Mai 1945. Der Krieg ist vorbei. Für elf junge Deutsche liegt der Frieden jedoch in ferner ungesicherter Zukunft. Als letztes Aufgebot des NS-Regimes wurden die Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren für den "Volkssturm" rekrutiert. Nun sollen sie als Kriegsgefangene an der dänischen Nordseeküste Zehntausende deutscher Landminen räumen – mit bloßen Händen, nur flüchtig angelernt und ohne ausreichende Verpflegung. Ein Himmelfahrtskommando, das von dem dänischen Feldwebel Carl Rasmussen, ein vom Hass auf die ehemaligen Besatzer erfüllter Mann, unerbittlich vorangetrieben wird. Doch als einer der Jungen bei einer missglückten Minenentschärfung stirbt, erwachen in Rasmussen Zweifel an seinem Auftrag. Und je länger er die Not der Gefangenen miterlebt, desto mehr weicht seine Feindseligkeit der Erkenntnis, dass er es fast noch mit Kindern zu tun hat, die selbst Opfer des Krieges geworden sind. Da ist etwa Helmut, der Älteste, der den Zukunftsplänen seiner Kameraden mit Zynismus begegnet. Der naive Wilhelm, der davon träumt, Handwerker zu werden, und dem eine Explosion beide Arme abreißt. Die unzertrennlichen Zwillinge Ernst und Werner. Oder der aufgeweckte Sebastian, der versucht, eine Nähe zum harschen Feldwebel herzustellen.

Unter dem Sand, Szene (© Koch Media)

Auseinandersetzung mit einem Tabu

Mit "Unter dem Sand" greift der dänische Regisseur Martin Zandvliet ein Kapitel des Zweiten Weltkriegs auf, das im Kino bislang unbeachtet geblieben ist: Nach Kriegsende wurden auf Vorschlag der britischen Armee rund 2.000 deutsche Kriegsgefangene herangezogen, um die mehr als zwei Millionen Landminen zu bergen, die die Wehrmacht in Dänemark während der fünfjährigen Besatzungszeit an der Westküste vergraben hatte – die Deutschen hatten dort die alliierte Invasion erwartet. Viele der oft minderjährigen Minenräumer kamen seinerzeit ums Leben oder wurden verstümmelt. Historiker gehen von insgesamt mindestens 150 Todesfällen aus. In Dänemark, so Regisseur Zandvliet, seien dieser Einsatz von Kriegsgefangenen und damit auch der Verstoß gegen die Genfer Konvention immer noch ein Tabu, das er mit seinem Film aufzubrechen hoffe.

Dass der Film versucht, einen veränderten Blick auf die Vergangenheit anzuregen, offenbart sich nicht erst in den Text- Zum Inhalt: Inserts, die zu Beginn des Abspanns über den historischen Hintergrund aufklären, sondern bereits in der – als klassische Läuterungsgeschichte angelegten – Filmerzählung: So zeigt die erste Szene Rasmussen, der, als er in einer Marschkolonne einen deutschen Kriegsgefangenen mit dänischer Flagge entdeckt, den Mann brutal zusammenschlägt. Im Verlauf des Films wandelt sich der scheinbar erbarmungslose Feldwebel dann zu einem zunehmend mitfühlenden Charakter, der den jugendlichen Minenräumern schließlich sogar mit beinahe väterlicher Fürsorge begegnet. Vor allem seine Beziehung zu Sebastian, der ihn mit seiner inneren Unabhängigkeit beharrlich herausfordert, bildet das emotionale Herzstück des Films und illustriert den zentralen Konflikt.

Unter dem Sand, Szene (© Koch Media)

Klassisches Spannungskino

Dass dieser didaktische Aufbau des Films nicht störend in den Vordergrund rückt, liegt einerseits an der überzeugenden Leistung des Hauptdarstellers Roland Møller in der Rolle von Rasmussen. Zum anderen gelingt es Zandvliet über den gesamten Film hinweg eine Spannung aufrechtzuerhalten, die in den Minenentschärfungen ihre Zuspitzung findet: Die Kamera ist oft ganz Zum Inhalt: nah bei den Jungen, wenn sie zentimeterweise über den verminten Strand robben und dort nach Sprengkörpern stochern. Statt auf eine dominante Zum Inhalt: Musikuntermalung setzt die Regie dabei auf Zum Inhalt: Realton: Man hört das Knirschen das Sandes, das metallene Geräusch bei einem Fund, das Atmen der Jungen, wenn sie die Mine entschärfen. "Unter dem Sand" erweist sich damit auch in den sorgsam entwickelten Zum Inhalt: Suspense-Szenen als "klassisch". So findet der Film seine Vorbilder denn auch eher in alten Meistern des Spannungskinos wie etwa "Lohn der Angst" (Le salaire de la peur, Frankreich/Italien 1953) oder "Der Mann aus Marseille" (La Scoumoune, Frankreich 1972) als im hektischen Bilderchaos moderner (Anti-)Kriegsfilme.

Intensität verleihen dem Film auch andere Spannungsverhältnisse: So verwandelt die Kamera die Weite der herrlichen Zum Inhalt: Küstenlandschaft in eine fast irreal anmutende Todeszone. Nur in einer kurzen euphorischen Fußballszene verweist "Unter dem Sand" auf den Strand als Sehnsuchtsort, der in unzähligen Zum Inhalt: Coming-of-Age-Filmen Freiheit verheißt. Einen starken Kontrast zum Minenfeld bildet das einsame Bauernhaus hinter den Dünen, das wie ein Sinnbild für ein friedvolles Leben erscheint. Tatsächlich aber zeigt sich gerade an der Bäuerin, die als Mutter einer kleinen Tochter als einzige erwachsene Zivilistin im Film die dänische Bevölkerung repräsentiert, wie sehr der Krieg die Fundamente der Menschlichkeit zersetzt hat: Als die an Hunger leidenden Jungen mit Rattengift versetztes Getreide stehlen und daraufhin schwer erkranken, reagiert sie mit schockierender Häme.

Unter dem Sand, Szene (© Koch Media)

Eine diskussionswürdige Läuterungsgeschichte

Gemein haben die Charaktere im Film, dass das Publikum nichts über ihre Erlebnisse im Krieg erfährt: Ob die Jungen sich für die NS-Ideologie begeisterten, ob sie Grausamkeiten begangen haben, bleibt ebenso offen wie konkrete Gründe für Rasmussens Deutschenhass. Diese Leerstelle rückt die dänisch-deutsche Koproduktion in die Nähe jener jüngeren deutschen Filme über den Krieg, die – wie etwa "Wolfskinder" (2013) – das Leid der Deutschen in den Mittelpunkt stellen und dabei deren Verbrechen weitgehend ausklammern. Gerade mit Blick auf ein internationales Publikum, das mit dem Kriegsgeschehen in Dänemark nicht so vertraut sein dürfte, ist dies zumindest diskussionswürdig.

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