Als opulenter Ausstattungsfilm entspricht Zum Filmarchiv: "The Help" (Tate Taylor, USA 2011) zunächst gängigen Erwartungen an ein klassisches Südstaatendrama, verbindet das oft verklärte Bild einer "heilen Welt" jedoch mit einem ernsten Thema: dem alltäglichen Rassismus. Zur Zeit der Handlung, den beginnenden 1960er-Jahren, galt hier noch die "Rassentrennung". Geschickt stellt der Film seine Erzählung in den Kontext der dagegen gerichteten Bürgerrechtsbewegung, die damals noch in den Anfängen steckte. Meist in Form von Radio- und Fernsehberichten sowie in mehreren Szenen und Dialogen sind einige wichtige Ereignisse dieser bewegten Periode in die Filmhandlung integriert und verleihen dem fiktiven Geschehen eine darüber hinausweisende Historizität.

Die Busszene: Reminiszenz an den Busboykott von Montgomery

Die Busszene zur Mitte von Zum Filmarchiv: "The Help" ist ein eindringliches Beispiel für die alltägliche Praxis der Segregation im öffentlichen Raum. In ihr bündeln sich zugleich zwei

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zentrale Daten des Civil Rights Movement: der Sitzstreik von Rosa Parks und die Ermordung des schwarzen Bürgerrechtlers Medgar Evers. Die Filmszene, in der nur die afroamerikanischen Fahrgäste aufgrund des Attentats aufgefordert werden, den Bus zu verlassen, ist eine klare Anspielung auf das Jahr 1955: In Montgomery, Alabama, weigerte sich die damals 42-jährige Näherin Rosa Louise Parks, ihren Sitz im Bus freizugeben und wurde verhaftet. Ihr Platz befand sich in den vorderen, nach den damaligen Gesetzen für Weiße vorgesehenen Sitzreihen. Der Vorfall gehört zum US-amerikanischen Schulstoff und gilt als Startschuss der schwarzen Bürgerrechtsbewegung.

Medgar Evers und das rassistische Klima in Jackson

Der schwarze Bürgerrechtler Medgar Evers war ein Bürger Jacksons, dem Handlungsort von Zum Filmarchiv: "The Help". Unter anderem organisierte er einen Boykott gegen Tankstellen, die Afroamerikanern die Benutzung ihrer Toilette untersagten. Seit 1954 war er zudem erster Vorsitzender der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) im Staat Mississippi. In der Nacht des 12. Juni 1963 wurde Evers von einem späteren Mitglied des rassistischen Ku-Klux-Klans erschossen – ein Opfer der damals vor allem im Süden verbreiteten sogenannten Lynchjustiz. Zwar geht Zum Filmarchiv: "The Help" auf das Leben und die Bedeutung des Bürgerrechtlers nicht ein, durch die panischen Reaktionen der schwarzen Bevölkerung auf das Attentat wird das rassistische Klima in der Kleinstadt aber nur allzu deutlich. Die Angst verfestigt zudem die Weigerung der Frauen, an dem Buchprojekt teilzunehmen. Der Lynchjustiz, die vor allem der Einschüchterung der afroamerikanischen Bevölkerung dienen sollte, fielen zwischen 1882 und 1968 etwa 3.500 Menschen zum Opfer.

Jim-Crow-Gesetze und Rassendiskriminierung in "The Help"

Nur wenige Stunden vor Evers' Ermordung hatte Präsident John F. Kennedy seine erste große Rede zum Thema schwarzer Bürgerrechte gehalten, die in den Civil Rights Act von 1964 münden sollte. Damit war die dunkle Ära der Jim-Crow-Gesetze beendet,

