Der jüdische Emigrant Hermann Gebürtig, dessen Eltern von den Nazis ermordet wurden, hat sich als Musical-Komponist in New York etabliert. Seine unbewältigte Vergangenheit holt ihn ein, als die junge
Wiener Journalistin Susanne Ressel ihn mit List überredet, in einem Prozess in
Wien gegen einen ehemaligen KZ-Aufseher auszusagen. Währenddessen wird der Hamburger Kulturjournalist Konrad Sachs beim Besuch von Dreharbeiten in Auschwitz von den Erinnerungen an seinen Vater, einen verbrecherischen SS-Arzt, gequält. In Auschwitz trifft Sachs den jüdischen
Wiener Kabarettisten Danny Demant, der dort in einem US-Film mitspielt. – Die Verfilmung des 1992 erschienenen österreichischen Romans "Gebürtig" von Robert Schindel kombiniert die Lebenswege von fünf Figuren, die sich als Kinder der Opfer oder der Täter mit der Last der Nazi-Vergangenheit herumschlagen. Der als Lyriker hervorgetretene Schindel hat seinen ersten Roman im Jahr 1987 angesiedelt, als die Waldheim-Affäre internationale Schlagzeilen auslöste. Mit melancholischem Humor
und provokanter Ironie erzählt Schindel, der mit seinem Ko-Regisseur Lukas Stepanik
und Georg Stefan Troller den Roman zum Filmdrehbuch umschrieb, von jener Befangenheit, die sich als 'gläserne Wand' immer
wieder zwischen Juden
und Nichtjuden, Überlebende
und Nachgeborene stellt. Die stark gerafften Erzählstränge können sich in der kammerspielartigen Inszenierung nicht so entfalten
wie im Buch, so dass die Zuschauenden viel Zeit zur Orientierung benötigen, zumal das Regieduo gerne Vision
und Realität, Albträume
und Erinnerungen unvermittelt nebeneinander stellt. Da die Besetzung bis in kleinste Rollen erstklassig ist, fällt es der elegant gefilmten hintergründigen Burleske aber letztlich nicht schwer, das Publikum zu bewegen
und zum Nachdenken anzuregen.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.04.2004