Der letzte Auftrag

Captain Tony Stone und Sergeant Will Montgomery

Senator Film Verleih

Sergeant Will Montgomery und sein Vorgesetzter Captain Tony Stone unterrichten Soldatenfamilien vom Tod ihrer gefallenen Angehörigen. Die meisten reagieren fassungslos, manche brüllen vor Schmerz oder belegen die uniformierten Todesboten mit wütenden Flüchen, doch die Vorschrift bleibt stets dieselbe: kein Körperkontakt, Ruhe bewahren, ans Protokoll halten. Es gilt, ein Unglück durch nutzlose Anteilnahme nicht noch schlimmer zu machen. Der junge Will macht diesen Dienst an der "Heimatfront" nicht freiwillig. Verwundet aus dem Irakkrieg heimgekehrt und selbst traumatisiert, fühlt er sich mit diesem letzten Auftrag vor Ende seiner Militärzeit überfordert. Tony hingegen ist ein erfahrener Soldat, ein Haudegen, den das Leid der Anderen nicht zu berühren scheint. Immer wieder weist er Will zurecht, wenn dieser in Missachtung der Regeln Emotionen zeigt. Doch der ehemalige Alkoholiker ist nicht so kalt und auch nicht so trocken, wie er vorgibt. Er ist einer jener Soldaten/innen, die ohne die klaren Verhaltensregeln und Strukturen der Armee verloren wären.

Der Krieg in der Heimat

Nicht die trauernden Angehörigen, sondern diese beiden sehr unterschiedlichen Männer stellt Regisseur Oren Moverman in den Mittelpunkt seines Films. "The Messenger" verlagert den Krieg von der fernen Front in Afghanistan oder im Irak in die US-amerikanische Heimat, wo Menschen seine unmittelbaren Folgen zu tragen haben. Der Film zeigt ihre traumatische Verlusterfahrung ungeschönt und in einem breiten Spektrum an Reaktionen. Gleichzeitig ermöglicht er eine gewisse Distanz, indem er den Handlungsfokus in erster Linie auf die sich entwickelnde Freundschaft von Will und Tony ausrichtet.

Dokumentarischer Stil und einfühlsame Kameraführung

Ein Vater erfährt vom Tod seiner Tochter

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Im Zentrum der Dramaturgie stehen die unangemeldeten Hausbesuche - für die Angehörigen eine Katastrophe, für Will und Tony tägliche, bittere Pflicht. Vor allem diese kaum Zum Inhalt: Montagegeschnittenen Szenen sind in einem Zum Inhalt: Dokumentarfilmdokumentarischen Stil gehalten, zu dem neben der Beschränkung auf Realmusik auch die bewegliche Zum Inhalt: KamerabewegungenHandkamera beiträgt. Geschickt vermittelt sie die innere Stimmung der Hauptdarsteller. In der ersten Benachrichtigungsszene ist sie in nervöser Unruhe auf die rasierten Nacken der beiden Soldaten gerichtet, die sich vor der Haustür in Positur bringen. An der zweiten Tür ist die Entfernung größer – Will fühlt sich bereits sicherer, hat mehr Distanz. Mit dem Öffnen der Tür beginnt jeweils ein freieres Spiel der Kamera, das auf das Verhalten der geschockten Angehörigen unmittelbar reagiert und den Tumult ihrer Emotionen mit raschen Bewegungen physisch nachvollzieht. Auch das zunächst angespannte, später vertraute Verhältnis von Will und Tony wird durch die Kamera veranschaulicht. In den gemeinsamen Autofahrten zum jeweiligen Bestimmungsort sind sie zunächst nur in Einzeleinstellungen, also getrennt, zu sehen. Später erfasst die Kamera in einem Two-Shot (Zweier) zwar beide gleichzeitig, jedoch ist nur einer von ihnen scharf im Bild. Mit zunehmender Vertrautheit wird auch diese visuelle Trennung aufgehoben. Will und Tony entwickeln ein regelrechtes Kumpelverhältnis, in dem die angestauten Ängste nach und nach immer offener zutage treten.

Das Trauma wirkt weiter

Will und Tony - prägende gemeinsame Erfahrungen

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Wie sehr der Krieg beide noch immer im Griff hat, vermittelt Moverman durch geschickte Regiekniffe. Dass sich Will in die abgedunkelten eigenen vier Wände zurückzieht, um in Kauerstellung laut Musik zu hören, mag als Bild der Verzweiflung abgedroschen erscheinen. Doch das wütende Hämmern aus dem Nachbarraum erinnert an Gewehrschüsse und damit an die Ursache des Traumas. Nach einer durchzechten Nacht wissen sich Will und Tony nicht anders zu vergnügen, als mit ausgestreckten Fingern aufeinander zu schießen wie Kinder beim Kriegsspiel. Sie sind Außenseiter, denen die Integration in die vom Krieg scheinbar unberührte Gesellschaft nicht mehr ohne Weiteres offen steht. Erleichterung suchen sie im Alkohol oder in überdrehten Aktionen: In einer durchaus komischen Szene stürmen sie beispielsweise die Verlobungsfeier von Wills Ex-Freundin. Der Verlust von Sinn und Lebensfreude erinnert an einige klassische Veteranenfiguren in Filmen wie "Coming Home – Sie kehren heim" (Hal Ashby, USA 1978). Wieder werden die Wunden gezeigt, von denen eine am konkreten Kriegsgeschehen unbeteiligte Gesellschaft nichts wissen will. Die Wut über diese Ignoranz wendet sich in "The Messenger" jedoch nicht mehr, wie zu Zeiten des Vietnamkrieges, an eine als ungerecht und falsch empfundene Politik, sondern konzentriert sich auf die einzelnen Schicksale. Durch die unterschiedlichen Reaktionen auf die Todesnachrichten zeigt Moverman unsentimental die Konsequenzen der aktuellen US-Interventionspolitik. Die Frage nach deren Sinn oder Unsinn schließt sein dokumentarischer Ansatz jedoch bewusst aus. Für die Arbeit von Will und Tony spielt sie keine Rolle.

Der erste Schritt zur Heilung

Will mit Olivia und ihrem Sohn

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So ist es auch eine rein persönliche Begegnung, die in Will eine Wandlung bewirkt. Wie scheinbar gelassen die Witwe Olivia den Tod ihres Mannes aufnimmt, weckt seine Neugier. Seine Annäherungsversuche müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, er nutze das Leid einer anderen Person zum eigenen Vorteil aus – ein Vorwurf, dem sich im Übrigen auch das Genre des Kriegs- oder auch Antikriegsfilms stellen muss, das ja mit ebendiesem Leid Geld an den Kinokassen einspielen will. In dieser Begegnung zweier verwundeter Seelen entfaltet das Drama jedoch eine Anteilnahme, die viel über die individuellen Formen des Trauerns aussagt. Seine große Stärke liegt darin, den hervorragenden Schauspielern/innen Raum zum individuellen Ausdruck zu geben. Der Verstoß gegen das Protokoll ist keine Heldentat, aber Wills erster Schritt zur Heilung.

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