Die 14-jährige Christiane hat die Nase voll: Von der Eintönigkeit der grauen Westberliner Hochhaussiedlung, in der es in allen Ecken nach Urin stinkt. Vom Zusammenwohnen mit ihrer alleinerziehenden Mutter, die keine Zeit für sie hat, weil sie den ganzen Tag arbeitet und die Abende mit ihrem neuen Freund verbringt. Christiane will wie so viele Jugendliche etwas erleben. Und sie steht auf die Musik von David Bowie. In der Diskothek Sound läuft ihr Detlev über den Weg. Sie verliebt sich in den sensiblen Jungen, der wie seine Freunde alle möglichen Drogen konsumiert. Christiane ist anfangs vorsichtig, nach einem Bowie-Konzert schnupft sie dennoch erstmals Heroin. Obwohl das Rauschgift Detlev und seine Clique inzwischen fest im Griff hat und sie ihre Sucht durch Prostitution am Bahnhof Zoo finanzieren, glaubt Christiane immer noch, alles unter Kontrolle zu haben. Doch es dauert nicht lange, bis auch sie süchtig wird und ins Drogenmilieu abrutscht. Schließlich sieht sie sich gezwungen, selbst ihren Körper für Drogen zu verkaufen. Und während um sie herum Freunde und Freundinnen sterben, jagt Christiane immer verzweifelter dem nächsten Schuss Heroin hinterher.

Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Trailer (© EuroVideo Medien GmbH)

Veränderte Zeiten, ähnliche Wirkung

Ulrich Edel hat die wahren Erlebnisse von Christiane F. nach dem 1978 erschienenen Bestseller von Kai Hermann und Horst Rieck vor 40 Jahren verfilmt. Der Anti-Drogen-Film, der das damalige "Lebensgefühl einer Jugend" einfangen wollte, war in Westdeutschland die erfolgreichste Kinoproduktion des Jahres 1981. Auch heute hat der Film nichts von seiner emotionalen Wirkung verloren – obwohl sich Berlin und die Drogenszene rund um den Bahnhof Zoo stark gewandelt haben. Eindringlich fangen die dokumentarisch (Glossar: Zum Inhalt: Dokumentarfilm) anmutenden Bilder die triste Atmosphäre des Schauplatzes (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) ein. Zu verdanken ist die anhaltend starke Wucht des Films vor allem aber der jungen, zerbrechlich und zugleich mutig und selbstbewusst wirkenden Hauptdarstellerin Natja Brunckhorst. Sie war zu Beginn der Dreharbeiten noch nicht einmal 14 Jahre alt – und wurde vom riesigen Erfolg des Films geradezu überrollt. Gleich in der ersten Zum Inhalt: Einstellung spricht sie die Zuschauenden in einer langen starren und unterbelichteten (Glossar: Zum Inhalt: Licht und Lichtgestaltung) Großaufnahme (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen) direkt an: Die Geschichte wird ganz aus ihrer Perspektive beziehungsweise der von Christiane erzählt.

Ein berührendes Einzelschicksal unter vielen

Durch die Konzentration auf die Hauptfigur wird das Publikum quasi hautnah mit einem anrührenden Einzelschicksal konfrontiert, das Identifikation und Mitgefühl ermöglicht. Bevor Christiane selbst zu Drogen greift und sich prostituiert, ist sie längst uneingeschränkte Sympathieträgerin. Dagegen bleiben die jugendlichen Nebenfiguren mit Ausnahme von Detlev, mit dem sie sogar einen harten Drogenentzug versucht, allerdings eher eindimensional und tauchen nur auf, um die Handlung voranzutreiben. Die erwachsenen Bezugspersonen spielen kaum eine Rolle, nicht einmal Christianes Mutter, die lange nichts von der Drogenabhängigkeit ihrer Tochter mitbekommt.

Rezeption des Films vor 40 Jahren

Der von der FSK ab 16 Jahren freigegebene Film sorgte für reichlich Zündstoff in der Öffentlichkeit – nicht zuletzt aufgrund der expliziten Darstellung des Drogenelends. Einige warfen ihm vor, er sei zu spekulativ und voyeuristisch, heroisiere die Hauptfigur und animiere dazu, selbst Drogen auszuprobieren – mit Traubenzucker gefüllte Injektionsspritzen kamen gar in den Handel (Der Spiegel 21/1981). Festzuhalten bleibt, dass er der damaligen Generation zur prägenden filmischen Erinnerung wurde und eine längst überfällige öffentliche Diskussion in Gang brachte, die den Fokus auch auf die Schicksale von sich selbst überlassenen Heranwachsenden setzte.

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