authentisch sind – ein Umstand, den wahrscheinlich nur Zuschauer/-innen goutieren können, die mit Feinheiten der Zahlentheorie vertraut sind.

Gleichwohl bietet genau dies einen Ansatz für den Mathematik-Unterricht, um etwa die Bedeutung von Primzahlen zu diskutieren oder anschaulich zu machen, wie komplex die Beweisführung bei vergleichbaren mathematischen Problemen ist. Alternativ bietet sich auch an, die Spielregeln von Mahjong (oder von Go oder Schach) nach mathematischen Kriterien zu betrachten und zu verstehen, warum dies für Marguerite ein interessanter Zugang ist. Für das Fach Französisch ist der Film nicht nur in seiner Originalversion interessant, sondern auch, um über das System der französischen Hochschulen (ENS und andere Elite-Einrichtungen im Vergleich zu anderen Universitäten) zu sprechen. In Ethik lässt sich diskutieren, welche sozialen Erwartungen Marguerite beim Umgang mit anderen Menschen ignoriert, wo und warum ihre Verhaltensweisen sogar für komische Momente sorgen. Diskutiert werden kann zudem, wie Marguerite als Frau in Wissenschaft und Forschung von anderen wahrgenommen wird und was das Verhalten ihres Doktorvaters über Machtstrukturen in diesem Bereich aussagt.

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