Der Teenager Oscar und sein wenig älterer Bruder Roberto gehen nicht zur Schule, sondern schuften für ihren ruppigen Vater. Im trockenen Landesinneren von Sizilien (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) durchsucht das Trio Müllhalden nach Altmetall, das 14 Cent pro Kilo einbringt. Der Vater gibt schroffe Anweisungen, die Söhne schleppen den Schrott durch die Hitze, "sonst setzt's was". Anderswo auf Sizilien lebt der nigerianische Migrant Stanley in der Obhut eines Priesters. Im Gegenzug für die Unterbringung wischt er den Kirchenboden und arbeitet im Garten oder bei der Weinlese. In seinem Landsmann Blessed, der noch um eine Aufenthaltsgenehmigung bangt, hat der junge Mann einen Vertrauten. Der Sizilianer Oscar und der Geflüchtete Stanley wissen nichts voneinander, leben jedoch in ähnlichen Verhältnissen. Armut, fehlende Perspektiven und die gleichzeitige Hoffnung auf Besserung prägen beide Biografien, ebenso die Abwesenheit der Mütter. Als Stanley eine Schafherde hütet, treffen er und Oscar aufeinander – und verstehen sich wortlos.

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Regisseur Michele Pennetta inszeniert "Il mio corpo" in einer Hybridform, bei der dokumentarische Beobachtungen (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) und fiktive Elemente zusammenfließen. Der Kameramann Paolo Ferrari filmt aus der Hand über die Schultern der Protagonisten, rückt nah heran (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen), folgt den Bewegungen in teils langen Einstellungen und ästhetisiert die oft wortlosen Aufnahmen beispielsweise mit Schattenwürfen. Wo die Trennlinie zwischen gefilmter Realität und arrangierter Inszenierung verläuft, ist nicht eindeutig zu bestimmen. Als die parallel montierten Alltagsminiaturen (Glossar: Zum Inhalt: Montage) aus den Leben von Oscar und Stanley gegen Ende zusammenlaufen, gleitet der Film sichtbar in die Fiktion. Verbunden sind die Protagonisten durch ihre ähnlich prekären, von schwierigen Arbeitsbedingungen und der maroden Wirtschaft bestimmten Lebensläufe. Die selten im Film gesehene Hügellandschaft abseits der Küste Siziliens spiegelt die tristen Lebensverhältnisse mit ihrer Kargheit. Wenn zum Zum Inhalt: Abspann das Kirchenlied "Stabat mater" erklingt (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik), endet die formal ausgeklügelte Darstellung sizilianischer Lebenswirklichkeit mit einer hoffnungsvollen Note.

Die Hybridform zwischen Dokumentar- und Spielfilm bietet Anlass für eine medienkundliche Analyse im Deutschunterricht. Zuerst kann erörtert werden, welche Merkmale dokumentarische und fiktive Filme voneinander unterscheiden. Dabei sollte besprochen werden, dass auch dokumentarische Formen inszeniert sind, etwa durch die Wahl der Bildausschnitte (Glossar: Zum Inhalt: Bildkomposition) und die Montage des Rohmaterials. Bei "Il mio corpo" deuten Zum Inhalt: Schüsse und Gegenschüsse, die Oscar und Stanley über die Distanz gegenüberstellen, oder die Zum Inhalt: Plansequenz bei einer Fahrradfahrt die Konstruktion an. Ästhetische Entscheidungen wie das vornehmlich in Spielfilmen angewandte Zum Inhalt: Cinemascope-Format unterstreichen die Zwischenstellung, bis die Zusammenführung die Fiktionalisierung offenlegt. Besprechenswert ist auch der seltene Blick auf das sizilianische Hinterland, mit dem Pennetta ein "Gefühl vom Ende der Welt" vermitteln will. Tatsächlich spiegeln die öden Hügel, die wilden Müllhalden und Ruinen im dünn besiedelten Inselinneren die ärmlichen Lebensumstände der Menschen, was die Stimmung des Films maßgeblich prägt. Inhaltlich sind die zunächst parallelen Handlungsstränge durch die soziale Randstellung der Protagonisten verknüpft. Beide leben mutterlos in Armut, leisten körperliche Arbeit und träumen von einem besseren Leben. Bei Oscar kommt der Konflikt mit seinem lieblosen Vater hinzu.

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