Bis zu seiner Kopfverletzung bei einem Sturz war Brady ein angehender Star im Rodeozirkus von South Dakota, USA. Durch den Unfall verliert er seinen Lebensinhalt: Die Ärztin verbietet ihm, noch einmal auf ein Pferd zu steigen. Unfähig, die neue Situation zu akzeptieren, hält er an seinem gefährlichen Traum fest: Lieber will er im Sattel sterben, als noch länger im Supermarkt zu arbeiten. Weder der gute Rat seiner Schwester noch das Schicksal seines Freundes Lane, der seit einem Rodeounfall im Rollstuhl sitzt, können ihn davon abhalten. Doch alle Versuche, sich wenigstens als Pferde- oder Reittrainer zu etablieren, scheitern an Bradys labiler Gesundheit. Der Cowboy, der kaum mehr seinen Hut aufsetzen kann, muss seinen Platz im Leben neu bestimmen.

Die stille Charakterstudie beeindruckt zunächst durch ihre atmosphärische Bildgestaltung. Vorrangig in den Abendstunden ohne Zum Inhalt: künstliches Licht gedreht, oszilliert der Film zwischen Realität und Traum – eine Stimmung, die den inneren Konflikt des Helden spiegelt. Die große Besonderheit liegt allerdings in der Besetzung: Sämtliche Hauptfiguren werden von Laiendarstellern/-innen aus dem Zum Inhalt: Reservat für Native Americans Pine Ridges gespielt, deren persönliche Geschichten zudem als Vorlage dienten. Brady Jandreau, ein tatsächlich vom Pferd gestürzter Rodeoreiter, sein Vater Tim und die kleine Schwester Lilly, die am Asperger-Syndrom leidet, spielen mehr oder weniger sich selbst. Auch darum gelingt eine besonders authentische Darstellung des Lebens im Reservat. Die Protagonisten/-innen sind Native Americans an der Schnittstelle zwischen eigener Kultur und dem American Way of Life. Das Rodeo bildet das verbindende Element beider Kulturen.

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Die Biografie der Regisseurin erklärt vielleicht den besonderen Blick auf interkulturelle ("hybride") Zusammenhänge: Die 1982 geborene Chloé Zhao stammt aus Peking und hat in New York studiert. Bereits ihr Filmdebüt ("Songs My Brothers Taught Me" , 2015) drehte sie in South Dakota, wo sie auch die Hauptdarsteller/-innen ihres aktuellen Films kennenlernte. Die Geschichte der amerikanischen Reservate bietet sich für den Geschichts- und Sozialkundeunterricht an: Im Sioux-Reservat Pine Ridges fand 1890 das Massaker von Wounded Knee statt, das als ein Schlusspunkt der Vernichtung der indigenen Urbevölkerung gilt. Heute verzeichnet die Gegend die bei weitem höchste Arbeitslosenrate und die niedrigste Lebenserwartung der USA – der nie erläuterte und doch jederzeit sichtbare Hintergrund des Films. In direktem Bezug zum Film können im Sprach- und Ethik-Unterricht zudem die mit dem mythischen Bild des Cowboys und dem Rodeo verbundenen Identitätsfragen und Männlichkeitsbilder erörtert werden. Das Leben mit Behinderung und die schwierige Neuorientierung nach Unfällen und Schicksalsschlägen sind weitere Themen.

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