Lu und Fati leben mit ihren Kindern in einem Wohnheim (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set) für minderjährige Mütter in Buenos Aires, das von Nonnen betrieben wird und ihnen ein Zuhause – "Hogar" , so der Originaltitel des Films – bietet. Die beiden 17-Jährigen bewohnen gemeinsam ein Zimmer, die Kinderbettchen stehen neben ihrem Stockbett. Während Fati sich dankbar zeigt und im Alltag des Heimes mithilft, fällt es Lu schwer, sich an die Regeln der Gemeinschaft zu halten. Sie trifft sich heimlich mit Männern, kommt zu spät nach Hause und macht sich eines Nachts davon. Ihre kleine Tochter Nina lässt sie zurück. Wie immer springt Fati für Lu ein, aber auch die Novizin Paola, eine junge Frau aus Italien und neu im Heim, kümmert sich liebevoll um das Kleinkind. Eines Abends darf Nina sogar bei Paola im Zimmer schlafen; allmählich entsteht eine Bindung zwischen den beiden. Nach und nach und hinter dem Rücken der anderen Schwestern übernimmt Paola die Mutterrolle für Nina. Dann – Wochen später – steht Lu wieder vor der Tür und stellt damit auch Paola vor eine schwierige Entscheidung.

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"Maternal" erzählt seine Geschichte auf leise, bedächtige Weise: Wie in vielen lateinamerikanischen Filmen wird mehr über Blicke, Gesten und Atmosphäre transportiert als über ausgearbeitete Dialoge. Die Figuren sprechen wenig, sie unterhalten sich natürlich, deuten oft nur an, sind leise Protagonistinnen. Musik (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik) als filmisches Mittel kommt eher spärlich zum Einsatz. Dabei wird sie nicht dominierend über das filmische Geschehen gelegt, um Spannung (Glossar: Zum Inhalt: Suspense) oder Stimmungen zu erzeugen, sondern sie ist diegetisch, entstammt also dem filmischen Raum und ist somit von den Figuren hör- und erlebbar. Der Film von Maura Delpero wirkt gerade im ersten Drittel fast wie ein Zum Inhalt: Dokumentarfilm über kirchliche Wohnheime für jugendliche Mütter: Die Kamera ist oft mitten im Geschehen und nah an den Figuren (Glossar: Zum Inhalt: Einstellungsgrößen), der Blick auf den ganzen Raum ist dem Publikum dann verwehrt. Sie fängt ein, was die jungen Frauen tun, wie sie sich um ihre Kinder kümmern – oder auch nicht, weil sie sich die Nägel lackieren oder das Schreien der Kinder ignorieren.

Im Sprachunterricht oder im Fach Medienpädagogik kann diese dokumentarische Erzählweise genauer untersucht und "Maternal" mit konventioneller erzählten Filmen verglichen werden: Wie und wie viel sprechen die Figuren? Wie wird Musik im Film, wie die Kamera eingesetzt und welche Wirkung wird dadurch erzielt? Bei der Beschreibung der Kameraarbeit in "Maternal" eignet sich die Analyse von Standbildern, etwa wenn sich die Mütter am Tisch versammeln oder die Figuren im Badezimmer ihre Zähne putzen und die Kamera "mittendrin" dabei ist. Darüber hinaus bietet der Film viel Gesprächsstoff zu den Themen Erwachsenwerden, Muttersein und gesellschaftlichen Rollenbildern. Was bedeutet es, mit siebzehn Jahren schon Mutter zu sein? In diesem Zusammenhang können die Schüler/-innen zudem die verschiedenen Facetten von Mutterschaft im Film identifizieren. Auch die Themen Religion und Kirchen bieten hier Diskussionsstoff: So können das Verhalten und das Weltbild der Nonnen, allen voran das der Mutter Oberin, untersucht und dann im Vergleich überlegt werden, welche Rolle Schwester Paola im Film einnimmt. Spannend ist die Frage, inwiefern sie offenbar mit ihrer mütterlichen Fürsorge Grenzen überschreitet. Zugleich führt die Zuneigung zu dem kleinen Mädchen bei ihr zu schweren inneren Konflikten. Ist sie für ein Leben im Kloster bereit? Gerade in den letzten Szenen wird Paolas Zwiespalt zwischen religiöser Berufung und persönlichen Bedürfnissen deutlich.

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