Warum werden in den USA jährlich 11.000 Menschen erschossen? In Relation zur Bevölkerungszahl ist das ein Vielfaches der gewaltsamen Todesfälle mit Schusswaffen in allen anderen westlichen Staaten. Diese Frage steht im Mittelpunkt des jüngsten Dokumentarfilms von Michael Moore, der 1989 mit Roger and Me den besucherstärksten Dokumentarfilm aller Zeiten realisiert hat. Ausgangspunkt ist diesmal das Massaker an der Columbine-Hochschule in Littleton im US-Bundesstaat Colorado im Jahr 1999. In brillant gespielter Naivität heftet sich der Filmemacher an die Fersen von Lobbyisten, Popgrößen und Politikern. Moore untersucht dabei die Mentalität von Vorstadtkriegern und waffengeübten Hausfrauen und bringt in seiner satirischen Montage aus Interviews, TV-Ausschnitten, Video-Dokumenten und Zeichentricksequenzen die historisch und kulturell verankerte Bedrohungsparanoia seiner Landsleute zu Tage. Maßgeblich gefördert wird die von Moore konstatierte "Kultur der Angst", die sich in Gewaltakten auf privater und internationaler Ebene äußert, durch die sensationsgierigen und zu einseitigen Übertreibungen neigenden Medien. Höhepunkt der filmischen Polemik ist eine entlarvende Begegnung mit dem Hollywood-Altstar und Präsidenten der einflussreichen National Rifle Association, Charlton Heston. Er hatte kurz nach der Bluttat von Littleton vor Ort in einer Rede das in der Verfassung verankerte Recht auf Waffenbesitz verteidigt. Als Moore ihn mit dem Foto eines sechsjährigen Mädchens konfrontiert, das von einem gleichaltrigen Klassenkameraden erschossen wurde, bricht Heston das Gespräch einfach ab. Bowling for Columbine war der erste Dokumentarfilm, der nach 46 Jahren für den Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes 2002 ausgewählt wurde. Dort erkannte ihm die Jury einen Sonderpreis zu. Außerdem gewann der Film den Publikumspreis des Festivals in San Sebastian. Angesichts der Heckenschützenmorde in der Region Washington und des Amoklaufs von Erfurt gewinnt diese aufrüttelnde Sozialstudie zusätzliche Brisanz.