Der türkisch-stämmige Nejat ist Germanistikprofessor in Hamburg und missbilligt die Entscheidung seines verwitweten Vaters Ali, den Lebensabend mit der ehemaligen Prostituierten Yeter zu verbringen. Als Ali die junge Frau im Affekt erschlägt, werden sich Vater und Sohn noch fremder. Während Ali auf seinen Prozess wartet, macht sich Nejat in Istanbul auf die Suche nach Yeters Tochter Ayten. Die polizeilich gesuchte kurdische Aktivistin hat sich jedoch illegal nach Deutschland abgesetzt, um Zuflucht bei ihrer Mutter zu suchen, von deren Tod sie noch nichts weiß. In Deutschland verliebt Ayten sich in die Studentin Lotte, bei der sie eine zeitlang Unterschlupf findet. Nach einer polizeilichen Festnahme und einem gescheiterten Asylantrag in Deutschland wird sie in die Türkei abgeschoben, wo sie sofort verhaftet wird. Lotte, die ihr nachgereist ist, um sich für ihre Freilassung einzusetzen, wird von einer Bande krimineller Kinder versehentlich erschossen. Ihre Mutter Susanne, zu der sie ein schwieriges Verhältnis hatte, begibt sich nach Istanbul, um ihrer Tochter das letzte Geleit zu geben.

Souverän und elegant verwebt Fatih Akin in seinem Drehbuch die lose verbundenen episodischen Erzählstränge des Films zu einer einheitlichen Dramaturgie. Die scheinbar zufälligen Begegnungen von sechs Menschen beeinflussen und bedingen sich gegenseitig. Zwei unvorhersehbare, tragische Todesfälle verursachen tiefe Einschnitte in den Lebensläufen der Figuren, aus denen große persönliche Veränderungen hervorgehen. Akin verbindet im zweiten Teil seiner Liebe, Tod und Teufel-Trilogie politische und philosophische Themen mit persönlichen Erfahrungen. Seine Geschichte handelt vom Verlust nahe stehender Personen und der Heimat, von Trauer, Entfremdung und Annäherung, Schuld und Vergebung, und vor allem von der Kraft der Liebe und der Auseinandersetzung mit dem Tod. Die Hinterbliebenen, die am Anfang noch im Alltäglichen festgefahren und vereinsamt sind, finden durch die erschütternde Erfahrung des Todes eines geliebten Menschen wieder zu sich selbst.

Wie schon in Akins vorausgegangenen Filmen (, 2003; Zum Filmarchiv: "Kurz und schmerzlos", 1998) geht es auch hier um das deutsch-türkische Verhältnis, um Menschen zwischen orientalischen und westlichen Einflüssen. Der türkisch-stämmige Regisseur betrachtet beide Systeme kritisch: Auf der einen Seite wird das rigide bürokratische Asylrecht Deutschlands zum Thema, auf der anderen Seite die gewaltsame Unterdrückung der politischen Opposition durch die türkische Regierung. Der Regisseur versteht sich als Vermittler zwischen den Kulturen und plädiert für eine Öffnung der Europäischen Union für die Türkei. Trotz seiner inhaltlichen Vielfalt wirkt der Film nicht überladen. In seiner Erzählweise ruhig und mit Bedacht, aber auch eindringlich und atmosphärisch dicht, schafft es Akin, als einer der herausragenden Vertreter des modernen europäischen Autorenkinos, den dramaturgischen Spannungsbogen durchgehend aufrecht zu halten. Am Ende des deutsch-türkischen Projekts schließt sich der Kreis, wenn Nejat im Hafen von Trabzon am Schwarzen Meer auf die Rückkehr seines Vaters wartet.

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