Der Zum Inhalt: Dokumentarfilm "Silence Radio" begleitet die mexikanische Journalistin Carmen Aristegui in ihrem Kampf gegen Korruption und Zensur. In Mexiko leben Carmen und ihre Kolleg/-innen sehr gefährlich, nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden seit dem Jahr 2000 mehr als 100 Journalist/-innen im Land ermordet. Carmen Aristeguis Radiosendung ist seit den 1990er-Jahren eine der wenigen Möglichkeiten, sich aus unabhängigen Quellen zu informieren. Die beliebte Reporterin gilt als Stachel im Fleisch der Regierenden, doch als sie 2014 einen Korruptionsskandal um den amtierenden Präsidenten Enrique Peña Nieto aufdeckt, bringt sie das Fass zum Überlaufen. Das Medienunternehmen MVS kündigt ihr und ihrem Team fristlos. Mehr als 200.000 Menschen demonstrieren daraufhin für ihre Wiedereinstellung, gleichzeitig nehmen Todesdrohungen und Schikanen gegen sie zu. Doch statt sich einschüchtern zu lassen, arbeitet sie weiter und knapp zwei Jahre später sind sie und ihr Team mit ihrem eigenen täglichen Internet-Stream zurück: "Die Angst darf nicht siegen", sagt die heute 57-Jährige, die 2017 vom Fortune Magazin zu einem der "50 wichtigsten Menschen weltweit" gewählt wurde.

Für die in der Schweiz lebende mexikanische Regisseurin Juliana Fanjul und viele andere Mexikaner/-innen war Carmen Aristeguis Sendung der Lichtblick in einer Medienlandschaft, die ansonsten von Spielshows und Telenovelas dominiert wird. Der Dokumentarfilm "Silence Radio" setzt kurz nach Carmens Kündigung ein, entwickelt sich aber dennoch nicht einfach zu einem alternativen Sprachrohr der mutigen Journalistin, sondern begleitet und dokumentiert den täglichen Kampf um Pressefreiheit, bei dem Carmen selten Angst zeigt. Es sind eher ihre männlichen Kollegen, die auch darüber sprechen, welchen Preis jeder einzelne dafür bezahlt, sich der Gewalt nicht zu beugen. Zu den bewegenden Zum Inhalt: Interviews kommen sorgfältige Beobachtungen des Alltags dieser Menschen, die täglich darum kämpfen müssen, die Angst zurück zu drängen. Der fast geflüsterte, persönliche Zum Inhalt: Kommentar der Regisseurin und die unterschwellig bedrohliche Zum Inhalt: Soundebene des Films schaffen eine beklemmende Atmosphäre, die den Druck spürbar macht, unter dem Journalist/-innen in Mexiko stehen.

Silence Radio, Trailer (© jip Film & Verleih)

Im Gemeinschaftskunde- und Politikunterricht bietet sich "Silence Radio" als Ausgangspunkt an, um der Frage nachzugehen, warum unabhängige Medien als "vierte Gewalt im Staat" in Demokratien unabdingbar sind, um Informationen zu verbreiten und zu bewerten, aber auch um politische Institutionen und politisch Handelnde zu kontrollieren und der zur Meinungsbildung notwendigen Kritik Raum zu geben. Angesichts der in Deutschland geführten Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann der Film einen wichtigen Gedankenanstoß geben, denn in Mexiko ist die Medienlandschaft komplett privat organisiert und damit anfällig für eine Beeinflussung durch Wirtschaft und Politik. Darüber hinaus lässt sich am Film gut nachvollziehen, wie die mexikanische Gesellschaft sich durch Gewalt und Angst verändert und wie schnell nicht nur die gesellschaftliche, sondern auch die individuelle Freiheit schrumpft, wenn auf Justiz und Rechtsstaat kein Verlass ist. Schließlich wird sichtbar, warum kritischer Journalismus gerade in Zeiten von Filter Bubbles und "fake news" so wichtig ist. Am Beispiel der Arbeit Carmen Aristeguis können Kriterien für guten Journalismus herausgearbeitet und diskutiert werden.

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