Kategorie: Filmbesprechung
"Body"
Cialo
Vater-Tochter-Tragikomödie mit übersinnlichen Elementen und fragwürdigen Körperbildern
Unterrichtsfächer
Thema
Mit bürokratischer Teilnahmslosigkeit absolviert Janusz seine Arbeit als Tatortermittler in Warschau – selbst härtere Todesfälle und Gewaltverbrechen scheinen ihn nicht aus dem Konzept zu bringen. Dafür ist er als alleinerziehender Vater seiner anorektischen Teenager-Tochter Olga, die noch immer mit dem Tod der Mutter kämpft, umso hilfloser. In einer Klinik für Essstörungen kommen beide in Kontakt mit der geradezu unheimlich sanften Psychologin Anna, die seit dem Verlust ihres Babys auch als Spiritistin tätig ist. In Olga wird die leise Hoffnung auf eine „Wiederbegegnung“ mit der Mutter geweckt. Und auch Janusz, eigentlich ein großer Skeptiker, wartet schon bald auf ein Zeichen aus dem Jenseits.
"Body" vermischt Drama und Komödie, Krankheits- und Geistergeschichte. Auf den ersten Blick sieht der Film nach einem sozialrealistischen Drama aus: ein Vater-Tochter-Konflikt, dazu fahle Aufnahmen von Betonsiedlungen, dunkle, enge Wohnungen, die Fenster mit Vorhängen behangen. In den Therapiesitzungen aber kontrastiert Szumowska das visuelle Vokabular der Leblosigkeit mit Aufnahmen in gleißendem Licht (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung): der Raum erscheint wie der "White Cube" einer Gallerie, die anorektischen Mädchen in Annas Gruppe wirken nahezu durchlässig, geisterhaft. Auf ähnliche Weise kippt der Film vom Drama in die Komödie, wobei er beide Zum Inhalt: Genres stets in der Schwebe belässt: Lachen und Weinen liegen ebenso nah beieinander wie Rationalität und spiritistischer Glaube.
Bereits im Titel weist die polnische Regisseurin Małgorzata Szumowska auf die verschiedenen Körperbilder im Film hin: zum einen die versehrten, leblosen Körper, mit denen Janusz alltäglich zu tun hat, zum anderen der fragile Körper Olgas, in den Essen hineingestopft und wieder herausgewürgt wird. Der Körper ist in "Body" Ausdrucksmittel von Einsamkeit, Abschottung und Angst. Im Ethik- und Religionsunterricht können diese Körperbilder als Diskussionsgrundlage dienen und in Bezug auf die abwesenden Körper Verstorbener zu einer Auseinandersetzung mit den Themen Esoterik, Spiritismus und Trauerbewältigung führen. Der Handlungsstrang von Olga eignet sich im Fach Psychologie auch als Fallstudie für das Thema Essstörung. Anhand ihrer Figur lässt sich untersuchen, auf welche Weise Menschen Verlusterfahrungen körperlich verarbeiten. Davon ausgehend kann in künstlerischen Fächern analysiert werden, wie die Regisseurin Körperlichkeit (und damit verbunden: Essen) inszeniert. Beispielhaft sind etwa die wiederholten frontalen Close-ups (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) von Nahrungsmitteln und die Erzeugung bzw. Akzentuierung unterschiedlicher Körperbilder durch die kontrastreiche Raum- und Lichtgestaltung. Während sich in den Therapieszenen die Körper in Transparenz aufzulösen scheinen, werden in den lichtarmen Innenräumen ihre Schwere und Versehrteit betont.