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Historische Rekonstruktion – Drehorte, Schauplätze und Ausstattung im Film "Frantz"
Das Drama "Frantz" spielt kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Der Artikel zeigt, wie ein historischer Spielfilm entsteht, und stellt die verschiedenen Arbeitsbereiche einer solchen Produktion vor.
Das historische Drama Zum externen Inhalt: Frantz (öffnet im neuen Tab) spielt wenige Monate nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Die erste Hälfte des Films ist in Deutschland angesiedelt, in der zweiten Hälfte zieht es die Protagonistin Anna nach Frankreich. Dieses Wechselspiel zwischen deutscher und französischer Perspektive auf die Nachkriegszeit sollte sich laut Regisseur François Ozon auch in der Ausstattung des Films widerspiegeln. Ozon ging es darum, das Lebensgefühl jener Zeit möglichst authentisch zu rekonstruieren. In der Zum Inhalt: Vorproduktion lag der Fokus daher auf der visuellen Gestaltung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Um der Geschichte ihren dramatischen Mehrwert zu verleihen, wurde besondere Sorgfalt auf die Schaffung realistischer historischer Zum Inhalt: Requisiten und Kulissen mitsamt ihren kulturellen Eigenheiten verwendet. Im Folgenden erklären die Beteiligten, wie die verschiedenen Produktionsbereiche, die in der Ausstattung eines Filmes involviert sind, zusammenarbeiten, um die Rekonstruktion einer vergangenen Epoche glaubwürdig umzusetzen.
Entwicklung des visuellen Konzepts
In der ersten Vorbereitungsphase stand die visuelle Konzeption des Films im Mittelpunkt. Hierfür beriet sich Ozon mit zwei langjährigen Mitarbeitern, dem Szenenbildner Michel Barthélemy und der Zum Inhalt: Kostümdesignerin Pascaline Chavanne. Inspiriert durch eine umfangreiche Materialsammlung von Fotos, Filmen und Motiven aus Gemälden entwickelten sie den Look des Films. Als Szenenbildner und sogenannter Chef de Déco war Barthélemy für die inhaltliche, künstlerische und technische Gesamtgestaltung der filmischen Welt von "Frantz" verantwortlich. Dabei musste er in zwei Ländern parallel arbeitende Crews organisieren. Somit koordinierte er zeitweise bis zu 30 Personen: Maler, Tischler und Elektriker. Als "verlängerter Arm“ kam die Art-Direktorin Susanne Abel ins Boot, die Barthélemy bei der Umsetzung seiner Gestaltungswünsche unterstützte. „Gerade bei internationalen Produktionen“ erklärt Abel, „ist die direkte Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen wichtig.“
Die Suche nach Drehorten
Da die historische Verortung der Geschichte durch originalgetreue Schauplätze einen besonderen Stellenwert einnahm, war auch Location Scout Marei Wenzel intensiv in die Vorrecherche eingebunden. Eine der Schlüsselfragen war die nach den „typisch deutschen“ Merkmalen einer Stadt im frühen 20. Jahrhundert. Alles habe sich „im Lauf der Suche entwickelt“, erzählt Wenzel, die in ganz Deutschland geeignete Zum Inhalt: Drehorte recherchierte. „Allmählich kristallisierte sich heraus, dass es eine Stadt mit mittelalterlichem Kern sein sollte, eine Mischung aus Fachwerk- und Steinhäusern also.“ Auch aufgrund der Vorgaben der Filmförderung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen konzentrierte sich die Recherche bald auf den Harz und seine Orte mit gut erhaltener historischer Substanz. Die Wahl fiel auf Quedlinburg. „Am langwierigsten war die Suche nach dem Friedhof“, so Wenzel. Am Ende entschied man sich für den romantischen Görlitzer Friedhof.
Die Schwarz-Weiß-Ästhetik
Ein weiterer wichtiger ästhetischer Faktor war die Entscheidung, den Großteil des Films in Schwarz-Weiß zu drehen. Paradoxerweise kam diese Ästhetik Ozons Wunsch nach einem realistischen Eindruck nahe, da man, so der Regisseur, diese Epoche ohnehin nur in Schwarz-Weiß kenne. Für Kostümdesignerin Pascaline Chavanne bedeutete diese Entscheidung wiederum, ihre ersten Entwürfe zu überarbeiten, da für das Schwarz-Weiß-Format die farblichen Kontraste in der Ausstattung stärker hervorgeheben werden mussten. So nähte sie an die Kostüme Borten und Tressen und verstärkte die Muster und Motive mit Stickereien. Für diese Arbeit recherchierte Chavanne in Muster- und Farbkatalogen jener Epoche, die heute in Archiven, Bibliotheken und Museen wie dem Pariser Musée de l’Armée zu finden sind.
