Kinostart: 29.08.2024 Verleih:Majestic Filmverleih Regie und Drehbuch: Torsten Körner Darsteller/innen: Mitwirkende: Marina Grasse, Katja Lange-Müller, Ulrike Poppe, Katrin Sass, Tina Powileit u.a. Kamera: Anne Misselwitz Laufzeit: 104 min, Deutsche Originalfassung Format: digital, Farbe, Schwarz-Weiß FSK: ab 6 J. Altersempfehlung: ab 16 J. Klassenstufen:ab 11. Klasse Themen:Frauen, DDR, Individuum (und Gesellschaft), Alltag, Arbeit Unterrichtsfächer:Geschichte, Politik, Deutsch
Am 27. September 1950 beschloss die Volkskammer in der DDR das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz. Damit sollte es Frauen ermöglicht werden, uneingeschränkt am Arbeitsleben teilzunehmen. Der spätere Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht nannte die Gleichberechtigung "eine der größten Errungenschaften". Wie sich diese im Alltag niederschlug, reflektieren im Laufe des Dokumentarfilms 15 Frauen, die in der DDR lebten und arbeiteten. Die Schauspielerin Katrin Sass erörtert beispielsweise, dass die Emanzipation keinesfalls mit Selbstbestimmung gleichgesetzt werden durfte. So wurde von Frauen erwartet, dass sie arbeiten gingen: "Hausfrau war auch etwas ganz Negatives." Die Historikerin Annette Leo erzählt, wie sie das Rollenverhalten umdrehte und einen Abteilungsleiter für die Wahl seiner Kleidung und seine Figur lobte. Deutlich beklemmender: Musikerin Tina Powileit erlebte mehrfach häusliche Gewalt, da ihr damaliger Freund es nicht ertragen konnte, dass sie im Beruf erfolgreicher war als er.
Während Torsten Körner (Drehbuch und Regie) im ersten Teil Die Unbeugsamen (DE 2020) Politikerinnen der Bundesrepublik porträtierte, wirkt das berufliche Feld in der Fortsetzung heterogener: Zu Wort kommen etwa Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen ebenso wie Frauen ohne akademischen Hintergrund. So entsteht ein facettenreiches Bild der Umsetzung des gesetzlich verankerten Anspruchs auf Gleichberechtigung in der DDR. Den Gesprächen stellt Körner Archivmaterial (Glossar: Found Footage) gegenüber. So berichtet Katrin Seyfarth bereits 1986 im Dokumentarfilm Katrins Hütte (Joachim Tschirner, DE 1991) Eindrücke aus ihrem Arbeitsalltag als Metallurgin und erläutert die Schwierigkeiten, sich in einem vermeintlichen Männerberuf durchzusetzen. Die Interview-Passagen (Glossarbegriff: Talking Heads) werden mit Einstellungen von Monumenten und Zitaten von DDR-Politikern montiert. Die Köpfe von Karl Marx, Friedrich Engels oder Ernst Thälmann sowie die Sätze von Walter Ulbricht und Erich Honecker auf der Tonspur verdeutlichen, wie männlich der Machtapparat und die Politik geprägt waren.
Die Diskussion darüber, inwieweit die gesetzlich angestrebte Gleichberechtigung tatsächlich umgesetzt wurde, stellt einen der ersten Anknüpfungspunkte im Unterricht dar. Die Eindrücke können mit dem Artikel über den kurz vor der Wiedervereinigung veröffentlichten Frauenreport '90 verglichen werden, der von der einzigen DDR-Gleichstellungsbeauftragten Marina Grasse herausgegeben wurde. Ein Vergleich zur beruflichen Situation in der Bundesrepublik bis 1989 sollte durch eine Rechercheaufgabe vorgenommen und um den Aspekt der beruflichen Veränderungen der ehemaligen DDR-Bürgerinnen nach der Wiedervereinigung erweitert werden. Ein Vergleich mit Maxie Wanders Porträtband Guten Morgen, Du Schöne (1977) bietet sich zur Vertiefung an. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede weisen die Erfahrungen der 19 Interviewpartnerinnen zu den Frauen im Film auf? Die Schüler/-innen können ein eigenes Rechercheprojekt starten und junge Frauen nach ihrer Perspektive auf die Gleichberechtigung heutzutage fragen und die Beständigkeit bestimmter Aspekte bis heute (Vereinbarkeit Familie und Beruf, Verteilung Care Arbeit, Abtreibungsrecht) herauszuarbeiten.
