Seit Monaten wird die Geliebte des europaweit gesuchten Verbrechers Alexander Pearce von Interpol überwacht. Da keine aktuellen Fotos des Flüchtigen existieren, ist sie die einzige Spur der Ermittler. Eines Tages erhält die Schönheit eine Botschaft, in der ihr Pearce aufträgt, mit dem nächsten Zug nach Venedig zu fahren, unterwegs einen ihm ähnlichen Mann aufzugabeln und so neben der Polizei auch seine Feinde aus dem Mafiamilieu auf eine falsche Fährte zu führen. Die Geliebte tut, wie ihr geheißen, entwickelt aber bald echte Gefühle für den in tödlicher Gefahr schwebenden Strohmann.
Florian Henckel von Donnersmarck greift in seinem ersten Hollywoodfilm ansatzweise erzählerische Motive aus seinem vielfach preisgekrönten Spielfilmdebüt
Das Leben der Anderen (Deutschland 2005) auf: Erneut geht es um ein Liebespaar und den Druck staatlicher Überwachung. Allerdings überwiegen – nicht immer gelungen – die zitathaften und persiflierenden Elemente. Zwei Dinge nimmt der Film aufs Korn: das Starsystem und die Konventionen des romantischen Thrillers. Von Donnersmarck spielt mit Angelina Jolies Image als Stilikone, indem er alle Augen des Films (Überwachungskameras, Statisten/innen, ihr Ko-Star Johnny Depp) auf sie richtet. Bei einer
Kamerafahrt durch eine elegante
Ballsequenz teilt sich gar das Meer der Gäste vor ihr. Die Thriller-Konventionen spiegelt er nicht zuletzt im Finale: Die Geliebte und der Strohmann sehen dem Tod ins Auge, als ausgerechnet Ex-Bond-Darsteller Timothy Dalton als Polizeichef den erlösenden Befehl gibt, sie zu retten.
Für den Unterricht bietet sich vor allem eine Analyse der Genreelemente sowie des Hollywood’schen Starsystems an. Interessant ist in dieser Hinsicht, wie Johnny Depp als "normaler" Tourist, der in die glamouröse Welt seines Ko-Stars hineingerät, inszeniert wird, und wie er und Henckel von Donnersmarck mit dieser Degradierung spielen. Das Thema ließe sich vertiefen, indem man untersucht, in welchem zeitgenössischen Kontext Schauspieler/innen wie Marylin Monroe oder Robert De Niro zu Stars wurden, und welche Rückschlüsse dies bei Jolie und Depp über die Gegenwart zulässt. Ein alternatives Thema wäre das in Literatur (Thomas Mann,
Der Tod in Venedig, 1912) und Film (
Wenn die Gondeln Trauer tragen, Nicolas Roeg, Italien, Großbritannien 1973) geprägte Bild Venedigs als morbide Schönheit.
Autor/in: Michael Kohler, 10.12.2010
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