Andi Jovanovic, ein mittelloser Tagelöhner, schlägt sich buchstäblich durchs Leben. Tag für Tag kämpft der ehemalige Boxer darum, seine Pflichten als Vater von drei Kindern zu erfüllen. Die Schulkinder Nikki und Ronny, aus einer älteren Beziehung stammend, leben meistens bei ihm; seine jüngste Tochter Fiou, die noch im Säuglingsalter ist und bei seiner Ex-Freundin Sonja aufwächst, bekommt er nur selten zu sehen. Sein Traum ist es, Sonja zurückzugewinnen und mit ihr wieder eine Familie zu bilden. Möglich wäre das, glaubt er, hätte er nur so viel Geld wie deren neuer Lebenspartner Mike. Um ihm kurzfristig aus der Klemme zu helfen, klaut Sonja diesem ein paar Tausender. Nachdem Andi damit seine Mietschulden beglichen hat, fordert sie das Geld allerdings umgehend zurück – andernfalls werde er sie und das Kind nie wiedersehen. Andi, der zu explosiven Gewaltausbrüchen neigt, sieht in seiner Verzweiflung nur eine Möglichkeit: Er nimmt seine Karriere als Amateurboxer wieder auf und setzt bei einem Wettkampf, vor den Augen seiner Kinder, alles aufs Spiel.

Barbara Otts erster Spielfilm ist eine körperliche Tour de Force durch das Leben eines Mannes, dem die Worte fehlen, um seine Probleme zu lösen. Oft sieht man Andi mit seinen Kindern im Schlepptau von einer Ex-Partnerin zur anderen ziehend, dann wieder auf dem Weg zur Arbeit, wo er wegen Unpünktlichkeit bald entlassen wird. Die trostlosen Zum Inhalt: Schauplätze – eine Stadtrandgegend aus verfallenden Wohnblocks, Industriearealen und Lagerhallen irgendwo in Deutschland – spiegeln seinen Gemütszustand ebenso wider wie Zum Inhalt: die kalten Winterfarben des Films. In den teils blutigen Zum Inhalt: Boxszenen ist die rastlose Zum Inhalt: Handkamera stets dicht am Protagonisten, zeigt seine durch die drückenden Verhältnisse verengte Perspektive. Ein wenig Hoffnung vermittelt in dem klassisch Zum Inhalt: sozialrealistischen Drama das avantgardistische Zum Inhalt: Sounddesign des Filmkomponisten John Gürtler. Die unwirkliche Harmonie dieser Klänge weist auf den leicht zu übersehenden Kern der Geschichte, nämlich die unzerstörbare Liebe zwischen dem Vater und seinen Kindern, gegen alle Umstände.

Kids Run, Trailer (© Farbfilm Verleih)

Sozialrealismus und Boxerfilm schließen sich, blickt man etwa auf "Rocky" (USA 1976), keineswegs aus. In Otts teils ruppiger Milieustudie rücken allerdings die sozialen und auch psychischen Folgen wirtschaftlicher Ohnmacht und Perspektivlosigkeit merklich ins Zentrum. Die Armut macht nicht nur Andi, sondern auch seine Kinder in der Schule zu Außenseitern. Im Unterricht können der Wirklichkeitsgehalt der Geschichte und Elemente der Stilisierung herausgearbeitet werden. Über die poetische Verdichtung prekärer Verhältnisse hinaus erzählt der Film aber auch von universalen Problemen, die Eltern und Kinder aller Schichten betreffen können – versucht Andi doch letztlich nur, seiner Verantwortung als Vater gerecht zu werden. Dabei lässt sich etwa im Fach Ethik aber auch das Männlichkeitsbild diskutieren, das seinem oft fehlgeleiteten Beschützerinstinkt zugrunde liegt. Die Neigung, seine Familie notfalls mit den Fäusten zu verteidigen, ist vor allem Ausdruck seiner Hilflosigkeit.

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