Kategorie: Film
"Sultanas Traum"
El sueño de la sultana
Animationsfilm über die Rolle der Frau und über die Utopie eines "Ladylands", die vor 100 Jahren entwickelt wurde.
Unterrichtsfächer
Thema
Die Animationskünstlerin Inés lebt und arbeitet zwischen Spanien und Indien. Eines Tages stößt sie in Ahmedabad auf ein Buch, das sie nicht mehr loslässt: Es trägt den Titel Sultana's Dream und wurde 1905 von der bengalischen Schriftstellerin Rokeya Sakhawat Hussain geschrieben. Sie entwirft darin eine utopische Welt namens "Ladyland", in der Frauen angstfrei leben können, politische Ämter innehaben und als Wissenschaftlerinnen arbeiten; die Männer hingegen müssen in abgesperrten Bereichen häusliche Arbeiten verrichten. Fasziniert von dieser Utopie begibt sich Inés auf eine Reise durch Indien und Bangladesch. Sie möchte mehr über die Autorin des Buchs erfahren und den Ort finden, an dem Frauen in Frieden und Sicherheit leben können. Je näher sie diesem kommt, desto stärker verändert sich die Perspektive auf ihr eigenes Leben und die Männer darin – auf ihren Vater, ihren Geliebten Amar oder ihren Freund Paul. Ans Ziel selbst gelangt sie erst, als es ihr schließlich gelingt, wieder zu träumen und dadurch frei zu sein.
In ihrem Langfilmdebüt verwebt Isabel Herguera autobiografische Elemente mit dem Leben und Werk der muslimischen Feministin und Sozialreformerin Rokeya Hussain, die Anfang des 20. Jahrhunderts für die Gleichstellung der Geschlechter gekämpft und ein Mädchengymnasium in Kalkutta gegründet hat, das bis heute existiert. Entstanden ist dabei ein märchenhafter Film in spielerisch offener Erzählform, mit kunstvollen Animationen (Glossar: Zum Inhalt: Animationsfilm) und durch reale Personen inspirierte Figuren, wie etwa die Althistorikerin und Frauenrechtlerin Mary Beard. Nicht nur die drei Handlungsebenen des Films werden dabei mit verschiedenen Zum Inhalt: Animationstechniken und -stilen erzählt. Während der Haupterzählstrang um Inés aus handgezeichneten 2D-Animationen in Aquarellfarben besteht, ist die Darstellung des Ladylands in Zusammenarbeit mit Mehndi-Künstler/-innen und einem Frauenkollektiv aus Indien unter Verwendung der Henna-Tupftechnik entstanden. Die Biografie der Autorin Rokeya Hussain wiederum ist in Cut-Out-Technik in Anlehnung an das indische Schattentheater und Lotte Reinigers Scherenschnittfilme gestaltet. Auf diese Weise werden vergangene und jetzige Lebensrealitäten von Frauen mit ihren Zukunftsträumen fließend in Bezug zueinander gesetzt und die innere und äußere Reise der Protagonistin erlebbar gemacht.
Gibt es Orte und Beziehungen, an und in denen Frauen in Sicherheit leben können? Und wie werden Träume von einer besseren Welt Wirklichkeit? "Sultanas Traum" lädt in den Fächern Ethik, Lebenskunde, Geschichte oder auch Kunst allen voran zur Auseinandersetzung mit der Kritik am Patriachat ein, öffnet aber zugleich auch den Blick auf andere gegenwärtige Themen wie den Umgang mit Kriegen, die Folgen von Ressourcenausbeutung oder die Frage nach der Kunst als Freiheitsort. Letztere kann in Bezug auf die Lebenswelt der Protagonistin oder die stimmungsvollen Animationen erörtert werden. Ausgehend von "Sultanas Traum" kann die Brücke ins Heute geschlagen werden: Welche Elemente des Ladylands sehen junge Menschen bereits eingelöst und welche nicht? Wie blicken sie auf die Universalität, die der Film über Epochen und Länder hinweg aufmacht? Mit welchen Narrativen – die fern von weiblichen Opferrollen und dominanten Männerfiguren stehen – fühlen sie sich in Literatur und Film repräsentiert? Und wie würde ihr eigenes Ladyland aussehen? Dies kann nicht zuletzt auch in einem intertextuellen Vergleich zu Greta Gerwigs "Barbieland" erörtert werden.