Kategorie: Filmbesprechung
"Dracula"
Dracula
Bela Lugosi als Vampir in der klassischen Hollywood-Verfilmung von Bram Stokers Roman
Unterrichtsfächer
Thema
Die Warnungen der Einheimischen können Renfield nicht schrecken. Ein lukratives Geschäft hat den schneidigen Anwalt aus London in die fernen Karpaten gelockt – in die Heimat des Grafen Dracula, der den Kauf eines Anwesens in England besiegeln will. Dass der Graf ein Vampir sei, der tags in einem Sarg schlafe, um sich nachts vom Blut der Menschen zu nähren – törichter Aberglaube! Mulmig wird Renfield dennoch, als über der Kutsche, die ihn zum mitternächtlichen Termin in Draculas Schloss fährt, plötzlich eine riesige Fledermaus flattert. Und dann erst das finstere, von Spinnenweben durchzogene Gemäuer! Doch als der junge Mann empfangen wird, hellt sich seine Miene sofort auf. Denn vor ihm steht, im Smoking mit Umhang, ein eleganter Gentleman.
Der Vampir als Verführer
Auch dem Publikum von 1931 war sicherlich klar, dass Renfield besser auf die transsilvanischen Bauern gehört hätte – dass sich sein Gastgeber tatsächlich als blutdürstiger Vampir entpuppen würde: "Dracula" galt aufgrund des Erfolgs von Bram Stokers Schauerroman (1897) bereits damals als Synonym für "Vampir". Aufregend neu an Tod Brownings Zum Inhalt: Horrorfilm war allerdings, dass er dem Unhold eine verführerische Gestalt verlieh: Bela Lugosis Auftritt als aristokratischer Blutsauger mit ungarischem Akzent erwies sich als Sensation und prägte den Kinovampir auf Jahrzehnte. Im Zum externen Inhalt: Universal (öffnet im neuen Tab)-Studio neben Boris Karloff, dem Monsterdarsteller aus "Frankenstein"
(James Whale, USA 1931), neuer Topstar im Horror- Zum Inhalt: Genre, blieb Lugosi fortan auf sinistre Nachtgestalten festgelegt – einer der berühmtesten Zum externen Inhalt: Typecasting (öffnet im neuen Tab)-Fälle Hollywoods.
"Dracula"
, ein früher Tonfilm, war nicht die erste Verfilmung (Glossar: Zum Inhalt: Adaption) des Romans: Schon Friedrich W. Murnau hatte ihn mit Zum Filmarchiv: "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauen" (DE 1922) frei adaptiert. Allerdings war der Zum Inhalt: Stummfilm-Klassiker zu seinem Kinostart ein finanzieller Flop, und da er ohne rechtliche Befugnis gedreht worden war, fand er infolge eines Plagiatsprozesses bald auch nur noch sehr eingeschränkt Verbreitung. Universal besaß zwar die Rechte am Dracula-Stoff, entschied jedoch aus Kostengründen, den Film an der stark vereinfachten Broadway-Fassung auszurichten. So ist "Dracula "
ein interessantes Beispiel für die effiziente Produktions- und Erzählweise der Studioära (Glossar: Zum Inhalt: Studiosystem): Die wenigen teuren Bauten (Glossar: Zum Inhalt: Production Design/Ausstattung), das Schloss und die Gruft, dienten noch jahrelang als Kulissen. Die Bilder der Demeter, die Dracula mit dem ihm nun treu ergebenen Renfield bei stürmischer See nach England transportiert, recyceln Aufnahmen eines älteren Films. Und die Ankunft des Geisterschiffs im Hafen visualisiert eine einzige starre Zum Inhalt: Einstellung, die als Signatur des am Zum Inhalt: expressionistischen Kino geschulten deutschen Kameramanns Karl Freund (Zum Filmarchiv: "Metropolis", Fritz Lang, DE 1927) gelten kann: Ein Poller, auf dem der Schattenriss des toten Kapitäns liegt.
Dezente Erotik
Was folgt, erzählt der Film in knapp 50 Minuten: In London wirft Dracula ein Auge auf Mina, die Tochter seines Nachbarn, des Nervenarztes Dr. Sewald. Dank seiner vornehmen Erscheinung erweckt er erst keinen Verdacht. Doch als nach dem rätselhaften Tod ihrer Freundin Lucy auch Mina beunruhigende Symptome zeigt, zieht Sewald den Kollegen Dr. van Helsing zu rate, der dem spiegelbildlosen Vampir auf die Schliche kommt. Die Erotik des Stoffs fängt Dracula, obwohl noch ein Pre-Code-Film (Glossar: Zum Inhalt: Production Code/Hays Code), recht dezent ein – wobei der Vampir und seine Opfer sichtbar den Schönheitsidealen der früher 1930er entsprechen. Auch Grusel und Grausamkeiten halten sich nach heutigen Maßstäben in Grenzen: Blut, Bisswunden oder Reißzähne tauchen nie im Bild auf. Insofern ist es auch nicht allzu makaber, dass Lugosi als Untoter außerhalb des Kinos nicht nur im Song der Dark-Wave-Band Bauhaus (Bela Lugosi’s Dead) fortlebt, sondern ebenso als Vorbild des beliebten Graf Zahl aus der "Sesamstraße" .