Arbeitsblatt zu Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen!
Fächer: Geschichte, Politik, Deutsch ab 16 Jahren, ab Oberstufe
Vor dem Filmbesuch:
a) Diskutieren Sie, welche Aspekte Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen beinhalten. Gehen Sie auch darauf ein, wo hierzulande die rechtliche Grundlage verankert ist.
b) Was wissen Sie bereits über das Thema Gleichberechtigung und Gleichstellung in der DDR? Halten Sie Aspekte an der Tafel/dem Smartboard fest.
c) Lesen Sie sich den Überblickstext der Bundesregierung durch und strukturieren Sie anschließend das Tafelbild, indem wichtige Daten hinsichtlich der Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen in der Bunderepublik und in der DDR gegenüberstellen.
d) Sehen Sie sich den Trailer zu Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen! an. Fassen Sie zusammen, welches Bild der Gleichberechtigung und Gleichstellung in der DDR vermittelt wird. Formulieren Sie eine prägnante Arbeitshypothese.
Während der Filmsichtung:
e) Achten Sie darauf, inwieweit sich Ihre These während des Films halten lässt. Fokussieren Sie ebenso, mit welchen Materialien (selbstgefilmtes Material, Fotos, Szenen aus Spiel- und Dokumentarfilmen, Audio-Zitaten etc.) arbeitet Regisseur Torsten Körner?
Nach der Filmsichtung:
f) Tauschen Sie sich im Plenum darüber aus, was Sie überrascht und/oder berührt hat.
g) Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse des Arbeitsschritts e).
h) Suchen Sie sich ein Thema zur Vertiefung aus und bilden mit Mitschüler/-innen eine Gruppe. Präsentieren Sie im Anschluss Ihre Ergebnisse.
Gruppe 1:
Wählen Sie aus den 15 in Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, ihr Schönen! Mitwirkenden Frauen aus, deren Biografien Sie in Form einer Präsentation vorstellen. Beachten Sie, dass die Materiallage variiert.
Annemirl Bauer, Malerin
Kerstin Bienert, Zahnarzthelferin
Anke Feuchtenberger, Comiczeichnerin
Marina Grasse, Verhaltensbiologin und ehemalige Gleichstellungsbeauftragte der DDR
Brunhilde Hanke, ehemalige Oberbürgermeisterin von Potsdam
Katja Lange-Müller, Autorin
Annette Leo, Historikerin und Journalistin
Solveig Leo, Landwirtin
Barbara Mädler, Regie-Assistentin
Ulrike Poppe, Friedensaktivistin
Tina Powileit, Musikerin
Katrin Sass, Schauspielerin
Katrin Seyfarth, Metallurgin
Gabriele Stötzer, bildende Künstlerin
Doris Ziegler, Malerin
Gruppe 2: Berufstätigkeit von Frauen – Vergleich DDR, Bundesrepublik und heute
Vertiefen Sie die Ergebnisse aus dem Arbeitsschritt c). Für die Vorbereitung Ihrer Präsentation nutzen Sie folgende Quellen als Ausgangspunkt Ihrer Recherche:
Überlegen Sie sich, was Sie Frauen fragen können, um etwas über ihre Perspektive auf die Gleichstellung zu erfahren. Gehen Sie auf im Film angesprochene Aspekte ein, beispielsweise Berufstätigkeit, Organisation von Haushalt und Kinderbetreuung sowie die Besetzung von Führungspositionen. Erweitern Sie Ihren Fragenkatalog um für Sie relevante weitere Themen. Finden Sie Gesprächspartnerinnen unterschiedlichen Alters und bitten Sie diese um die Einwilligung, das Gespräch filmen zu dürfen. Schneiden Sie anschließend das Material, sodass ein dokumentarischer Kurzfilm von wenigen Minuten Länge entsteht.