Das Interview führte Margret Köhler.
Herr Bender, Sie haben den Ruf eines toughen Hollywood-Produzenten von Quentin-Tarantino-Filmen oder Gus van Sants Good Will Hunting. Was interessiert Sie an einem politisch-ökologischen Projekt über die Klimakatastrophe?
Lawrence Bender: Vor einigen Jahren wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, die "Diashow", wie Al Gore sie nennt, zu verfilmen. Meine Kollegin, die Umweltaktivistin Laurie David, lud Gore zu einer Präsentation seiner Diashow nach Los Angeles ein. Der Funke zündete; jeder wollte nach dem beeindruckenden Vortrag etwas tun. Als Filmmensch lag es für mich nahe, visuell zu arbeiten, damit nicht tausend, sondern Millionen von Zuschauern sich über die globale Katastrophe klar werden. Al Gore äußerte anfangs Zweifel, aber gemeinsam mit Laurie und Scott Z. Burns konnte ich ihn zum Mitmachen überreden. Und nach einigem Zögern sagte auch Regisseur Davis Guggenheim zu.
Laurie David: Die Schwierigkeit lag darin, aus dem Mix aus Multimedia, Interviews mit Al Gore und dem Vortrag eine organische Struktur zu kreieren. Wir standen unter zeitlichem Druck, aber in sechs Monaten war dann alles in trockenen Tüchern. Von Anfang an ausschlaggebend war meine Sympathie für den offenen und charismatischen Al Gore. Im Gegensatz zu den meisten Politikern ist er nicht bereit, bei Verhandlungen mit Lobbyisten die Zerstörung unserer Umwelt in Kauf zu nehmen. Mit diesem Mann zusammenzuarbeiten, der fast Präsident geworden wäre, halte ich für ein Privileg. Ich beschäftige mich auch jetzt fast nur noch mit dem Thema der globalen Klima-Erwärmung. Wir brauchen Sonne, Wind und andere erneuerbare Energien. Die neuen Technologien bringen zudem neue Jobs, das sollte man nicht vergessen.
Wie haben Sie den Auftritt Gores lebendiger gestaltet?
Laurie David: Er hat den Vortrag, mit dem er schon vorher die Säle füllte, für die Dreharbeiten noch dreimal vor unterschiedlichem Publikum gehalten und aus diesem Material entstand der Film. Wir bauten eine Bühne mit einer großen Leinwand, auf der die Grafiken und Bilder publikumsgerecht zur Wirkung kamen. Dass Al Gore unermüdlich die Werbetrommel schlägt, weckt natürlich zusätzliches Interesse. Er ist witzig, leidenschaftlich und emotional, nicht in erster Linie der Politiker, sondern ein Mensch.
Glauben Sie, durch dieses Projekt eine höhere Aufmerksamkeit für Umweltfragen zu erzielen?
Lawrence Bender: Seit ich 1998 in Camp David Bill Clinton
Good Will Hunting vorführte, weiß ich, dass ein Film Türen zu unbequemen Themen öffnen kann.
Eine unbequeme Wahrheit kam genau zur richtigen Zeit. Hurrikan Katrina hat die Menschen aufgeschreckt und für die drohende Klimakatastrophe sensibilisiert. Die Leute verstehen endlich, dass es sich dabei nicht um ein singuläres Phänomen handelt, sondern die Folge unserer desaströsen Energiepolitik ist – und die betrifft uns alle. Das Bewusstsein für Umweltfragen steigt rapide, auch bei den Stars. Mit ihrem Verhalten regen sie zur Nachahmung an. Selbst im mondänen Hollywood fahren neben den Sprit schluckenden dicken Limousinen immer mehr elektrisch betriebene Mini-Autos umher.
Wie finanziert man einen so außergewöhnlichen Film?
Lawrence Bender: Das Budget lag bei einer Million Dollar, die Suche nach einem Geldgeber erwies sich als relativ einfach. Wir konnten als Partner Jeff Skolls gewinnen, der sich auch schon bei Good Night and Good Luck engagierte. Nach den Standing Ovations beim Sundance Festival kam Paramount als US-Verleih ins Boot und da wussten wir, es kann nichts mehr schief gehen. Beim Filmstart konnten wir auf Sponsoren zählen, nutzten unsere Verbindungen zu Schulen, religiösen und sozialen Organisationen, zu Umweltaktivisten. Mit einer gezielten Marketingkampagne sprechen wir ein breites Publikum und – ganz wichtig – auch Multiplikatoren an. Nach der Fernsehauswertung werden wir auch den Start der DVD mit einer großen Werbeaktion begleiten. Wir wollen die unterschiedlichsten Leute im letzten Winkel Amerikas erreichen.