Als im Spätsommer 2020 in Belarus hunderttausende Bürger/-innen nach der mutmaßlich gefälschten Präsidentschaftswahl gegen den seit 27 Jahren herrschenden Staatschef Alexander Lukaschenko protestieren, schließen sich die Theaterschauspieler/-innen Maryna, Pavel und Denis den friedlichen Demonstrationen in Minsk an. Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm des Exil-Belarussen Aliaksei Paluyan begleitet sie Zum Inhalt: auf der Straße, zu Theaterproben und in ihre Wohnungen. Schon vor 15 Jahren hat das Trio das Staatstheater Minsk verlassen und sich dem neu gegründeten Belarus Free Theatre angeschlossen. Doch vor drei Jahren hat Denis der Bühne den Rücken gekehrt und arbeitet als Automechaniker, um seine Familie zu schützen. Während der Dreharbeiten proben Maryna und Pavel ein zwölf Jahre altes Stück über Oppositionelle, die von Handlangern des Regimes verschleppt und ermordet werden. Am Ende des Films wird ein Ausschnitt der Aufführung gezeigt, das auf tatsächlichen Ereignissen im Jahr 1999 beruht.

Der 1989 in Belarus geborene Filmemacher Aliaksei Paluyan kam 2012 nach Kassel, um an der Kunsthochschule Film- und Fernsehregie zu studieren, und blieb in Deutschland. Für seinen ersten Langfilm mischten er und die Kameraleute sich unter Lebensgefahr unter die Demonstrant/-innen: Bei der brutalen Niederschlagung der Proteste wurden mehrere Regimegegner/-innen getötet und Unzählige verhaftet. Mit sichtlicher Empathie hält "Courage" die Zivilcourage vieler Menschen fest, die beispielsweise vor dem berüchtigten Gefängnis Okrestina auf Auskunft über vermisste Angehörige warten und so ein Zeichen setzen. Während eine Zum Inhalt: agile Handkamera die bedrohliche Atmosphäre auf Straßen und Plätzen einfängt, bleibt die Kamera im Theater und in der Privatsphäre eher statisch. Der Film, der den oppositionellen Opfern des Regimes gewidmet ist, thematisiert dabei die zwiespältige Nutzung von Bewegtbildern: Während viele Demonstrant/-innen mit Handys Festnahmen und Übergriffe der vermummten Sicherheitskräfte festhalten, filmen diese wiederum die Protestierenden für eine mögliche spätere Strafverfolgung. Eingerahmt wird COURAGE von undatierten körnigen Archivaufnahmen von Menschenketten und Protesten gegen das Regime in früheren Jahrzehnten – und weist so auf die Ausdauer der belarussischen Demokratiebewegung und ihres bislang vergeblichen Freiheitskampfs hin.

Wenn Sie diesen Drittanbieter-Inhalt von www.youtube.com aktivieren, ermöglichen Sie dem betreffenden Anbieter, Ihre Nutzungsdaten zu erheben. Weitere Informationen zur Nutzung von Drittanbieter-Inhalten erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Externer Link: Datenschutzerklärung anzeigen

Die drei Protagonist/-innen des Films nehmen für ihr politisches Engagement erhebliche Repressalien in Kauf: Denis berichtet, dass er auf einer Schwarzen Liste steht und keine Aufträge mehr für Film und Fernsehen bekommt. Auf der Berlinale berichtete der Regisseur, dass das Trio nach dem Dreh ins Exil nach Kiew floh. Im Fach Politik können die Schüler/-innen erörtern, welche Möglichkeiten die Opposition hat, um demokratische Reformen herbeizuführen. Im Fach Ethik bietet sich eine Diskussion über die Frage an, welche Opfer man für seine Überzeugungen zu bringen bereit ist. Der Regisseur lässt politische Sympathien für die Demonstranten erkennen und wollte, wie er im Presseheft schreibt, „zeigen, wie gefährlich es ist, in einem autoritären System freie Kunst zu schaffen". Gerade der häufige Einsatz von Smartphones im Film zeigt, dass es im digitalen Zeitalter möglich ist, Missstände zu dokumentieren. Daran schließt sich im Unterricht die Frage an: Welche Gefahren gehen damit einher?
Die Arbeit des regimekritischen Belarus Free Theatre bietet Ansatzpunkte, um im Deutschunterricht Vergleiche zu früheren Formen des politischen Theaters zu ziehen. Wo liegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Theater von Erwin Piscator und Brechts Epischem Theater oder zum Dokumentartheater der 1960er-Jahre?

Der Text ist lizenziert nach der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 3.0 Germany License.

Mehr zum Thema