Der Film Zum Filmarchiv: "Transit" ist eine freie Adaption des gleichnamigen Romans von Anna Seghers aus dem Jahr 1944. Obwohl die Geschichte zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielt, verwendete Regisseur Christian Petzold keine historischen Kulissen, sondern drehte im Frankreich von heute. In der folgenden Video-Analyse erklärt kinofenster.de, wie sich durch diesen Kunstgriff verschiedene Zeitebenen durchdringen und die Geschichte eine Aktualisierung erfährt, ohne die damaligen Verhältnisse bloß auf die heutige Zeit zu übertragen.

Wichtiger Hinweis:

Die wichtigsten filmanalytischen Begriffe aus der Video-Analyse finden sich übrigens auch im Zum Inhalt: FilmglossarGlossar von kinofenster.de, zum Beispiel: Zum Inhalt: Drehort/Set, Zum Inhalt: Ausstattung/Set Design, Zum Inhalt: Kostümbild, Zum Inhalt: Requisite oder Zum Inhalt: Adaption.

Das Gestern im Heute – eine Video-Analyse zu Transit (Filmausschnitte: © Piffl Medien, © Universal)

Im Folgenden können Sie die Video-Analyse auch im Textformat nachlesen:

Der Film "Transit" ist eine freie Zum Inhalt: Adaption des gleichnamigen Romans von Anna Seghers. Die Geschichte handelt von Menschen, die in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen. Die Romanautorin Anna Seghers hat all dies selbst erlebt. 1941 konnten sie und ihre Familie mit einem Schiff von Marseille nach Mexiko reisen und sich in Sicherheit bringen.

In "Transit" nimmt der Protagonist Georg, gespielt von Franz Rogowski, auf seiner Flucht die Identität des verstorbenen Schriftstellers Weidel an. In Marseille bemüht er sich dann um die nötigen Papiere für die Ausreise. Schon zu Beginn des Films drängt sich dabei eine Frage auf: Wenn die Geschichte in den 1940er- Jahren spielt – warum gibt es dann Kreuzfahrtschiffe, Autos und Straßenzüge, die offensichtlich der Gegenwart entstammen?

Verzicht auf historische Kulissen

Um zu verstehen, wie Regisseur Christian Petzold eine Geschichte über die Vergangenheit erzählt, muss man sich vor Augen führen, was er anders macht. Das wesentliche Element, mit dem Filme von einer historischen Zeit erzählen, ist nämlich meistens das Zum Inhalt: Setdesign: Häuser und Straßen werden dafür so verändert oder gar nachgebaut, dass sie in die Zeit der Story passen. In einem typischen Historienfilm soll alles, was im Bild zu sehen ist, vermitteln, dass die Geschichte in der Vergangenheit spielt.

Auf eine solche historische Kulisse hat Petzold verzichtet. Nur wichtige Dokumente – Pässe, Schecks, Visa und Transit-Papiere – erinnern eindeutig an die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Manchmal setzt der Film diese Zum Inhalt: Requisiten in einem konkreten geschichtlichen Kontext ein, wie etwa hier im Wartesaal des mexikanischen Konsulats. Kurz könnte man "Transit" nun doch für einen Historienfilm halten. Doch bevor die Zum Inhalt: Szene allzu historisch erscheint, entdeckt man ein Element aus der Gegenwart: Die Digitalanzeige mit der Wartenummer links oben im Bild irritiert – und deutet an, dass auch heute flüchtende Menschen viele Stunden in Amtsstuben verbringen, um an erhoffte Dokumente zu kommen.

Die Zeitebenen des Films durchdringen und überlagern sich

"Heute ist es so wie damals" – bei dieser einfachen Gleichung bleibt es jedoch nicht. Die Zeiten durchdringen, widersprechen und überlagern sich. In vielen Szenen auf der Straße scheint das Heute das Geschichtliche fast zu verdrängen. In einer Szene vom Beginn des Films will Georg in Paris einen Freund in einer Bar treffen. Gemeinsam wollen sie nach Marseille weiterreisen. Die deutschen Truppen, sagt man, stünden kurz vor Paris. Auch die französische Polizei würde nun flüchtige Deutsche verhaften. Gerüchte. Doch sie bewahrheiten sich, als Georg in eine Razzia hineingerät.

Die Polizisten tragen hier allerdings keine historischen Zum Inhalt: Kostüme. Sie sehen aus wie moderne Anti-Terror-Einheiten. Auch der Großstadtverkehr und die Graffiti an den Wänden zeigen deutlich, dass sich Georg durch das Paris von heute bewegt. Deutsche auf der Flucht durchs heutige Paris? Denunziert von Passanten und gejagt von einer Anti-Terror-Einheit? Ein simpler Vergleich zwischen 1941 und 2018 geht an dieser Stelle nicht mehr auf. Die Bedrohung durch die Polizei wird zur Dystopie: Was, fragt der Film, wird aus unserer Gesellschaft, wenn sich mithilfe von Angst und Hass gegenüber Menschen, die Schutz suchen, ein autoritärer Staat entwickelt? Und genau an dieser Stelle kehrt "Transit" dann wieder zurück zu der Vergangenheit, in der die Geschichte entstanden ist.