Eine Zum Inhalt: deutsche Kleinstadt während des Zweiten Weltkriegs: Der zehnjährige Johannes Betzler, genannt Jojo, ist ein glühender kleiner Nazi. Von Kindesbeinen an mit der Hassideologie der Nationalsozialisten indoktriniert, kann er es kaum erwarten, endlich der Hitlerjugend beizutreten. Seine Hoffnungen werden allerdings enttäuscht. Als er es im HJ-Lager nicht übers Herz bringt, einen Hasen zu töten, hat er seinen Spitznamen weg – "Jojo Hasenfuß". Zum Glück hat er seinen imaginären Freund Adolf, der Adolf Hitler zum Verwechseln ähnlich sieht und ihn immer wieder ermutigt, auf dem Weg zum perfekten Nationalsozialisten nicht aufzugeben. Trost findet Jojo auch bei seiner liebevollen Mutter Rosie, die alleine für ihn sorgt, während sein Vater weit weg von zuhause als Soldat kämpft. Allerdings scheint Rosie die Nationalsozialisten nicht sonderlich zu mögen. Ist sie gar im Widerstand gegen das Regime aktiv? Jojos Gewissheiten werden endgültig erschüttert, als er auf dem Dachboden das jüdische Mädchen Elsa entdeckt, das die Mutter dort versteckt hält. Sie ist keineswegs bösartig und hinterhältig, wie es die NS-Propaganda von den Juden behauptet, sondern eigentlich sehr nett. Doch um Elsa, seine Mutter und, wie er schnell begreift, sogar sich selbst vor der Verfolgung durch die Gestapo zu schützen, müsste er seine Ideale verraten.

"Jojo Rabbit" ist eine schwarzhumorige Satire auf den nationalsozialsozialistischen Führerkult und Untertanengeist, die das reale Grauen in ungewohnt Zum Inhalt: bunte Bilder fasst – und doch die schreckliche Wahrheit nicht beschönigt. Mit Jojos Kinderaugen blickt Regisseur Taika Waititi auf eine Welt, in der die Erziehung zu blinder Selbstaufgabe, Hass und Gewalt die Normalität bildet. Mit groteskem Witz verdeutlicht der Film zunächst die Absurdität dieses Systems, wenn etwa im HJ-Camp antisemitische Hetze und Bücherverbrennung "zum Spaß" eingeübt werden und die jugendliche Begeisterung in Zum Inhalt: Zeitlupe und mit deutschsprachigen Versionen von Zum Inhalt: Bowie- oder Beatles-Hits – ein bewusster Anachronismus – illustriert werden. Jojos Fantasie-Hitler dient ihm als Vaterfigur und versinnbildlicht seinen traumhaften Zugang zur Alltagsleben im Krieg, der mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Mit den Figuren der Mutter und Elsas rückt schließlich die Perspektive der Opfer in den Vordergrund. Die fröhlichen Farben werden düsterer, die Komödie entwickelt sich zum Drama. Wie der verunsicherte Jojo wird auch das Publikum angehalten, die Trugmacht falscher Bilder zu durchschauen und den Wert von Menschlichkeit zu erkennen. Gerade in verrohten Zeiten ist sie nicht Schwäche, sondern Stärke.

Jojo Rabbit, Trailer (© Twentieth Century Fox)

Gedankenloser Tabubruch oder innovative Geschichtsvermittlung? Bei seinem provokanten Experiment kann sich der Neuseeländer Waitiki auf berühmte Vorbilder berufen. Schon Charlie Chaplin (Zum Filmarchiv: "Der große Diktator", 1940), Ernst Lubitsch (Zum Filmarchiv: "Sein oder Nichtsein", 1942) oder Mel Brooks ("Frühling für Hitler" , 1967) waren der Meinung, dass man über Hitler lachen dürfe. Mit seiner gespielt naiven Kinderperspektive, die in Wahrheit ein großes Vorwissen voraussetzt, geht der Neuseeländer allerdings noch einen Schritt weiter und versucht damit gezielt ein junges Publikum zu erreichen. Im Geschichts- oder Politikunterricht können die Gefahren und Chancen dieses Ansatzes erörtert werden. Dazu gilt es, hinter die Fassade des schwarzen Humors zu blicken und die attackierten Denkmuster herauszuarbeiten. Der blinde Hass auf Juden, die Erziehung begeisterungswilliger Jugendlicher zu kriegstauglicher Grausamkeit und der allgegenwärtige Aufruf zur Denunziation gehören dazu ebenso wie die Idealisierung eines scheinbar gütigen Hitlers, der nicht nur kleinen Jungen als Heilsfigur diente. Anhand seines Titelhelden stellt der mehrfach ausgezeichnete Film die stets virulente Frage, wie man selbst sich in einer ähnlichen Situation verhalten würde.

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