Deutsche Nüchternheit und französische Eleganz
Da nationale Stereotype vermieden und die Charaktere möglichst zeitlos wirken sollten, wurde im Detail auf allzu offensichtliche Hingucker verzichtet. Die Vorgabe, sagt Chavanne, lautete, dass die deutschen Kostüme mehr Strenge, die französischen dagegen mehr Verspieltheit und – im übertragenen Sinn – mehr Farbe ausstrahlen sollten. So ist die Kleidung von Frantz’ gutbürgerlicher Mutter zurückhaltender und gedeckter als die elegante und modische Garderobe von Adriens Mutter aus der wohlhabenden Bourgeoisie in der französischen Provinz. Gleichzeitig sollte auch die deutsche Nüchternheit eine gewisse Eleganz besitzen, was vor allem in den Kostümen Annas zum Ausdruck kommt. Auch Susanne Abel empfand das Schwarz-Weiß als Herausforderung. „Neue Strukturen und Kontraste mussten gefunden werden. Mit bloßem Auge betrachtet ergaben sich daraus zum Teil sehr gewagte Farbkombinationen. Fotografiert in Schwarz-Weiß wirkten sie jedoch harmonisch."
Inspiration aus der Kunstgeschichte
Eines der inszenatorischen Leitmotive bestand darin, dass sich in beiden Ländern die Orte – Straßen, Friedhöfe, Elternhäuser, Kneipen, Züge, Hotels – spiegeln sollten. Die deutschen Locations, so Wenzel, sollten „etwas Geducktes, Dunkles und Enges“ haben. Als Inspiration nennt Barthélemy Gemälde von Caspar David Friedrich, die Arbeiten des symbolistischen dänischen Malers Vilhelm Hammershøi mit seinen rätselhaften Interieurs, das Drama "Tess" von Roman Polanski sowie Lubitschs Original für die romantischen Szenen. Für die französischen Zum Inhalt: Szenen ließ er sich von Édouard Manet, den Impressionisten sowie von zeitgenössischen Fotos, die er u.a. im Archiv des Louvre entdeckte, und Dokumentarfilmen der Epoche inspirieren. Für Frantz’ Elternhaus am Drehort Wernigerode fand sich ein Kirchengebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert mit schönen architektonischen Details, das Barthélemy mit Tapeten und Vorhängen, die er bei Trödlern oder in Antiquitätengeschäften fand, ausstattete. Die Möbel, Gemälde und Accessoires verschmolzen mit der Patina des Hauses zu einem "décor goéthien“, das für Barthélemy gerade durch das kontrastreiche Schwarz-Weiß etwas Magisches besitzt.
Vergangenheit darf nie museal wirken
Die Ausstattung eines historischen Filmes gilt als besonders gelungen, wenn man den Bildern die Mühen nicht ansieht. "Im Straßenbild ist bei historischen Filmen der Aufwand, Dinge wie etwa Satellitenschüsseln, Bushaltestellen und Fahrbahnmarkierungen zu verstecken, mindestens ebenso groß wie der Aufwand, gestaltete Dinge hinzuzufügen“, erklärt der erfahrene Szenenbildner. Dennoch stand bei "Frantz" die historische Genauigkeit nicht an erster Stelle, erinnert sich auch Abel: „Wir haben bewusst darauf verzichtet, das moderne Straßenpflaster mit Sand, Lehm und Stroh zu verdecken. Manchmal ist es genau dieser Wunsch, korrekt zu sein, der die Dekoration „gemacht“ erscheinen lässt.“ Diese Erfahrung hat Barthelémy schon oft gemacht. Um historische Filme authentisch wirken zu lassen, müsse man stets die Balance zwischen geschichtlicher Verortung und Glaubwürdigkeit finden: „Der angestrebte Realismus darf nie etwas Museales ausstrahlen.“