Schwerelos schweben Candy
und Dan im Karussell, es dreht sich immer schneller, Farben
und Formen verwischen. Die beiden sind verliebt bis über beide Ohren, die Malerin
und der Gelegenheitspoet. Doch Dan ist ein Junkie,
und Candy, die behütete Tochter aus dem konservativen Elternhaus,
wiederum ist neugierig. Als sie beim ersten Schuss Heroin fast stirbt, beginnt der Abstieg vom Himmel zur Erde, Richtung Hölle. In diese drei Kapitel hat Regisseur Neil Armfield seine Verfilmung des autobiografisch gefärbten Romans von Luke Davies geteilt. Candy
und Dan wollen mehr, als ihnen die schnöde Realität bieten kann: ihre Liebe, den Rausch, das Paradies auf Erden. Als das Geld knapp wird
und die wenigen Besitztümer verkauft sind, verkauft Candy ihren Körper, um die kurzen Rückflüge von der Erde in den Himmel zu finanzieren. Doch dann erwarten die beiden ein Kind
und wollen heiraten.
Es ist der Traum vom nicht enden wollenden Glück, dem die Hauptfiguren des Films verbissen anhängen. Neil Armfield konzentriert sich auf seine Hauptfiguren, folgt ihrem Kampf um ihre eigene kleine Welt, räumt den glückseligen Rauschzuständen aber weit mehr Opulenz ein als den kalten Abstürzen. Die Zuschauenden teilen die Binnenperspektive von Candy
und Dan, denen die berauschende Wirkung des Stoffs bedeutsamer ist, als die Qual seiner Beschaffung. Dieser Logik zufolge geht Candy scheinbar mühelos für den nächsten Schuss anschaffen
und denkt erst bei ihrer Schwangerschaft über einen Entzug nach.
Candy – Reise der Engel ist ein relativ "sauberer" Drogenfilm. Heath Ledger
und Abbie Cornish verkörpern ein modisches
und in seiner Blässe attraktives Junkiepärchen, das ein großes Identifikationspotenzial besitzt. So hofft
und bangt man mit ihnen, dass sie ihren ersten kalten Entzug schaffen. Als Candy eine Fehlgeburt erleidet, hängen beide
wieder an der Nadel. Candy
und Dan scheinen nur bedingt verantwortlich zu sein für ihr eigenes Leben, viel mehr sind es äußere Ereignisse, die sie immer
wieder schwach werden lassen. Das fast versöhnliche Filmende ist insofern konsequent, aber gerade deshalb fatal, denn es erweckt den irreführenden Eindruck, man könne jederzeit noch mal ganz von vorn anfangen.
Autor/in: Dinah Münchow, 18.10.2006