Verbotene Filme in der DDR

Als Erich Honecker im Dezember des Jahres 1965 ans Rednerpult trat, begann eine neue Eiszeit. "Unsere DDR ist ein sauberer Staat", sprach Honecker in seiner programmatischen Rede beim 11. Plenum des Zentralkomitees der SED und leitete als Wortführer der "Kahlschlag-Diskussion" neue Repressionen in der Jugend- und Kulturpolitik der DDR ein. In der Folge wurden Bücher, Theaterstücke und Filme verboten, die sich kritisch mit dem Sozialismus auseinandersetzten. "Spur der Steine" (Frank Beyer, 1966) lief gerade einmal drei Tage in den Kinos, als er aus dem Verleih genommen wurde. Weitere "Verbotsfilme" wie "Das Kaninchen bin ich" (Kurt Maetzig, 1965) oder "Denk bloß nicht, ich heule" (Frank Vogel, 1965) konnten erst nach der Wende gezeigt werden. Auch der Kriminalkomödie "Hände hoch oder ich schieße" von dem 1997 verstorbenen Hans-Joachim Kasprzik wurde 1966 trotz zahlreicher Korrekturen die öffentliche Aufführung verweigert. So harmlos uns die Geschichte vom unterbeschäftigten Kriminalisten und dem entführten Denkmal heute erscheint – sie barg offenbar genügend politischen und gesellschaftlichen Sprengstoff, um sie im "Giftschrank" verschwinden zu lassen.

Ein Kriminalist ohne Arbeit

Kriminalleutnant Holms ist abkommandiert ins beschauliche Wolkenheim. Dort soll er für Recht und Ordnung sorgen, aber er wird nicht gebraucht: Die Gangster sind längst bekehrt und selbst das als gestohlen gemeldete Kaninchen entpuppt sich lediglich als entlaufen.

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Holms aber träumt von wilden Verfolgungsjagden durch die pittoresken Sträßchen und von einem Einsatz für Scotland Yard. Stattdessen langweilt er sich und ist frustriert. Also ruft sein Freund Pinkas, ein ehemaliger Ganove, seine ebenfalls geläuterten Kollegen von früher zur Hilfe. Zusammen baldowert man aus, "ein feudalistisches Denkmal", die Statue des Grafen Nepomuk, zu entwenden, um Holms die Gelegenheit zu geben, sich auszuzeichnen. Die sich anschließenden Verwicklungen im dem gemütlich Zum Inhalt: Montagemontierten Schwarzweißfilm mit seinen für heutige Sehgewohnheiten ungewöhnlich langen Zum Inhalt: EinstellungsgrößenKameraeinstellungen folgen den Gesetzen von Slapstick und Klamauk.

Filmischer Affront gegen die sozialistische Ordnung

Der vordergründige Witz hat die Zeit recht gut überstanden, doch die hintergründige Ironie ist gerade für ein jüngeres Publikum nicht immer leicht durchschaubar. Diese Ironie war es jedoch, die damals trotz umfangreicher, von der Zensur eingeforderter Dialog- und Szenenschnitte zum endgültigen Verbot des Films führte. Schon die Grundkonstellation der Komödie ist

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ein Affront gegen sozialistische Linientreue und eine Ordnung, die zwar für Sicherheit sorgt, aber auch für Langeweile. Vor allem der Erzähler, der aus dem Zum Inhalt: Off-/On-TonOff die Handlung begleitet, lässt sich als dauerspöttischer Kommentator tatsächlicher Lebensumstände verstehen. Ein pointierter Zum Inhalt: FilmmusikSoundtrack, der die subtil geäußerte Kritik mal akzentuiert, mal konterkariert, verleiht ihr zusätzlich Gewicht. Holms wird als "Dialektiker" bezeichnet, als "Kind der Übergangsepoche und so manchem Widerspruch ausgesetzt". Es sind nicht die einzigen Seitenhiebe auf die in der DDR herrschende Ideologie, dem auf Hegels Dialektik beruhenden historischen Materialismus von Marx und Engels.

"Der Boden sozialistischer Moral"

Sogar die Ex-Verbrecher, so behaupten sie bei einem Umtrunk, stehen mittlerweile fest "auf dem Boden der sozialistischen Moral" und weigern sich später, einem amerikanischen Touristen das entwendete Denkmal zu verkaufen, weil der doch nur mit US-Dollars bezahlen kann. Doch harte ausländische Währungen, sagt einer der Gauner, "die gülten hier doch gar nicht". Dabei war klar, dass in der DDR oft nur mit Westdevisen an Mangelwaren heran zu kommen war. Ja schon die Namensgebung des Schauplatzes birgt Kritik: Nicht umsonst erinnert das Filmstädtchen ans sprichwörtliche Wolkenkuckucksheim, in dem es sich – so wollten es wohl die Drehbuchautoren nahe legen – die politische Führung der SED häuslich eingerichtet hat.

Kriminalkomödie als Mittel der Kritik

Auch ohne die geschnittenen Szenen, die bei der Rekonstruktion nicht wieder aufgefunden werden konnten, funktioniert "Hände hoch oder ich schieße" noch heute als Kriminalkomödie. Natürlich, der Film ist im Vergleich zu aktuellen Thrillern und Krimis langsam geschnitten und wenig spektakulär. Aber von einem straffen Spannungsbogen lebte das Drehbuch von Regisseur Kasprzik und Rudi Strahl schon damals nicht:

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Stattdessen ist "Hände hoch oder ich schieße" eine fein strukturierte, bisweilen sogar zynische, immer aber witzige Auseinandersetzung mit der Kluft zwischen Anspruch und Realität im "Arbeiter- und Bauernstaat". Dazu bedient sich der Film, wenn auch letztlich erfolglos, einer in der DDR bis 1989 zu wahrer Meisterschaft getriebenen Kunstfertigkeit: Die Kritik an den Zuständen und der Partei geschickt zwischen den Zeilen zu verstecken. Das macht die leicht und humorvoll erzählte Kriminalkomödie zu einem amüsanten und interessanten Zeitdokument. Mehr als vierzig Jahre nach seiner Entstehung ist "Hände hoch oder ich schieße" nun erstmals auf der Kinoleinwand zu sehen: als letzte (Wieder)Aufführung eines Verbotsfilms aus der Zeit nach 1965/66.

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