Kategorie: Filmbesprechung
"Black Mirror: Bandersnatch"
Bandersnatch
Interaktiver TV-Film über einen jungen Game-Entwickler in den 1980ern
Unterrichtsfächer
Thema
London 1984 (Glossar: Zum Inhalt: Drehort/Set). Videospiele werden zu Popkultur. Der junge und psychisch labile Programmierer Stefan Butler möchte den Fantasy-Roman Bandersnatch als interaktives Spiel adaptieren. Er bewirbt sich mit dem Projekt bei der aufstrebenden Software-Firma Tuckersoft, für die auch Butlers Vorbild, der renommierte Spieleentwickler Colin Ritman, arbeitet. Tuckersoft sagt zu, Bandersnatch zu produzieren. In der Folgezeit schreibt der junge Mann zu Hause den Quellcode, wobei ihm Programmierfehler und die labyrinthische Struktur des Spiels zu schaffen machen. Er zweifelt an seinen Fähigkeiten, zusätzlich brechen Traumata aus der Kindheit wieder auf. Immer mehr zieht sich Stefan Butler zurück, feindet seinen besorgten Vater an und kann bald nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Spielwelt unterscheiden.
"Bandersnatch" überbrückt die Wartezeit auf die fünfte Staffel der Zum Inhalt: Science-Fiction-Serie "Black Mirror" , die sich mit der Wechselwirkung von Technik, Medien und Gesellschaft auseinandersetzt. Im Gegensatz zu den einzelnen Folgen, die jeweils in sich abgeschlossene Geschichten erzählen, folgt das Zum Inhalt: Drehbuch von "Bandersnatch" einem interaktiven Konzept. Die Zuschauenden müssen im Schnitt alle 90 Sekunden Entscheidungen treffen, die sie über die Fernbedienung oder Computertastatur eingeben und die die Handlung sowie die Gestaltung beeinflussen. Der Kauf eines Albums im Plattenladen betrifft beispielsweise den Soundtrack (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik), der anschließend den Film prägt. Ebenso ist es aber auch möglich, dass eine falsche Entscheidung den Tod des Protagonisten nach sich zieht. In diesem Fall muss wieder von vorne begonnen werden. Wird eine andere Entscheidung getroffen, so kann diese andere filmische Mitteln, wie Zum Inhalt: Kameraeinstellungen und Zum Inhalt: Kameraperspektiven, ebenso wie modifizierte Dialoge nach sich ziehen. Somit spiegelt die besondere Dramaturgie des Films die Handlung – die Entwicklung eines komplexen Adventure-Spiels – wider, bei dem die Spielenden die Hauptfiguren navigieren und Rätsel lösen müssen. Je nachdem, welche Entscheidungen die Zuschauenden treffen, sind sogar unterschiedliche Schlussvarianten von "Bandersnatch" möglich.
Im Deutschunterricht bietet es sich an, die Dramaturgie des Filmes näher zu untersuchen. Die Strukturierung des Drehbuches und die Auswirkungen für den Produktionsprozess können dabei mögliche Aspekte sein. Ebenso kann eine Einordnung in die verschiedenen Formate des interaktiven Fernsehens vorgenommen werden, unter denen die Wahl des Programms über einfache Abstimmungen bis hin zu Handlungsentscheidungen zusammengefasst werden. Medienkonzepte wie von Marshall McLuhan in Understanding Media (1964) formuliert, lassen sich im Englischunterricht erörtern. Eine von McLuhans Thesen, dass technische Innovationen zu veränderten Wahrnehmungsprozessen führen, ist ein zentrales Motiv in "Bandersnatch" . So fühlt sich der Protagonist beispielsweise "fremdgesteuert". Dies ist weiterführend ein guter Anknüpfungspunkt für eine Diskussion im Philosophie- und Informatikunterricht: Wird, wie Medientheoretiker Friedrich Kittler postuliert hat, am "Ende der Medienrevolution der Anwender entmündigt"? Ebenso kann im Philosophieunterricht die Bedeutung des freien Willens erörtert werden.