Kategorie: Filmbesprechung + Arbeitsblatt
"1001 Nights Apart"
Dokumentarfilm über den zeitgenössischen Tanz im Iran vor und nach der "Islamischen Revolution"
Unterrichtsfächer
Thema
Seit der "Islamischen Revolution" 1979 ist Tanz im Iran eine Kunstform, die offiziell verboten ist. Eine ganze Generation von Tänzer/-innen verließ das Land, darunter Mitglieder der international renommierten Iranian National Ballet Company. Die neue Generation, die im Untergrund heranwächst, kennt damit ihre eigenen künstlerischen Wurzeln nicht. Sie bringen sich das Tanzen selbst bei und entwickeln dabei eine eigene moderne Ausdrucksform. Der Film "1001 Nights Apart" porträtiert ein junges Ensemble, das, inspiriert vom persischen Erzählmythos um Scheherazade, seine eigenen Geschichten von Angst, Sexualität und Glauben vor der Kamera präsentiert. Es ist ein Stoff, der bereits von der emigrierten Ballett-Generation behandelt wurde und so sucht die Regisseurin in einem zweiten Erzählstrang die Tänzer/-innen in der Diaspora auf. Der Versuch, beide Generationen für den Film zusammenzubringen, scheitert jedoch. Der Choreograf der ehemaligen Company glaubt, ihr "Tanzvokabular sei wohl zu verschieden", um sich verstehen zu können. Schließlich wird die Realisation einer gemeinsamen Inszenierung endgültig verhindert, weil fast alle Reise-Anträge des im Iran lebenden Ensembles abgelehnt werden.
Regisseurin Sarvnaz Alambeigi stellt im Film nicht nur die neuen und alten Inszenierungen mittels Archivaufnahmen gegenüber, sondern kommentiert auch aus dem Zum Inhalt: Off und versucht aktiv, die beiden Tanzgruppen zusammenzubringen. Tragendes Erzählelement sind die Proben des jungen, im Iran lebenden Ensembles. Je expressiver der Tanz wird, desto eindringlicher werden die Aufnahmen in Nahaufnahmen (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) filmisch umgesetzt, unterstützt durch den Ton (Glossar: Zum Inhalt: Tongestaltung/Sound Design) oder die Zum Inhalt: Montage. Ein Spannungsfeld ergibt sich dabei aus der kreativen Auseinandersetzung mit dem Scheherazade-Mythos: Stellt sich diese Märchenfigur einem fiktiven Despoten gegenüber, sind die Tänzer/-innen in ihrer Lebensrealität mit Zensur und Verfolgung durch das iranische Regim konfrontiert. Entsprechend fand die gesamte Filmproduktion unter erschwerten Bedingungen statt, was die formale Struktur des Films prägt. Ohne Genehmigungen wurde in Teheran gedreht, ein Großteil der Aufnahmen entstand im geheimen Tanzstudio (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) des Ensembles. Die im Iran lebenden Protagonisten/-innen gehen mit der Veröffentlichung des Films ein hohes Risiko ein. Dies zeugt von ihrem Willen, sich über Tanz mitzuteilen und wie weit sie bereit sind, dafür zu gehen.
Besonders im Politikunterricht bietet es sich an, auf die politische Situation von Künstler/-innen in autoritären Staaten einzugehen. Vor allem im Kontext der aktuellen Verhaftungen iranischer Regisseure wie Jafar Panahi (Zum Filmarchiv: ""Taxi Teheran" ", 2015) oder Mohammad Rasoulof ("Doch das Böse gibt es nicht" , 2020) kann das Thema der Freiheit von Kunst, Meinung und Wissenschaft als zentrales Thema besprochen werden. Die Reise-Situation der Ensemble-Mitglieder ist ein weiterer Diskussionspunkt. Inwiefern die Zensur und Repression künstlerische Formen wie Film und Tanz prägt und verändert, sollte thematisiert werden. Außerdem können der Scheherazade-Mythos und seine Anknüpfungspunkte mit dem Film untersucht werden. Im Theaterunterricht bietet sich zum einen ein Vergleich des traditionellen Balletts mit modernem Tanztheater an. Zum anderen können sich die Schüler/-innen auch vom Scheherazade-Mythos und den iranischen Tänzern/-innen inspirieren lassen, um eigene Geschichten ohne Sprache und nur durch performativen Ausdruck zu erzählen.