Kategorie: Film
"Lost River"
Eine Mutter und ihr Sohn kämpfen in einer Stadt ohne Zukunft um die Existenz der Familie
Unterrichtsfächer
Thema
In kargen, gleichzeitig extrem stilisierten Zum Inhalt: Einstellungsgrößen erzählt Ryan Goslings Regiedebüt die Geschichte der alleinerziehenden Mutter Billy und ihrer beiden Söhne Bones und Franky, die an einem verwahrlosten, aus der Zeit gefallenen Ort namens Lost River ein prekäres Dasein fristen. Da Billy die Raten für das Haus nicht mehr zahlen kann, droht der baldige Abriss. In dieser finanziellen Notlage gibt sie dem Vorschlag ihres Bankmanagers nach, ein Engagement in dessen skurrilem Nachtclub anzunehmen. Derweil gerät Bones, der mit gestohlenen Kupferrohren etwas Geld dazuverdient, in Konflikt mit dem aggressiven Bully, der die Bewohner der Kleinstadt terrorisiert. Einen Gegenpol zu der Gewalt bildet Bones‘ Freundschaft mit der introvertierten Rat. Gemeinsam versuchen sie, auf dem Grund des angrenzenden Stausees das Geheimnis von Lost River zu bergen, um so die kleine Gemeinde zu retten.
Gefilmt in der maroden Automobilstadt Detroit, thematisiert "Lost River" am Rande auch die Wirtschaftskrise und den Verfall der US-amerikanischen Städte. Auf ästhetischer Ebene sind die Vorbilder von Regiedebütant Gosling schnell ausgemacht: Die düstere Atmosphäre zwischen Traum und Realität ist von David Lynch beeinflusst, der in "Wild at Heart" (USA 1990) mit einer ähnlichen Feuer-Symbolik spielt. Ein weiterer Referenzpunkt ist Terrence Malick, dessen lange, entrückte Einstellungen ein stilistisches Motiv im Film geworden sind. Gosling arbeitet bevorzugt mit extremen Hell-Dunkel-Kontrasten (Glossar: Zum Inhalt: Farbgestaltung), die die (alb-)traumhafte Stimmung noch intensivieren. Sein stark reduzierter Erzählstil belässt vieles im Vagen, was auch die Figuren schwer durchschaubar macht. So wirken Ästhetik und Geschichte von "Lost River" bisweilen etwas kryptisch. Die referenzreiche, stellenweise verstörende Bildsprache besticht vor allem durch Schauwerte.
Am Beispiel einer Gesellschaft, deren soziale Ordnung sich langsam auflöst, lässt sich im Sozialkunde- und Ethik-Unterricht zunächst über die großen Themen des Films sprechen: Freundschaft, Familienbilder, Arbeitslosigkeit und Vereinsamung. Durch die in den Film eingewobenen Verweise auf den Mythos der untergegangenen Stadt Atlantis funktioniert "Lost River" bei aller Archaik aber nicht nur als soziale Parabel, sondern auch als modernes Märchen. Die Kombination aus hartem Sozialrealismus und märchenhaften Elementen lässt sich im Vergleich mit anderen Filmen des gegenwärtigen US-Independentkinos wie Zum Inhalt: Winter's Bone oder "Beasts of the Southern Wild" (USA 2012) näher untersuchen. Wo verlaufen in "Lost River" die Grenzen zwischen Realität und Fantasie? Zuletzt können die Schüler-/innen anhand der stilisierten filmischen Mittel diskutieren, ob der Film ein realistisches Bild vom Zustand der amerikanischen Gesellschaft und der sozialen Armut in den USA zeichnet.