Wenn Jan "Monchi" Gorkow auf der Bühne steht, verschwitzt und ohne Hemd, steht er für sich und seine Überzeugungen ein. Der Sänger von "Feine Sahne Fischfilet" ist dabei so nahbar für seine Fans wie er angreifbar für seine Kritiker ist. Beide sind vielfältig, denn die Punkband sorgt seit über einem Jahrzehnt für Aufruhr. Sogar der Verfassungsschutz oberserviert Gorkow jahrelang, seine Texte kritisieren nicht nur Neonazis, sondern auch die Polizei aufs Schärfste. Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm "Wildes Herz" zeichnet Kindheit und Jugend des Sängers nach, seine Zeit als gewaltbereiter Ultra von Hansa Rostock, aber auch die musikalischen Erfolge mit "Feine Sahne Fischfilet". Besonderer Fokus liegt dabei auf deren Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit: Im Vorfeld der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern organisieren sie 2016 eine Benefiz-Konzerttour mit Musikern wie Marteria und Campino, die der Film eng begleitet.

Auf ehrliche und direkte Weise nähert sich der Film seinem Protagonisten an. Im offenen Zum Inhalt: Interview, Backstage mit Freunden oder im Zuhörerkreis vor der Bühne – "Wildes Herz" lässt sich mitreißen von Gorkows Energie und Streitbarkeit. So opfert der Film selbst manches Mal Kompromisse zugunsten absoluter Positionen. Er ist gleichzeitig schwärmerischer Musikfilm wie politische Dokumentation, Bandbiografie und Schlaglicht auf ein Bundesland, in dem die AfD bei der jüngsten Landtagswahl 21 Prozent der Stimmen erhielt. In diesem Diskursraum der filmischen Zum Inhalt: Genres bleibt eine kritische Einordnung der Band und ihrer Mitglieder zwar nicht unbeachtet, aber wenig beleuchtet. So ruft die Band etwa in ihren Liedern indirekt zur Gewalt auf, auch wenn Frontmann „Monchi“ selbst nicht mehr gewalttätig ist. Was jedoch die emotionale Vermittlung von politischem Engagement betrifft, zieht der Film großen Nutzen aus dem gleichberechtigten Nebeneinander verschiedener filmischer Blickwinkel. Er lässt spüren, was es bedeutet, sich gegen Fremdenhass "gerade zu machen", wie Gorkow sagt.

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Jene emotionale Vermittlung von teils ambivalenten Positionen des Sängers, macht den Film für eine Diskussion im Schulunterricht interessant. Eine distanzlose Kamera, eindrückliche Zum Inhalt: Konzertszenen oder VHS-Material aus Gorkows Kindheit bauen eine überlebensgroße Filmfigur, die es zu entschlüsseln gilt. Spielerisch thematisiert Gorkow dabei die feine Grenze zwischen linksextremen Positionen und gesellschaftlichem Engagement, was sich als (film-)rhetorisches Mittel im Politik- und Deutschunterricht diskutieren lässt. Die Geschichte der sechs mecklenburgischen Jugendlichen, die in nationalistischem Umfeld zur Punkmusik als Ausdruck ihrer Persönlichkeit finden, kann dabei aus musikgeschichtlicher wie ethischer Perspektive genauer betrachtet werden.

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