Im August 2018 beginnt Greta Thunberg mit ihrer Schulstreikaktion für das Klima vor dem Parlament in Stockholm. Regisseur (Glossar: Zum Inhalt: Regie) Nathan Grossmann ist von Anfang an mit der Kamera dabei, weil er rechtzeitig durch einen Freund von dem Vorhaben der 15-Jährigen erfahren hat. Fortan verfolgt er den Aufstieg der jungen Schwedin mit dem Asperger-Syndrom zur Ikone der Klimaschutzbewegung. Mit ihrer Einzelaktion motiviert sie weltweit Millionen Schülerinnen und Schüler ihrem Beispiel zu folgen und unter dem Motto "Fridays for Future" für das Klima zu demonstrieren. Grossman begleitet die Aktivistin und ihren Vater Svante über ein Jahr zu zahlreichen Klima-Konferenzen und auch bei der Aufsehen erregenden Atlantik-Überfahrt auf einer Renn-Yacht nach New York, wo sie im September 2019 auf dem UN-Klimagipfel mit ihrer "How dare you!"-Rede den Mächtigen der Welt ins Gewissen redet. Familienvideos geben zudem Einblicke ins Privatleben der jungen Aktivistin. So sieht man Greta als Kleinkind, im Reitstall, tanzend im Schlafanzug oder wie sie an ihre Person gerichtete, auf Social-Media-Kanälen gepostete Hassbotschaften vorliest und kommentiert.

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"Ich bin Greta" beginnt und endet mit Aufnahmen von der Segelfahrt nach New York, die den Porträtfilm einrahmen. Der Schlussteil enthält eine besonders eindringliche Zum Inhalt: Sequenz, in der Greta bekennt, wie stark der unfreiwillige Ruhm sie belastet: "Es ist eine so große Verantwortung. Es ist zu viel für mich." Gerade mithilfe der Impressionen aus dem Familienleben stilisiert die Regie Greta als ganz normales Mädchen mit typischem Teenagerverhalten. Der Filmtitel erweckt den irreführenden Eindruck, als ob Greta Thunberg sich selbst porträtieren würde. Sie gewährt dem Publikum zwar oft aus dem Zum Inhalt: Off Einblicke in ihre Gedanken und wird somit gleichsam auch zur Erzählerin (Glossar: Zum Inhalt: Voiceover), es ist aber Grossman, der die Zitate auswählt und montiert (Glossar: Zum Inhalt: Montage). Er baute früh ein freundschaftliches Verhältnis zu Gretas Familie auf, was teilweise den Mangel an kritischer Distanz erklärt – beispielsweise, wenn die Behauptung von Gretas Vater unwidersprochen stehen bleibt: "Sie kennt sich mit dem Klima besser aus als 97 Prozent aller Politiker der Welt." Auch sonst fehlen – abgesehen von den TV-Ausschnitten – kritische Stimmen etwa zu Gretas Sendungsbewusstsein und Radikalität.

Im Fach Sozialkunde bietet der Film Ansatzpunkte für eine Diskussion über die wachsende Rolle moderner Kommunikationsmittel bei der Entstehung neuer Massenbewegungen. Wie konnte ein 15-jähriges Mädchen in so kurzer Zeit zum Vorbild zahlloser Schüler/-innen und Super-Influencerin der Klimaschutzbewegung aufsteigen? In Arbeitsgruppen können die Jugendlichen sich über eigene Erfahrungen mit den "Fridays for Future"-Kundgebungen austauschen. Haben sie daran teilgenommen und wenn ja, warum? Hat sich die Teilnahme gelohnt? Und werden die Klima-Demonstrationen nach dem Ende der Corona-Pandemie weitergehen? Der Film zeigt, dass guter Wille und Hartnäckigkeit nicht genügen, um dauerhafte Verhaltensänderungen auszulösen. In dieser Hinsicht liefert er Anstöße, um im Fach Politik zu erörtern, wieso Mechanismen politischer Entscheidungen so komplex sein können. Greta spricht im Film früh ihr Asperger-Syndrom an. Im Ethik-Unterricht lässt sich diskutieren, inwieweit ihr Asperger-Syndrom die Emotionalität ihrer Forderungen bedingt, die in ihrem berühmten Vorwurf "How dare you!" an die Politik kulminieren. Im Fach Kunst liegt es dagegen nahe, das Spannungsfeld zwischen Offenheit und Persönlichkeitsschutz einer Minderjährigen in dokumentarischen Porträts (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) zu analysieren

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