Südtirol im Mittelalter: Der Königssohn Theodor, zu seinem Leidwesen von allen nur Theo genannt, stellt für seinen Vater Dietrich eine herbe Enttäuschung dar. Einen Kopf kleiner als seine Altersgenossen und von schmächtiger Statur, taugt der überforderte 16-Jährige so gar nicht zum wackeren Eroberer und Helden. Zur Belustigung seines arroganten Cousins Wittich zeigt auch das Krafttraining beim Waffenmeister Hildebrand, bei dem Theo auf der Streckbank an Körpergröße zulegen soll, keinerlei Wirkung. Obendrein klagt das Volk über Missernten. Seit der Herrscher die Zwerge für den Tod seiner Frau verantwortlich gemacht und deshalb verbannt hat, gedeiht im Königreich nichts Grünes mehr. Denn nur die Zwerge wissen, wie man Pflanzen züchtet und pflegt.

Als Theo im Gebirge beinahe abstürzt, rettet ihm ausgerechnet der verbitterte Zwergenkönig Laurin das Leben. Zum Dank muss der Junge in Laurins Rosengarten arbeiten. Beim gemeinsamen Gärtnern überwinden beide allmählich ihre Vorurteile und freunden sich an. Mit dem magischen Kraftgürtel des Zwergs, den Theo heimlich an sich nimmt, kann er schließlich sogar ein Ritterturnier gewinnen. Der unfaire Sieg beschert Theo die Hand Simildes und den ersehnten Respekt seines Vaters. Doch wie lange kann er seinen Betrug verbergen?

König Laurin, Szene (© Zorro Filmverleih)

Laurins Rosengarten

Mit seinem Abschlussfilm an der HFF München Zum Inhalt: adaptiert Matthias Lang die Südtiroler Sage von König Laurins Rosengarten. Die volkstümliche Erzählung aus dem 14. Jahrhundert gehört zum Zyklus der alpenländischen Heldensagen um Dietrich von Bern und wurde seitdem in verschiedenen Fassungen überliefert. Die Auseinandersetzung zwischen Menschen- und Zwergenkönig um die Königstochter Similde diente ursprünglich auch als mythologische Erklärung eines bekannten Naturphänomens, dem Alpenglühen. Laut Sage lässt ein Fluch, den Laurin über seinen prächtigen Rosengarten verhängte, die Bergregion in der Dämmerung rot erstrahlen. Der Film übernimmt Motive wie Laurins Rosengarten, den Kraftgürtel und seinen Tarnmantel, verarbeitet den Stoff aber frei. So kommt Theo in der Originalsage überhaupt nicht vor. Mit der neuen Identifikationsfigur entwirft Matthias Lang nun ein modern inszeniertes, inhaltlich aber klassisches Märchen-Abenteuer für Kinder.

Vater und Sohn

Thematisch stellt "König Laurin" die zerrüttete Beziehung zwischen Theo und seinem trauernden Vater ins Zentrum. Mit seiner Enttäuschung hält Dietrich nicht hinter dem Berg: "Du wirst niemals in meine Rüstung passen!", wirft er seinem Sohn vor. Der Konflikt verläuft durchaus nicht eingleisig. Anfangs will Theo den väterlichen Vorstellungen zwar unbedingt entsprechen, doch dann entdeckt er anstelle des Kampfes seine Liebe zur Natur und seine wahre Bestimmung. Durch die geheime Freundschaft zu Laurin, der als Vaterersatz fungiert, findet der Junge den Mut, zu sich selbst zu stehen.

Und so kann er endlich auch zeigen, was in ihm steckt: Besteht er das Kräftemessen beim Turnier zwar nur mithilfe des gestohlenen Zaubergürtels, so kann er später jedoch einen von seinem machthungrigen Cousin initiierten Angriff der verfeindeten Armeliten mit einer cleveren Idee abwehren. Hier packt auch Similde mit an, die ihren dekorativen Status als Preisdame immer wieder mit bissigen Sprüchen kommentiert. In der Figur Simildes, die in der Originalsage übrigens die Tochter des Königs ist, persifliert "König Laurin" somit auch überholte Rollenbilder klassischer Märchen.

König Laurin, Szene (© Zorro Filmverleih)

Fantasievolle Spezialeffekte

"König Laurin" überzeugt vor allem mit seiner sorgfältigen Zum Inhalt: Ausstattung und den sehenswerten Zum Inhalt: Drehorten in Südtirol und Franken. Mit vielen Gebirgspanoramen und Zum Inhalt: Kameraflügen, liebevoll gestalteten Kulissen und der vom Filmorchester Babelsberg eingespielten Zum Inhalt: Musik wirkt "König Laurin" wie eine Kinderversion der "Herr der Ringe" -Filme (USA 2001-2003). Auch die digitalen Zum Inhalt: Spezialeffekte, etwa der Tarnmantel Laurins oder die Action- Zum Inhalt: Sequenzen, sind für einen Abschlussfilm von erstaunlicher Qualität. Die Zum Inhalt: Farbgestaltung mit Grau- und Brauntönen und der Einsatz von Zum Inhalt: Zeitlupen in actionbetonten Zum Inhalt: Szenen untermauern diesen Eindruck. Anders als die oft sauber ausgestatteten Fernseh-Märchenfilme mit ihren schneeweißen Zum Inhalt: Kostümen setzt der Film auf Patina: Die Kostüme wirken gebraucht, Rußschwaden umwehen die Burgwände und lassen eine authentisch wirkende Mittelalterwelt entstehen.

Versöhnliches Ende

Sein Zielpublikum behält "König Laurin" stets im Blick, was sich auch im Zum Inhalt: Off-Kommentar spiegelt, den Theo als Erzähler der Geschichte einspricht. Außerdem nimmt sich der humorvolle Film nicht allzu ernst. So schmuggelt Matthias Lang Anachronismen ins Mittelalter, wenn etwa die Figuren wie im Zum Inhalt: Animationsfilm Zum externen Inhalt: Merida – Legende der Highlands (öffnet im neuen Tab) (USA 2012) Umgangssprache sprechen ("Oberlusche") oder die Pferde wie Autos "Sommer- und Winterhufeisen" tragen, was Bezüge zu unserer Gegenwart herstellt und kindliche Erfahrungshorizonte bedient.

In der Originalsage unterliegt Laurin im Kampf gegen König Dietrich und wird gefangengenommen. In der Version von Matthias Lang endet die Heldenreise indes versöhnlich. Das Reich blüht auf, der Zwergenkönig ist rehabilitiert und Theo hat gelernt, an sich zu glauben, auch wenn er nicht so kampflustig wie andere Jungen ist. Seine tröstliche Botschaft transportiert "König Laurin" als unterhaltsames Zum Inhalt: Fantasy-Abenteuer mit charmant gestalteten Schauwerten, das jüngere Kinozuschauer/-innen in besonderer Weise ansprechen dürfte.

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