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von denen der Film in weiten Teilen handelt und die auch in mehreren Dialogen und Szenen konkret Erwähnung finden, beispielsweise als Skeeter in der Bibliothek, die zwischen Büchern für Weiße und Schwarze unterscheidet, über die "Jim-Crow"-Laws recherchiert. Benannt nach der rassistischen Karikatur eines fröhlichen Schwarzen, regelten diese ab etwa 1876 die "Rassentrennung". Insbesondere in den Südstaaten wurde dies nach dem verlorenen Bürgerkrieg und dem Wegfall der Sklaverei als nötig erachtet. In den einzelnen Bundesstaaten fielen die Gesetze unterschiedlich aus. So war in Mississippi bereits die schriftliche Befürwortung der Gleichstellung oder einer Heirat zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarben strafbar. Gesetze anderer Staaten regelten die getrennte Schulbildung, das Betreiben von Gaststätten für jeweils nur eine Hautfarbe oder die Benutzung öffentlicher Badestellen. Hillys im Film so absonderlich wirkende "Toilettenpolitik" war tatsächlich geltendes Recht. Diese auch von ihr unter dem Motto "separate but equal" ("getrennt, aber gleich") verbrämte Art von diskriminierender Justiz unterschied sich in Wahrheit nicht von der Apartheidpolitik Südafrikas und war ein Hauptgrund für die Migration frustrierter Afroamerikaner gen Norden der USA.

Der "Marsch auf Washington" und die Aufbruchstimmung in Jackson

Unter Führung des inzwischen längst als Sprecher der Bürgerrechtsbewegung akzeptierten Martin Luther King versammelten sich am 28. August 1963 über 200.000 Menschen zum "Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit". In einem Telefonat mit ihrer Lektorin erfährt Skeeter von der geplanten Demonstration, nachdem sie die ersten Seiten ihres Manuskripts an den Verlag geschickt hat.

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Die Bedeutung dieses einmaligen Massenprotests stand seinerzeit, auch wenn Skeeters Lektorin im Film – mit verwundertem Blick auf den Fernseher – ein "vorübergehendes" Phänomen vermutet, außer Frage: Über Satellit wurde die Forderung nach sozialer Gleichbehandlung und Integration nicht nur in den ganzen USA, sondern weltweit übertragen. Auf den Stufen des Lincoln Memorial hielt King seine berühmt gewordene Rede "I have a dream": In einer besseren Zukunft möge sich, so sein Traum, "selbst der Staat Mississippi" in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit verwandeln. Zu den Rednern/innen gehörten neben King auch die Witwe von Medgar Evers und Rosa Parks. Zahlreiche weiße Zuhörer hatten sich der Demonstration angeschlossen. In Zum Filmarchiv: "The Help" korrespondiert dieser erste Höhepunkt in der Bürgerrechtsbewegung dramaturgisch mit der anstehenden Buchpublikation und dem mutigen Willen zur Veränderung in Skeeters Umfeld.

King und Malcolm X – verschiedene Positionen, gespiegelt in Aibileen und Minny

Der versöhnliche Grundtenor von Zum Filmarchiv: "The Help" hat in den USA vereinzelt zum Vorwurf geführt, der Film verharmlose die Realität der damaligen "Rassentrennung". Dieser Streit ist allerdings so alt wie die Bürgerrechtsbewegung selbst und wird auch im Film reflektiert. So lässt sich in der stillen Aibileen die Haltung Martin Luther Kings wiederfinden,

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der im gewaltfreien Protest – der an King angelehnte Prediger im Film spricht gar von der "Feindesliebe" im neutestamentarischen Sinn – den einzig gangbaren Weg sah. Die kompromisslose Minny hingegen verkörpert nach diesem Muster den aggressiveren Bürgerrechtler Malcolm X. Seiner "Nation of Islam", die im Streit mit den Weißen auf Konfrontation und Abschottung setzt, fühlen sich noch heute viele Afroamerikaner zugehörig. Zur Geschichte der Bürgerrechtsbewegung gehört die traurige Tatsache, dass die Vertreter beider Strategien ermordet wurden: Malcolm X starb am 21. Februar 1965 in New York City, Martin Luther King am 4. April 1968 in Memphis, Tennessee. Dieses noch immer tief sitzende Trauma und die andauernde soziale Ungleichheit bedingen, dass trotz aller Erfolge des Civil Rights Movement von einer "glücklich überwundenen Geschichte" in den USA noch nicht die Rede sein kann.