Wenn man von außen auf die Welt blicken könnte, würde man sich ein paar grundsätzliche Fragen zum vielbeschworenen Wort "Wachstum" stellen, mutmaßt der Wirtschaftswissenschaftler Tim Jackson: "Ist das eine Religion? Ein Gott? Ein Virus, der die Menschen befallen hat?" Für den prominenten Wachstumskritiker ist der Glaube daran, dass sich die Wirtschaftsleistung im Kapitalismus trotz schwindender Ressourcen weiter steigern lässt, der wesentliche Fehler im System. Als Interview-Partner ist Jackson eine Art Kronzeuge in "System Error" . Noch wichtiger sind für Regisseur Florian Opitz allerdings Karl Marx und dessen Hauptwerk "Das Kapital" (1867): Zahlreiche Zitate daraus gliedern den Film in Kapitel und geben ihm seine argumentative Struktur. Mit diesem kapitalismuskritischen Ansatz begibt sich der Zum Inhalt: Dokumentarfilmer ins Gespräch mit hochrangigen (ausschließlich männlichen) Vertretern aus Finanzwesen, Industrie und Agrarwirtschaft, um sich die "Wachstumsideologie" (Opitz) aus ihrer Sicht erklären zu lassen.

"System Error" ist ein weiteres Beispiel des "engagierten Dokumentarfilms", der Mitte der 2000er-Jahre eine Hochphase erlebte und sich mittlerweile als Zum Inhalt: Subgenre etabliert hat. Für seinen thematisch verwandten Film – über den internationalen Trend der Privatisierung staatlicher Betriebe – wurde Opitz 2009 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Gemeinsam ist beiden Filmen der Versuch, anhand lokaler Fallbeispiele globale Zusammenhänge zu veranschaulichen. S"ystem Error" etwa zeigt die riesigen Agrarflächen im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso, wo für den weltweiten Bedarf an Rindfleisch und Soja Regenwald gerodet wird, den boomenden Flugverkehr in China oder die Finanzgeschäfte einer deutschen Versicherung, die mit ihren Einnahmen in die wachsenden Märkte der Schwellenländer investiert. Neben den Zum Inhalt: Talking-Heads-Interviews sind im Film zahlreiche Archivaufnahmen aus der Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts zu sehen, die Opitz mit einem dezidiert kritischen Zum Inhalt: Voice-Over kommentiert.

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Mit seinen repräsentativen Interview-Partnern aus der Wirtschaft und seiner an Marx geschulten Systemkritik regen sowohl der Film als Ganzes als auch einzelne Zum Inhalt: Szenen zu kontroversen Debatten in den Fächern Politik, Geschichte oder Sozialkunde an. Vorab sollten die Schüler/-innen in Partner- oder Gruppenarbeit die wichtigsten Begriffe des Films recherchieren (etwa in den Online-Lexika auf bpb.de): Kapital und Kapitalismus, Wirtschaftswachstum, Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Nachhaltigkeit. Anschließend sollte analysiert werden, wie der Film seine These durch Zum Inhalt: Montage, Zum Inhalt: Text-Inserts und die (Gegen-)Stimmen aus den Interviews untermauert. Opitz' Kernargumente gegen den Kapitalismus in seiner jetzigen Form sind die soziale Ungerechtigkeit und die begrenzten Ressourcen des Planeten. Ökonomen wie Markus Kerber, ehemaliger Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, halten Wachstum hingegen für "ähnlich unabänderbar wie die Schwerkraft". Die gegensätzlichen Positionen können die Schüler/-innen diskutieren oder in einem Rollenspiel umsetzen. Können sie sich Alternativen zum jetzigen System vorstellen? Der Film selbst entwirft in dieser Frage keine "Lösung".

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