Joya Thome

, 1990 in Berlin geboren, sammelte erste Filmerfahrungen als Kinderdarstellerin in den Filmen ihres Vaters Rudolf Thome. Nach dem Abitur begann sie verschiedene Tätigkeiten beim Film und realisierte eigene Kurzfilme. Sie absolvierte ein Bachelor-Studium der Erziehungs- und Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der New York University sowie eine Drehbuch-Klasse an der TISCH School of the Arts in New York. Zum Filmarchiv: "Königin von Niendorf" ist ihr Debütfilm.

Lisa Moell

(eigentlich Elisabeth Moell), 2005 geboren, lebt in Berlin und geht in die 6. Klasse. Nach kleineren Rollen am Theater sowie in zwei Filmproduktionen spielt sie in "Königin von Niendorf" ihre erste Hauptrolle.

Lisa, du spielst in "Königin von Niendorf" Lea, die Hauptfigur. Wie würdest du dieses Mädchen beschreiben?

Sie ist mutig und zielstrebig, denn sie möchte den Jungs unbedingt beweisen, dass sie keine Angst hat. Und trotzdem ist sie auch verträumt.

Magst du diese Eigenschaften an ihr?

Mir gefällt, dass sie mutig ist, aber sie ist manchmal auch etwas zu mutig. Zum Beispiel, wenn sie sich auf die Gleise legt.

Frau Thome, hatten Sie jemanden vor Augen für diese Mädchenfigur?

Das war von Anfang an Lisa! Wir haben uns vor drei Jahren kennengelernt, als sie für eine andere Rolle vorgeschlagen wurde. Ich wollte gerne mit ihr drehen und habe die Geschichte dann mit meinem Zum Inhalt: Co-Autor Philipp Wunderlich entwickelt. Dabei hatten wir auch immer den Zum Inhalt: Schauplatz Niendorf vor Augen.

Lisa, kam dir das bekannt vor, was die Kinder im Film unternehmen?

Lisa:

Ich wohne ja nicht in einem Dorf, deshalb habe ich manche Situationen selber noch nicht erlebt. Ich war zum Beispiel noch nie auf einem Floß und habe nie mit Freunden über ein Walkie-Talkie gesprochen.

Joya Thome:

Das haben die Darsteller der Bande, die aus den umliegenden Dörfern kommen, schon eher erlebt. Tatsächlich wirkt das Dorf im Film ein wenig verträumt. Aber wir wollten die Geschichte bewusst nicht in der Gegenwart verorten, sie sollte tendenziell zeitlos sein.

"Königin von Niendorf" ist Ihr Debütfilm. Wie kam es zu der Entscheidung, als erstes einen Zum Inhalt: Kinderfilm zu machen?

Wenn man sich in der Filmszene bewegt, dann ist ein Kinderfilm wahrscheinlich das letzte, was man als Debütfilm machen würde. Im Kunstfilmbereich sind Kinderfilme nicht sehr angesehen. Da wollen die meisten zunächst eine eigene Handschrift beweisen und viele denken, dass das mit einem Kinderfilm nicht geht. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich selbst ein bisschen den Druck von meinem ersten Langfilm nehmen. Bei einem Kinderfilm, der 20.000 Euro kostet und ohne Fördergelder entsteht, steht nicht so viel auf dem Spiel.

Lisa, wie sollte denn deiner Meinung nach ein Film sein, damit du ihn richtig gut findest?

Für mich ist ein Film schön, wenn er abwechslungsreich ist und eine schöne Geschichte erzählt. Die meisten Kinderfilme sind sich aber sehr ähnlich.

Was ist an eurem Film anders als in anderen Kinderfilmen?

Ein Unterschied ist, dass nicht immer gelacht wird und alle Leute auch nicht die ganze Zeit fröhlich sind. Und es gibt auch Sachen in dem Film, die nur Erwachsene verstehen.

Was, glaubst du, können Kinder nicht so gut verstehen?

Lisa:

Da gibt es zum Beispiel diesen Feuerwehrmann, der schwul ist. Ganz viele Kinder finden das ekelhaft oder komisch oder fragen sich, warum das so ist. Und andere Kinder fragen sich eher, warum er das überhaupt versteckt.

Joya Thome:

Ich würde sagen, dass "Königin von Niendorf" kein reiner Kinderfilm ist. Allein durch die Tatsache, dass wir Kinder in den Hauptrollen haben und deren Perspektive einnehmen, wird der Film in diese Kategorie eingeordnet. Aber er ist für Kinder ebenso wie für Erwachsene geeignet, das haben die Reaktionen bislang auch gezeigt. Interessant an den Reaktionen ist, dass die Erwachsenen auch die Ironie des Films wahrnehmen und darüber lachen können. Kinder hingegen sind anders in die Geschichte involviert. Bei vielen Kindern im Publikum wird mehr gestaunt.

Eine besondere Beziehung hat Lea im Film zu dem Aussteiger Mark. Warum spricht Lea offener mit Mark als mit anderen Erwachsenen?

Lisa:

Sie findet ihn einfach sympathisch. Er ist nicht so sehr auf die anderen Erwachsenen fokussiert und redet mit ihr nicht wie mit einem kleinen Kind.

Joya Thome:

Das finde ich eine schöne Beobachtung. Ich sehe es so, dass Lea im Dorf die einzige ist, die ihn ernstnimmt und ohne Vorurteile Zeit mit ihm verbringt. Aber andersherum natürlich genauso.

Der Handlungsstrang um Mark hat Ansätze einer Spannungsdramaturgie. In einem konventionellen Kinderfilm würde seine Geschichte vermutlich ins Zentrum rücken und die Bande den Hof retten.

Das hatten wir auch erst so geplant: Am Schluss sollte es ein großes Dorffest geben, auf dem Mark auftritt und er als Teil der Gemeinschaft akzeptiert wird. Aber dann hatten wir zunehmend das Gefühl, dass ein solches Ende unserer Sache nicht gerecht wird. Ich finde, dass in einem Film für Kinder nicht zwangsläufig alles positiv aufgelöst werden muss. So sehe ich das Leben nicht. Und andererseits geht ja auch unsere Geschichte gut aus, denn Lea findet ihren Platz, und das ist der Kern der Geschichte, die wir erzählen wollten.

Lisa und Frau Thome, was wünscht du dir, was wünschen Sie sich, was die Kinder und Erwachsenen, die den Film sehen, daraus mitnehmen?

Lisa:

Für die Kinder wünsche ich mir, dass jeder, egal ob Mädchen oder Junge, das machen kann, was er oder sie möchte. Die meisten Eltern sagen zum Beispiel über die Gleis- Zum Inhalt: Szene, dass Kinder das vielleicht nachmachen. Aber wenn man die Kinder fragt, sagen sie immer, dass sie so etwas nie tun würden.

Joya Thome:

Grundsätzlich wünsche ich mir eine Entpädagogisierung des Kinderfilms. Für "Königin von Niendorf" hoffe ich, dass Kinder sich in der Geschichte wiedererkennen können, weil sie vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht haben und nun auf der Leinwand eine Figur sehen, die ihre Suche nach Zugehörigkeit wiederspiegelt. Und bei Erwachsenen fände ich es schön, wenn sie für 67 Minuten die Perspektive wechseln und die Welt aus einer Kindersicht sehen könnten.

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